Nobilität im Sittlich-Wissenschaftlichen Verein 1808-1809
Mitglieder und Ziele des Tugendbundes
Mitglieder in Vereinen lassen stets interessante Einblicke zu in
die Struktur der geistigen Strömungen einer Zeit und in die Motivationen
der Vereinspersonen. Besonders interessant ist es, Vereinsmitglieder in
Gemeinschaften zu finden, bei denen man aufgrund der Zielrichtung nicht
zwangsläufig von einer Mitgliedschaft ausgehen konnte. Bei länger
zurückliegenden Zeiträumen lassen sich durch solche Mitgliedschaftsfeststellungen
zudem vorsichtige Schlüsse ziehen über die weltanschauliche Einstellung
längst verstorbener Personen. So ist der folgende Beitrag sowohl aufschlußreich
für die bisher noch nicht untersuchte adelige Mitgliederstruktur des
später sogenannten "Tugendbundes", der zu Anfang des 19.Jahrhunderts
in Mittel- und Ostdeutschland auftrat, als auch zur Interpretation adeliger
Lebenswege und Beiträge zur Familiengeschichte der einzelnen Geschlechter.
I. Kurze Vereinsgeschichte 1808-1809
Der "Sittlich-Wissenschaftliche Verein", später kurz "Tugendbund"
genannt, war ein kleiner vom Mitgliederumfang und von der kurzen Zeit des
Bestehens her eher unbedeutender Verein, von dem allerdings einige wichtige
Impulse ausgingen und der darum in geistesgeschichtlicher Hinsicht eine
hohe Bedeutung besaß. Zuerst sei daher etwas zur Organisation und
zu den Zielen des Verbandes mitgeteilt, der unter verschiedenen Namen auftrat.
Der zeitgenössiche Begriff lautete während des ganzen - freilich
recht kurzen - Bestehens der Korporation "Sittlich-Wissenschaftlicher Verein",
gelegentlich auch "Verein für sittlich-wissenschaftliche Zwecke",
seltener in Eigenbezeichungen "Frey-Verein", "Verein zur Übung öffentlicher
Tugenden", oder "Tugendverein"; erst später hat sich für ihn
der bekanntere Name "Tugendbund" durchgesetzt. Unter dieser Bezeichnung
ist er auch bis heute bekannt und definiert.
Begründet wurde der reine Männerbund im Frühjahr,
genauer gesagt im April, des Jahres 1808 in der ostpreußischen Hauptstadt
Königsberg (RegBez. Königsberg i.Pr.). Gründer wurden rund
20 patriotische Herren, von denen nicht wenige auch Freimaurer gewesen
sein sollen. Diese Herkunft schlug sich auch in der Organisationsform des
Vereins nieder. Von unten herauf war der Verein hierarchisch aufgebaut,
seine Grundsubstanz bildete als niedrigste Stufe vor Ort die sogenannte
"Kammer", die alle Mitglieder umfaßte, die an einem bestimmten Wohnort
lebten oder sich dort eintragen ließen (entsprach einer Ortsgruppe).
Nach der Gründung der ersten Kammer, der Königsberger Kammer,
die als Keimzelle des Vereins angesprochen werden kann, breitete sich der
Verein, von der ostpreußischen Hauptstadt ausgehend, rasch über
andere Städte in Ostpreußen aus, dann auch über Schlesien,
Pommern und Brandenburg.
Kammergründungen auf dem flachen Land indes kamen nicht zustande.
Im Jahre 1809 gab es nach den erhalten gebliebenen Mitgliederlisten des
Vereins nachweislich 23 Kammern, davon lagen 22 % oder fünf in Ostpreußen,
43 % oder zehn in Schlesien, 22 % oder fünf in Hinterpommern sowie
13 % oder drei in Brandenburg. Obgleich das Zentrum nach Anzahl der Kammern
in Schlesien lag, so gab es die meisten Mitglieder doch in Ostpreußen,
das als das eigentliche Zentrum des Vereins betrachtet werden kann.
Auffallend ist, daß sich der Verein mit neuen Kammern fast
ausschließlich in Kreisstädten festsetzte, ausgenommen die großen
Residenzstädte Berlin, Königsberg und Breslau. Zudem besaßen
ausgerechnet diese Orte fast sämtlich eine dramatische Verkettung
mit dem Krieg gegen Napoleon, waren sie doch früher oder später
von ihm oder seinen verbündeten Truppen erobert oder zumindest hart
bedrängt und belagert worden und fand sich doch gerade in ihnen aufgrund
der Unmittelbarkeit der Kriegserlebnisse mit fortschreitender Besatzung
ein besonders starker Wille gegen Napoleon zusammen. Auf dem flachen Lande
hingegen, wo die Besatzung nicht so massiv auftrat, gab es keine Kammern
des Vereins.
Bemerkenswert
war außerdem, daß nahezu alle der genannten Städte auch
Truppen beherbergten, d.h. Offiziere vorhanden waren, die - wir wir sehen
werden - ein nicht unerhebliches Potential zu den Mitglieder stellen sollten.
Betrachten wir aber zunächst die Städte in ihren spezifischen
Voraussetzungen. Dabei soll der Versuch unternommen werden, zu ergründen,
weshalb es jeweils ausgerechnet dort zur Errichtung einer Kammer gekommen
ist.
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In der ostpreußischen Hauptstadt Königsberg (RegBez.
