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Adeliger Konservatismus 1800-1850

Ein Blick auf das Vereinswesen und seine adeligen Mitglieder und Förderer

Weitgehend unbekannt sind bis heute die einzelnen Mitglieder der konservativen Vereine, die in reicher Zahl, oft sehr klein und unbedeutend, oft mächtig wirkend, als Reaktion auf die liberalen und demokratischen verfassungsfördernden politischen Bewegungen des Vormärz entstanden waren.

In einer ersten Phase der Vereinsbewegung fällt die Zeit der Stein-Hardenbergischen Reformen ab 1807 ins Auge. Sie bildeten den ersten Anlaßpunkt zur Bildung von Korporationen, die freilich weder Vereins- noch Parteicharakter im modernen Sinne besaßen, aber schon Gleichgesinnte zusammenführten, um ihre Ziele gemeinschaftlich zu verwirklichen. Hierzu zählte die Christlich-Deutsche Tischgesellschaft und - mit Abstrichen - auch der Sittlich-Wissenschaftliche Verein, der allerdings mehr dem frühliberalkonservativen Spektrum zuzuorden ist.

Erst die zweite Phase der politischen Auseinandersetzung, die mit der Revolution vom März 1848 einsetzte, hatte einen Gründungsschwall von Vereinen bewirkt. Denn die Konservativen hatten erkannt, daß sie die Revolution nur dann wirkungsvoll bekämpfen konnten, wenn sie aus dem Schatten der Indivudualität heraustraten und sich eine Massenbasis und eine Korporation schufen, zu deren Gründung Hermann Wagener, der konservative Publizist der Kreuzzeitung, schon in der 1.Beilage der Kreuzzeitung vom 2.September 1848 vehement aufgerufen hatte. 1848 mobilisierten sie plötzlich 30.000 Mitglieder, in der ersten Jahreshälfte 1849 waren es gar bereits 49.000 konservative Personen. (Dieckwiesch S.40). Zu den Vereinen, in denen diese Mitglieder zusammengefaßt wurden, und die hauptsächlich in den agrarisch geprägten preußischen hochburgen in Brandenburg und Pommern entstanden, gehörten:

  • Verein für christliche Ordnung und Freiheit, überregional, einer der ersten konservativen Korporationen, im März 1848 gegründet von Victor Aimé Huber (ebd. S.40).

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  • Verein für König und Vaterland, überregional, geleitet von einem geheimen Komitee der Kreuzzeitgungsführer im Juli 1848 (ebd. S.40, 41, 43).

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  • Verein zur Wahrung der Rechte und Interessen der Provinzen, überregional geplant, auf die Initiative von Hermann Wagener ins Leben gerufen, beschränlkte sich auf einige Berliner Aktivisten, fiel jedoch durch rege Flugblattherausgabe auf (ebd. S.40).

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  • Konstitutionelle Vereine und Klubs, regional aktiv, meist ohne größere Erfolge geblieben, aber oft doch mit Keimzellencharakter für spätere konservative Parteigründungen (ebd. S.41). Diese oft sich auch "Clubbs" nennenden Vereinigungen waren ursprünglich eine liberale Erfindung, in ihr sammelten sich die "Clubbisten" zur Debatte und Diskussion. Ein Beispiel hierfür ist der Konstitutionelle Klub zu Stolp 1848-1850.

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  • Patriotischer Verein für constitutionelles Königtum, überregional, entstanden aus dem rechten Flügel des Berliner Konstitutionellen Vereins. Es erschien ein wöchentliches Vereinsblatt (ebd. S.41)

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  • Preußenvereine für constitutionelles Königtum, entstanden aufgrund der Bestrebungen zur Bildung eines deutschen Nationalstaates ab Mai 1848, entwickelte über den ostelbischen Adel hinaus auch Interesse beim Bildungsbürgertum (ebd. S.41)

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  • Preußenverein, wurde ab August 1848 unter einem Zentralkomitee zusammen mit dem Verein für König und Vaterland geleitet (ebd. S.46)

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  • Treubund für König und Vaterland, zu Jahresanfang 1849 begründet.
  • Verein zum Schutz des Eigentums und zur Förderung des Wohlstandes aller Volksklassen, gegründet am 18./19.August 1848 als materieller Interessenverein der Rittergutsbesitzer aufgrund der Ankündigung der Regierung zu liberalen Agrarreforen, die eine Aufhebung der Grundsteuerfreiheit der Rittergüter beinhalten sollten. Der Verein wurde wegen seiner überwiegenden Mehrheit an Adeligen auch "Junkerparlament" genannt, gleitet von v.Bülow-Cummerow (ebd. S.44).
Öffentlichkeitswirksame Maßnahmen der Vereine (und damit potentielle Quellen zur Erforschung der Personalien der Vereine) waren Petitionen an den König oder an die Parlamente ("Adressensturm" für die Einführung des Dreiklassenwahlrechts vor Ende Mai 1849), Flugblätter, Flugschriften und Zeitungen.

Quellen und Literatur:
Heike Dieckwisch: Preußischer Konservatismus zwischen Reform und Reichsgründung 1800-1876 (Kurs 4143 der FernUniversität Hagen, Hagen 1999, S.40-43 --- H. Fischer: Der Treubund für König und Vaterland, in: Jahrbuch für Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands, Jg.XXIV (1975), S.60-126 --- W. Schwentker: Konservative Vereine und Revolution in Preußen 1848/49. Die Konstituierung des Konservatismus als Partei, Düsseldorf 1988


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