Königsberg i.Pr.), beiderseits des schiffbaren Pregels gelegen. Die
Stadt hatte sehr unter der Bedrückung durch die Franzosen zu leiden,
da sie nach der Schlacht bei Friedland vom 14.Juni 1807 in deren Hände
gefallen war. Seither erlahmten Wirtschaft und Handel wegen einer verlangten
Kontribution von rund 1,7 Millionen Talern. Hier gründete sich die
erste und später so genannte Hauptkammer, die während des Bestehens
des Vereins Keimzelle und die Kammer mit den meisten Mitgliedern blieb.
Hier saß auch die Gesamtleitung des Vereins.
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In der ostpreußischen Kreisstadt Braunsberg an der Passarge
(RegBez. Königsberg), rund 60 km südwestlich von Königsberg
entfernt. Hier wurde die chronolgisch betrachtet zweite Kammer nach Königsberg
begründet, die erste Filiale der Hauptkammer. Mitentscheidend für
eine Gründung dürfte gewesen sein, daß der preußische
Gedanke hier auf fruchtbaren Boden fiel, war die Stadt doch erst 1772 bei
der ersten Teilung Polens an Preußen gelangt und 1807, also noch
in unmittelbarem Erlebnis der Einwohner stehend, die mit Napoleon verbündeten
russsichen Truppen durch Bernadotte nach Heiligenbeil zurückgeworfen
worden.
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In der ostpreußischen Stadt Stallupönen (RegBez.
Gumbinnen), elf km von der russsichen Grenze entfernt zwischen den Flüssen
Niemen und Pregel belegen. Geprägt war sie durch die hier im 18.Jahrhundert
angesiedelten Salzburger. Stallupönen hatte sehr unter der napoleonischen
Bedrückung zu leiden und es war im Jahre 1812 die letzte Stadt, die
von seinen Truppen geräumt wurde. Hier wurde die Kammer zu einer Art
geheimer Untergrundbewegung unter den Augen der Besatzer.
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In der ostpreußischen Kreisstadt Fischhausen (RegBez.
Königsberg i.Pr.), 30 km westlich von Königsberg auf der Abdachung
gegen das Frische Haff belegen. Die alte Residenz der samländischen
Bischöfe war eine Stadt, die ihren Namen häufig geändert
hatte und früher auch Schonewik (=schöne Bucht) oder Bischoweshusen
und Vischhusen hieß.
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In der ostpreußischen Stadt Hohenstein (RegBez. Königsberg),
einer Siedlung am Sassen unweit des Mispelsees.
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In der ostpreußischen, in Deutschland am nördlichsten gelegenen
Kreisstadt Memel (RegBez. Königsberg i.Pr.) die landschaftlich
von dem Eingang des Kurischen Haffs und der Mündung der Dange eingerahmt
wurde. Sie stand in besonderer Beziehung zum Befreiungskampf gegen Napoleon,
da hier im Juni 1802 König Friedrich Wilhelm III. und Königin
Luise eintrafen, um Zar Alexander von Rußland zu treffen. Von Januar
1807 bis Juni 1808 befand die sich königliche Familie mit ihrem Hof
in Memel, wohin sie bei der vernichtenden Schlacht von Jena und Auerstädt
geflüchtet war. Auch wurde hier im Januar 1807 ein Friedensvertrag
zwischen Preußen und England geschlossen, wobei Preußen auf
Hannover verzichtete.
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In der Stadt Dramburg (angeblich Neumark). Näheres war
nicht zu ermitteln.
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In der hinterpommerschen Kreisstadt Stargard (RegBez. Stettin),
an der schiffbaren Ihna und am Nordausläufer des Weizackers gelegen,
einer alte Garnisonstadt und zugleich nach Abschluß des Dreißigjährigen
Krieges von 1648 bis 1720 die Hauptstadt des brandenburgisch gewordenen
Hinterpommern. Stargard war Ende Februar 1807 Angriffspunkt des Majors
v.Schill gegen die Franzosen, den er nur mit großen Verlusten durchführen
konnte.
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In der hinterpommerschen Kreisstadt Kolberg (RegBez. Köslin),
an der Mündung der Persante in die Ostsee gelegen. Auch die alte kassubische
Hauptstadt war unter Napoleon besonders in Mitleidenschaft gezogen worden.
Durch den Einsatz des Majors v.Schill (Mitglied des Sittlich-Wissenschaftlichen
Vereins!), von v.Gneisenau und des Bürgers Nettelbeck gelang es dem
greisen Stadtkomandanten Loucadou, die Festung Kolberg gegen die Franzosen
zu halten, bis der Tilsiter Frieden vom 2.Juni 1807 die Belagerung beendete.
Aus den kriegerischen Handlungen ging Kolberg in vielen Teilen als zerstörte
Stadt hervor. Man war mitten im Aufbau, als kurz nach dem Erleben dieser
"siegreichen Niederlage" auch hier eine Kammer des Vereins ins Leben gerufen
wurde. Mitglied im Verein wurde unter anderen der bei den Verteidigungstruppen
stehende Capitän v.Oertzen (siehe nachfolgende Personalmatrikel).
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In der hinterpommerschen, rund 50 km nordöstlich von Stettin gelegenen
Kreisstadt Naugard (RegBez. Stettin), einer von den Grafen v.Eberstein,
die hier lange Lehnsnehmer waren, geprägte Ansiedlung.
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In der hinterpommerschen Kreisstadt Stolp (RegBez. Köslin),
die an der Stolpe und am Nordrand des Baltischen Höhenrückens
lag und vom 14. bis 16.Jahrhundert Residenzstadt des selbständigen
pommerschen Herzogshauses war. Enorm hatten Kreis und Stadt im Siebenjährigen
Krieg gelitten.
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In der hinterpommerschen Hauptstadt Stettin (RegBez. Stettin),
gelegen am Stettiner Haff und an der Oder. Sie war im Oktober 1806 ebenfalls
von den Franzosen unter General Lasalle belagert worden. Unter dem Eindruck
der niederschmetternden Niederlage der preußischen Armee entschied
man sich in Stettin, die von den Franzosen geforderte Kapitulation ohne
Kampfhandlung einzurümen, Stettin erhielt nun französische Besatzung.
Auch der Tilsiter Frieden vom 9.Juli 1807 brachte für die Stadt keine
Erleichterung, blieb sie doch Besatzungsort mit 6.000 Franzosen. Viele
Truppen kamen jetzt aus dem Osten zurück und hielten sich an den Bewohnern
schadlos. Die von Napoleon 1806 verhängte Handelssperre trafen Handel
und Wirtschaft der Stadt schwer. Im November 1808 wurde die preußische
Städteordnung, in der Ideentradition des Freiherren vom und zum Stein
stehend, in Stettin wirksam. Unter diesen Eindrücken - der immer noch
andauernden Besatzung einerseits und dem Aufbruch in die Selbstverwaltung
andererseits - kam es in Stettin um 1808/09 zur Gründung einer Kammer
des Sittlich-Wissenschaftlichen Vereins.
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In der brandenburgischen Kreisstadt Frankfurt an der Oder (RegBez.
Frankfurt a.O.), die durch die Oder in ihre beiden Bestandteile geteilt
wurde. So war die Oderbrücke schon immer ein wichtiges Verbindungsmittel
zwischen beiden Stadtteilen. Im Siebenjährigen Krieg hatte Frankfurt
besonders an der nahebei abgehaltenen Schlacht von Kunersdorf im Jahre1759
gelitten, in der napoleonischen Zeit folgte vielfache Bedrückung durch
Einquartierung und Truppendurchmärsche; Ende Februar 1813 wurde von
den Franzosen die wichtige Oderbrücke verbrannt.
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In der preußischen Hauptstadt Berlin (RegBez. Berlin).
Nachdem die alte Kurfürstl. Brandenburgische und Kgl. Preußische
Residenzstadt unter der russischen Besetzung von 1760 sehr zu leiden
hatte, stieg ihre Bedeutung in den folgenden Jahrzehnten an, Wirtschaft
und Handel vermehrten sich durch die Politik Friedrichs des Großen,
die Einwohnerzahl betrug im Jahre 1800 bereits 172.000 Menschen. Von Oktober
bis Dezember 1808 stand Berlin unter französischer Besatzung; der
Hof König Friedrich Wilhelm III. hatte die Stadt verlassen und kehrte
erst im Dezember desselben Jahres zurück. Die von Napoleon organisierte
Gemeindeverfassung nach französischem Vorbild fand später in
der preußischen Städeteordnung auch auf Berlin Anwendung, 1809
erfolgte die Gründung der Universität.
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In der schlesischen, gut 40 km südöstlich von Breslau entfernt
belegenen Kreisstadt Brieg, am linken Oderufer. ehemals Residenz
der Herzöge von Brieg-Liegnitz, wurde sie schon früh zur Festung
ausgebaut. Von 1675 bis 1741 war Brieg österreichisch, wurde aber
im Ersten Schlesischen Krieg im letztgenannten Jahr nach schwerer Belagerung
durch die Truppen Friedrich des Großen preußisch. Als Napoleon
sich anschickte, Preußen zu erobern, nahmen seine Soldaten 1806/07
die Stadt und zerstörten die Festungswerke. Aus ihnen entstanden später
zwar Promenaden und Gartenanlagen, aber für den Moment war diese Schleifung
eine Demütigung der Stadt.
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In der schlesischen Kreisstadt und Festung Neisse (RegBez. Oppeln),
an der gleichnamigen Glatzer Neisse und rund 70 km südöstlich
von Breslau gelegen. Bis 1810 unterstand sie dem Bistum Breslau. Am 16.Juni
1807 mußte die Festung nach schwerer Belagerung durch die Franzosen
Napoleon übergegen werden. In der 1809 errichteten Gewehrfabrik der
alten Garnisonstadt wurden die Gewehre für den Befreiungskampf gegen
Napoleon hergestellt.
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In der schlesischen Haupt- und Residenzstadt Breslau (RegBez.
Breslau), die seit 1742 preußisch war. Nach einer kurzen Belagerung
von Dezember 1806 bis Januar 1807 durch Napoleons Bruder Prinz Jérome
und General Vandamme war die Stadt in den Jahren 1807 bis 1808 durch Truppen
des napoleonischen Rheinbundes besetzt, die Befestigungsanlagen wurden
von ihnen geschleift und in Promenaden verwandelt. Breslau war Garnison
des ältesten europäischen Reiter-Regiments, des Leib-Kürassier-Regiments
Nr.1 Großer Kurfürst. Die Stadt wurde im Jahre 1813 der Mittelpunkt
der Erhebung gegen Napoleon, von hier aus erließ König Friedrich
Wilhelm III. Mitte März diesen Jahres den bekannten Aufruf "An mein
Volk!", hier erfolgte die Stiftung des Eisernen Kreuzes.
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In der schlesischen Kreisstadt Liegnitz (RegBez. Liegnitz) rund
60 km nordwestlich von Breslau gelegen. Auch sie war seit 1742 und den
Schlesischen Kriegen preußisch. 1808 erhielt sie eine Ritterakedemie
zur Vorbereitung des Adels auf den Offiziersberuf.
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In der schlesischen Kreisstadt Hirschberg (RegBez. Liegnitz)
im Riesengebirge, an der Einmündung des Zacken in den Bober und rund
50 km südwestlich von Liegnitz gelegen. Hirschberg hatte in den schlesischen
Kriegen besonders gelitten. Die bekannte Hirschberger Schleierweberei wurde
in den napoleonischen Kriegen fast ganz vernichtet.
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In der schlesischen Kreisstadt Glatz (RegBez. Breslau), gelegen
am Mittelpunkt des Glatzer Bergkessels, zugleich der älteste in Schlesien
geschichtlich erwähnte Ort an der Glatzer Neisse. Die alte Festungs-
und Garnisonstadt, 80 km südwestliche von Breslau belegen, wurde nach
demn schlesischen Kriegen im Jahre 1742 an die Preußen übergeben.
1807 belagtern die mit Napoleon verbündeten badischen und württembergischen
Truppen des Rheinbundes die Festung, doch konnte der Festungs-Kommandant
Graf v.Götzen ein Eindringen bis zum Tilsiter Frieden von Anfang Juli
1807 erfolgreich verhindern.
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In der schlesischen Kreisstadt Landeshut (RegBez. Liegnitz)
am Bober, rund 50 km südwestlich von Liegnitz gelegen. Bekannt wurde
Landehut durch die Schlachten und Gefechte von 1760, bei denen Fouqué
durch Laudon geschlagen wurde.
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In der schlesischen Stadt Schmiedeberg (RegBez. Liegnitz) im
Riesengebirge am Fuß der Schneekoppe, 1747 durch Friedrich den Großen
zur Bergstadt erklärt. Sie wurde erst 1810 durch einen Wolkenbruch,
nicht aber durch kriegerische Auseinandersetzungen schwer geschädigt.
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In der niederschlesischen Kreisstadt Glogau (RegBez. Liegnitz),
an einer günstigen Furt durch die Oder gelegen und stolze Hauptstadt
des alten Fürstentums Glogau im 13.Jahrhundert. Erst 1742 wurde sie
preußisch,; nach der Schlacht von Jena wurde sie jedoch, auch hier
unter dem Eindruck der preußischen Niederlage, nach nur geringem
Widerstand am 3.Dezember 1806 an den französischen Befehlshaber Vandamme
übergeben. Glogaus Franzosenzeit dauerte mit Besatzung bis Mitte April
1814, als die Stadt wieder an Preußen zurückfiel.
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In der oberschlesischen Kreissatdt Tarnowitz (RegBez. Oppeln),
die rund 50 km südöstlich von Oppeln lag und 1697 zur Standesherrschaft
Tarnowitz-Beuthen erhoben worden war. Dominiert wurde sie von den Grafen
Henckel v.Donnersmarck; wovon ein Familienvertreter als Standesherr von
Beuthen auch Mitglied des Sittlich-Wissenschaftlichen Vereins wurde.
Soweit zu den örtlichen Voraussetzungen und möglichen Motivationen
Ortsansässiger der Kammergründungen. Wenden wir uns nun den Mitgliedern
zu. Theoretisch betrug die durchschnittliche Mitgliederzahl in jeder Kammer
bei einer angenommenen Mitgliederzahl von rund 620 Männern etwa 26
Personen, in der Praxis aber schwankten die Zahlen sehr stark zwischen
50 und eins; jedenfalls zur Zeit der nicht datierten Aufstellung der Mitglieder.
In den einzelnen Kammern wurden, sofern sich genügend Mitglieder
zusammenfanden, eine Grundorganisation mit einem Vorsitzenden geschaffen,
der den verschiedenen sogenannten "Abteilungen" gemeinschaftlich vorstand.
In den Abteilungen wurden bei den Treffen der Mitglieder in der Regel bestimmte
Themen erörtert und bei dem Beitritt eines Mitgliedes mußte
dies das Thema bzw. die Abteilung benennen, in der es aktiv mitarbeiten
wollte. Insofern kann der Tugendbund nicht als literarisch-philosophisch
orientierter Debattierclub gelten, aber er war Ideenschmiede für die
Anwendung bestimmter philosophischer Grundsätze in der Praxis. Die
meisten Beteiligten am Verein zogen eine Tätigkeit in den Abteilungen
"Volksbildung" vor, entsprachen also weitestgehend dem aufklärerischen
Gedankengut.
Zusammengefaßt wude die Kammern einer Provinz in den Provinzialräten,
von denen vermutlich je eine für Schlesien, Pommern, Brandenburg und
Ostpreußen bestand. Die Kammer zu Königsberg spielte dabei die
wichtigste Rolle, sie wurde - wie erwähnt - auch die 1.Kammer genannt
und die Führer derselben waren in Personalunion eng verflochten mit
dem Provinzialrat für Ostpreußen. Dieser Provinzialrat wurde
kollektiv geleitet von mehreren Räten, darunterstehend gab es einen
ein Censor, dann mehrere Räte der Hauptkammer zu Königsberg,
Stellvertreter derselben, einen Direktor des Militärinstituts, einen
Sekretär und einen Schatzmeister des Provinzialrats, einen Schatzmeister
der Hauptkammer Königsberg und einen Controlleur des Schatzmeisters.
Im Juni 1808 wurde die Verfassung des Vereins von König Friedrich
Wilhelm II. genehmigt, infolge öffentlichen Drucks löste derselbe
Monarch den Verein aber am Silverstertag 1809 wieder auf, weil er befürchtete,
die Gemeinschaft sei ein Zirkel zur überschnellen und undiplomatischen
Vorbereitung der Erhebung gegen Napoleon.
II. Vereinsziele
In der Tat eng verbunden mit Gründung und Auflösung des
Vereins waren seine wesentlichen Ziele, die in der bereits genannten Verfassung
vom Juli 1808 schriftlich niedergelegt worden waren. Sie sind nicht getrennt
zu sehen von den geschichtlichen Ereignissen der napoleonischen Ära
in Preußen zu Anfang des 19.Jahrhunderts. Napoleon war dabei, nachdem
er viele süd- und westdeutsche Staaten zur Rheinbundbildung gezwungen
hatte, Preußen anzugreifen und es in die Knie zu zwingen, um die
restlose Vorherrschaft über Europa zu erringen.
Im Französisch-Preußisch-Russischen Krieg von 1806-1807,
in der Napoleon die Preußen vernichtend schlug, waren es vor allem
zwei Ereignisse, die dafür sorgten, daß sich Preußen fast
vor seinem staatsrechtlichen Ende sah: die verlorene Doppelschlacht bei
Jena und Auerstädt am 14.Oktober 1806 und der folgende Tilsiter Frieden
vom Juli 1807. Hier verlor Preußen trotz des berühmten Bittganges
der Königin Luise zu Napoleon alle westelbischen Gebiete, aus denen
das Königreich Westfalen gebildet wurde, und alle Neuerwerbungen aus
den polnischen Teilungen.
Der zutieft militärisch und dadurch auch moralisch niederliegende
preußische Staat war jetzt zu umfangreichen Reformen bereit und zog
Denker und Staatsmänner an, die von der Französischen Revolution
beeinflußt waren. Zu ihnen zählten der Freiherr vom und zum
Stein, die Generale v.Gneisenau und v.Scharnhorst, Hermann v.Boyen sowie
der später gefürstete Graf Hardenberg.
Mit ähnlichen Motiven waren auch die Mitglieder des Sittlich-Wissenschaftlichen
Vereins angetreten, "um gemeinsam zur Beruhigung und Ermuthigung der vom
allgemeinen Unglück gebeugten Gemüther beizutragen, und Liebe
und Vertrauen zum Vaterlande und königl. Hause zu erhalten und zu
mehren; ferner um Mittel gegen das Unglück des Staats aufzufinden
und dieselben ausführen zu helfen, um eine verbesserte Einrichtung
des Heers zu vermitteln, für Verbesserung der Erziehung zu sorgen,
einzelne Nothleidende zu unterstützen, der Policey hülfreich
an die Hand zu gehen und mittels der Presse denen entgegen zu arbeiten,
welche Unfrieden ausstreuten".
Das Letztgenannte wurde bewerkstelligt durch die schon in ihrem
volksnahen Namen programmatisch wirkende und in den Jahren 1808 bis 1809
erschienene Vereins-Zeitschrift "Der Volksfreund", in der sich u.a. die
dem Verein nahestehenden Männer der preußischen Reformbewegung
zu Wort meldeten, wie beispielsweise Graf August Neidhardt v.Gneisenau.
Zugleich muß festgestellt werden, daß außer dem Heeresreformer
Hermann v.Boyen keiner der großen Militärs oder Politker in
den Reihen des Vereins befand, wenngleich ihm beispielsweise Scharnhorst
deutlich positiv gegenüber stand. Immerhin bestand aber auch über
ein Vereinsmitglied, dem Offizier Friedrich v.Eisenhart, direkter Kontakt
zu General v.Blücher, desen Adjutant v.Eisenhart war. Blücher
selbst war Freimaurer und dürfte allein daher den Zielen des Vereins
ebenfalls nicht ablehnend gegenüber gestanden haben.
Wie aber wirkte sich die programmatische Absicht der Mitglieder
auf das praktische tägliche Leben aus? Was bedeutete es, einen tugendhaften
Lebenswandel zu führen, die oben genannten Ziele vor Ort umzusetzen?
Konkret hieß das, an der Heeresreform mitzuarbeiten, literarisch
und wirklich die Reformen des Freiherrn vom und zum Stein und seiner Gruppe
zu unterstützen, Gleichheit, Gemeinsinn und erwachsendes Nationalbewußtsein
bei grundsätzlicher und selbstverständlich unverrückbarer
monarchischer Haltung zu pflegen und zu entwickeln, die Lage der Bauern
und abhängigen Untertanen zu verbessern, die Stände einander
versöhnlicher zu machen, nicht aber abzuschaffen. Zugleich war von
vornherein festgelegt worden, daß sich die Mitglieder "aller unmittelbaren
und machthabenden Einwirkung auf Politik und Staatsverfassung" enthalten
mußten.37 Getragen von diesem Gedankengut versinnbildlichte auch
das Siegel des Vereins diese Ideale: Es zeigte eine aufrechtstehende gebunde
Garbe von Getreideähren, aufgelegt ein flatterndes Spruchband mit
dem dreigeteilten Text in Versalien "EI-NIG-KEIT".
Verschiedene Umstände hatten den Verein jedoch bereits nach
einigen Monaten seines Bestehens in ein schlechtes Licht rücken lassen
und ihn der Geheimniskrämerei verdächtigt. Seine angenommene
maurerische Herkunft, die Bestimmung, daß kein Mitglied außerhalb
des Vereins über dessen Organisation reden durfte sowie die indirekt
vorhandene Zielrichtung der Abschüttelung der napoleonischen Fremdherrschaft
trugen dem Verein den Ruf ein, maßgeblich an politischen Umsturzversuchen
und einer moralischen Rüstung gegen den Korsen beteiligt gewesen zu
sein. Wenn auch unterschwellig diese Ziele mitschwangen, so verbarg der
Verein doch vor den zuständigen Stellen nicht sein Wesen. Nach dem
Vereinsgesetz mußte er nicht nur seine Statuten an den König
einsenden, sondern ihm auch regelmäßig Berichte über die
Personalien überlassen, was auch ohne weitere Anstellungen geschehen
war.
Das Urteil über die angeblichen Absichten und die tatsächlichen
Wirkungen des Vereins unter den Mitgliedern und in der Bevölkerung
ist unterschiedlich ausgefallen und ohnehin schwer zu bestimmen: Das Bilder-Conversations-Lexikon
für das deutsche Volk schrieb 1841: "Es mußten ... der Regierung
Verzeichnisse seiner Mitglieder und Berichte über sein Wirken eingereicht
werden, und schon deshalb war dieser ... Verein ... kein geheimer. Es lagen
ferner die Zwecke und Einrichtungen desselben jedem Mitgliede offen vor
und nur darin fand eine Beschränkung statt, daß nicht über
ihn geschrieben und mit Nichtmitgliedern gesprochen werden durfte. Übrigens
wurden aber nach seiner größern (sic!) Verbreitung weder seine
Versammlungen noch seine Arbeiten auf irgend verheimlichende Weise betrieben
... Nach dem Rückzuge der Franzosen aus Rußland (1812) waren
es besonders ehemalige Mitglieder des Tugendbunds, welche in Ostpreußen
die allgemeine Landesbewaffnung so erfolgreich vorbereiten halfen."
Hingegen meint das Brockhaus Konversationslexikon von 1895: "Im
ganzen stehen die thatsächlichen Leistungen des Tugendbundes erheblich
hinter dem zurück, was man ihm, besonders von französischer Seite,
zugeschrieben hat. Die Männer, durch welche die Erhebung von 1813
in erster Linie vorbereitet wurde, Stein, Scharnhorst, Gneisenau, Hardenberg,
Fichte, Niebuhr, haben dem Tugendbund niemals angehört. Stein hat
sogar die Gründung und die Satzungen des Vereins mißbilligt
... Nach den Befreiungskriegen begann die Reaktionspartei in Österreich
und auch in Preußen den in seinen volkstümlichen Ideen noch
fortwirkenden Bund zu verdächtigen. Besonders war es der reaktionäre
Schmalz, der als Denunziant auftrat und dadurch unter anderem die Gegenschriften
des Professors Krug [siehe unten Abschnitt VI. dieses Artikels], ehemals
Censor des Vereins, hervorrrief."
Einem Urteil aus neuerer Zeit zufolge erreichte der Verein "Wirkungen
wahrscheinlich auch über dessen Grenzen hinaus. Eine Mitgliederliste
vom 1.August 1809 nennt 25 Kammern, .. wobei der Tugendbund sicher weit
über den Kreis der Mitglieder hinaus auf Sympathisanten gewirkt hat.
Die praktische Tätigkeit des Tugendbundes war in der kurzen Zeit des
Bestehens weitgesteckt. Insbesondere das vaterländische Turnen und
Waffenübungen wie auch die Förderung öffentlicher Angelegenheiten,
z.B. die Armenfürsorge, wurden in Angriff genommen. Die Ergebnisse
blieben offenbar in den einzelnen Kammern unterschiedlich. Über die
Arbeit der schlesischen Kammern ist kaum etwas bekannt ... Der Tugendbund
hat über 1809 hinaus mit seinen Ideen auf die nationale, antinapoleonische
Befreiungsbewegung und auf die bürgerliche Nationalbewegung nach 1815,
u.a. auch auf die Burschenschaft, gewirkt."
III. Mitgliederaufnahme- und -ablehnung
Ohne ein abschließendes, sicher auch schwer zu fällendes
Urteil über die geistesgeschichtlichen Wirkungen des Bundes zu verlautbaren,
sollen in diesem Abschnitt erneut die Mitglieder untersucht werden. Wer
Mitglied im Verein werden wollte, mußte gläubig und demütig
sowie das Muster eines tugendhaften Menschen sein, sich nicht über
andere erheben, er mußte fortschrittlich denken und Standesgrenzen
überwindbar machen: "Zur Aufnahme befähigt waren nur christliche,
unbescholtene Unterthanen des Königs von Preußen, und der Beitretende
mußte schriftlich die Beförderung der Zwecke des Vereins und
die treue Anhänglichkeit an das in Preußen regierende Haus Hohenzollern
geloben. Wer aus dem preußischen Unterthanenverband trat, hörte
auf Mitglied zu sein."
Eine erbetene Mitgliedschaft konnte der Kandidat allerdings nicht
allein von seinem Aufnahmeantrag und dem Urteil des Vereinsvorsitzenden
über seinen Leumund abhängig machen. Eine Aufnahme erfolgte nur
über Bürgen, die bereits Mitglied waren. Jedes einfache Mitglied
konnte sein Votum für oder gegen eine Aufnahme abgeben und in der
Regel wurden diese Voten auch gehört und nach ihnen entschieden, so
daß von einer autoritären Lenkung der Vorsitzenden keine Rede
sein konnte. Der Kammervorsitzende verstand sich wie bei den Freimaurern
eher als ein "Primus inter pares".
Doch allein die Bürgschaft mehrerer Mitglieder für einen
Neuaufzunehmenden genügte gelegentlich nicht. In der V.Kammer war
vor der Aufnahme die Benennung von zehn Personen, die im profanen Leben
standen und nicht dem Verein angehörten, nötig, "auf welche das
Mitglied Einfluß hat". Das bedeutete, ein künftiges Mitglied
mußte bereits vor seinem Beitritt versprechen, auf zehn namentlich
genannte Bekannte, Freunde oder Verwandte Einfluß im Sinne des Vereins
zu nehmen, sie zu werben und sie über die Vereinsziele zu informieren.
Ferner läßt die Art der Mitgliederbefragung, deren "Nationale"
(Mitgliederdaten) zum Teil nur noch sehr fragmentarisch erhalten geblieben
ist, Rückschlüsse auf die Zielsetzung der Mitglieder zu. So gab
es für jedes Mitglied eine Liste zu beantwortender Fragen, die nicht
nur die persönlichen Verhältnisse streiften, sondern philosophisch
ausgelegt waren:
-
"Ob derselbe vom Staate auf irgend eine Weise und für welche Handlung
ausgezeichnet ist?"
-
"Ob derselbe literarische Werke oder Aufsätze geliefert hat und
welche?"
-
"Welche Theilnahme er an den verschiedenen Geschäften verspricht,
die die Gesetze des Tugendvereins vorschreiben?"
-
"Welchen Beitrag er zu der Casse des T.[ugend] V.[ereins] zu geben
sich vorläufig entschließen kann?" und
-
"Auf welche Gegend sowie auf welche Leute er vorzüglich zu wirken
sich versprechen kann?"
Diese Fragen zeigen bereits, welche Pflichten ein Mitglied hatte und
was von ihm in Zukunft erwartet wurde, nämlich neben Finanzierung
des Vereins auch die aktive Verbreitung seiner Ideen außerhalb des
engen Kreise der ohnehin Gleichgesinnten. Der Sittlich-Wissenschaftliche
Verein war also ein bewußt auf eine Außenwirkung hin angelegter
Kreis. Entsprach ein zukünftiges Mitglied nicht diesem aktiven missionierenden
Idealtypus eines sittlich-wissenschaftlichen Menschen, deren Tugenden beispielhaft
wirken konnten oder wurden die erforderlichen Bürgen nicht gefunden,
so konnten Mitgliedsvorschläge ohne weiteres scheitern. Trotz aller
erwünschten Außenwirkung ließ es sich der Verein nicht
nehmen, ihm ungeeignet erscheindene Mitglieder abzulehnen; nicht um jeden
Preis wurde also Aufnahmewillige auch zugelassen. Qualität ging hier
vor Quantität und gerade bei einem so diffizilen Thema wie der volkspädagogischen
Aufklärung sah man sehr genau auf die Träger solcher Gedanken,
die Repräsentanten außerhalb des Mitgliederkreises.
Eine Ablehnung von potentiellen Mitgliedern war vor allem der Fall,
wenn sich bei dem Kandidaten Aspekte wie unmoralische Ansichten oder unpatriotische
Anwandlungen ergaben wie bei dem aus pommerschem Uradel stammenden Kapitän
v.Natzmer. Er stand ehemals beim Regiment Alt-Heinrich, als er von dem
katholischen Kürassier-Leutnant v.Einsiedel von der Königsberger
Kammer am 24.Februar 1809 "wegen seines moralischen Karakters und seiner
patriotischen Gesinnungen" zur Aufnahme vorgeschlagen worden war. Diesem
Vorschlag schlossen sich zehn weitere Vereinsmitglieder an, unter anderm
die beiden Offiziere Friedrich Wilhelm und Johann Joachim Heinrich v.Oppen
sowie Prinz Hermann zu Hohenzollern-Hechingen.
In der Königsberger Generalversammlung vom 3.März 1809
wurde der Vorschlag verlesen, gegen den nun jedoch ein Herr Dreves Einspruch
erhob und beantragte, ihn wieder aus der Vorschlagsliste zu streichen.
Als Begründung hierfür führte er aus:
"Den Capitän und Canonicus v.Natzmer kenne ich seit der letzten
Campagne. Er war damahls Train-Officier, bey der Intendantur attachirt
und hielt sich bey dem Feldkrieges-Commissarius des Corps v.L` Estocq auf.
Soweit ich Gelegenheit gehabt habe, seinen Charakter kennen zu lernen:
ist er ein Mann, dem Moralitaet weder dem Begriff noch dem Worte nach bekannt
ist. - Lästernd spricht er von einem Jeden, und wie ich weiß,
auch von seinem Wohlthäter, und zwar hinterrücks, er thut dies
auch an Leuthen, durch die er geworden, was er ist und war und die seine
Existenz vielleicht noch jetzt fristen. [Die] Verhältnisse erlauben
es nicht, mich hierüber noch specieller auszudrücken, [ich] führe
jedoch folgendes Beispiel seiner Handlungsweise an, der nur ex officio
bekannt ist. Während der ganzen Dauer der Campagne hatte der v.Natzmer
schöne Pferde, spielte stark und hoch, traktirte reich und dergleichen.
Niemand wußte, dem seine dürftigen Umstände nicht
unbekannt waren, woher dieser Aufwand bestritten wurde. Nach der Campagne
aber, als ich von den Feld-Haupt-Cassen Rechnung legen mußte, fand
es sich, daß der v.Natzmer jeden Monat nicht nur sein Traktament,
sondern auch die Vergütung der Fourage u.[nd] dergl.[eichen] nicht
nur immer doppelt in baarem Gelde bei verschiedenen Cassen für meine
Rechnung erhoben hatte, sondern sich auch die Fourage, und zwar doppelt
bei verschiedenen Fourage-Ämtern, in natura erhoben hatte.
Diese Überhebungen, die eine ansehnliche Summe ausmachten,
ist er nicht nur heute noch der Kgl. Casse schuldig, sondern, als ich [bei
den entsprechenden Stellen] die Anzeige von diesem Verfahren des v.Natzmer
machte, ... wußte sich derselbe noch obenein eine Cabinetts Ordere
zu verschaffen, wonach ihm dieses Geld bis zu besseren Zeiten gestundet
werden sollte.
Zum mindesten zeugt dieses Beispiel von dem gröbsten Leichtsinn,
den nur ein Mensch ohne alles Ehrgefühl und ohne Scham sich kann zu
schulden kommen lassen. So handelt er öffentlich, und nicht anders
in seinen häuslichen Verhältnissen; denn während er sich
hier ohne irgend einen Zweck herumtreibt, sind seine Frau und Kinder, die
in Pommern auf dem Lande leben, der größten Noth und dem Elende
preis gegeben, ohne sich der Hülfe des Gatten und des Vaters erfreuen
zu dürfen."
Nach dieser sehr ausführlichen und vor allem moralisch begründeten
Berichterstattung des bei den Mitgliedern der Kammer als vertrauenswürdig
anerkannten Dreves wurde v.Natzmer anschließend aus dem Vorschlagsregister
gestrichen, was am 15.März 1809 geschah. Der Fall v.Natzmer zeigte:
Obgleich hierarchisch in seiner Organisationsform aufgebaut, war es einzelnen
Mitgliedern also durchaus möglich, die Zusammensetzung ihrer Kammer
positiv oder negativ zu beinflussen.
IV. Mitgliederzusammensetzung
Nach der Nennung der Ziele des Vereins läßt sich vermuten,
daß es es nur besonders fortschrittliche, liberal gesinnte Edelleute
waren, die dem Verband beitraten. Geht man von den in der Literatur genannten
Gesamtmitgliedzahlen von zuletzt rund 620 aus, so ist jedoch der Anteil
des Adels daran mit 128 ermittelbaren Personen oder 20,6 % außergewöhnlich
hoch und in keine Beziehung zu setzen zum Anteil der Nobilität in
Bezug auf sein Verhältnis zur Bevölkerungszahl.
Innerhalb der also recht großen Adelsgruppe waren die meisten
Adeligen mit einem militärischen Beruf begnadet, allein 80,5 % waren
Offiziere aller Rangklassen, vom Oberst bis hin zum Sekondeleutnant, wobei
sich die Rangübergewichtigkeit meist bei den Subalternoffizieren zeigte.
Die nächstgrößere Berufsgruppe stellten mit ca. 14,1 %
die Beamten, das waren ein Bergrat, zwei Kriegs- und Domänenräte,
zwei Kriegs- und Steuerräte, ein Particuleur, ein Geheimer Rat und
Postdirektor, ein Oberforstmeister, ein Kreisrat, ein Kreisdeputierter,
drei Landräte, ein Kammerreferendar, zwei Kriegsräte und ein
Kommissar.
Nur noch rund 1,5 % kamen aus der Wissenschaft und waren Professoren
(v.Baczko, v.der Goltz). ebenfalls nur eine Minderheit stellten erwartungsgemäß
die Gutsbesitzer, die bereit waren, die Leibeigenschaft auf ihren Gütern
freiwillig aufzuheben: Mit den Rittergutsbesitzern v.Roenberg-Gruszinski,
v.Woyrsch, Henckel v.Donnersmark, v.Portugall und v.Kollas stellten sie
aber immerhin noch etwa 3,9 % aller adeligen Mitglieder.
Im Adelsgefüge auffallend war, daß kaum ein Uradeliger
verteten war, daß die meisten Edeleute aus dem Diplomadel stammten,
einige gar den Adel erst selbst erhalten hatten. Neben wenigen Freiherren
und Grafen fanden sich aber auch drei Hochadelige im Verein; sie entstammten
den Häusern Hohenzollern-Hechingen, Henckel v.Donnersmarck, und (Schleswig-)
Holstein-Beck. Auffallend ist auch ein Anteil an Katholiken unter den sonst
nur protestantisch orientierten Mitgliedern.
V. Sämtliche ermittelbare Edelleute als Vereinsmitglieder
1808 bis 1/1809
Im folgenden Abschnitt werden alle ermittelbaren Edelleute als Mitglieder
des Sittlich-Wissenschaftlichen Vereins dargestellt, sofern sie sich in
den noch vorhandenen handschriftlichen Mitgliederlisten von April 1808
bis Januar 1809 verzeichnet fanden. Es handelt sich bei den Einträgen
jedoch nicht um die vollständige Mitgliederliste, da der Verein bis
Dezember 1809 bestand, später noch zwei Kammern hinzukamen und auch
viele neue Mitglieder.
Aber die Aufstellung ist die erste ihrer Art, in der eine Vielzahl
und sicherlich die Mehrheit der Adeligen zum ersten Mal veröffentlicht
wird. Grundlage hierzu waren dem Verfasser mehrere leider undatierte Verzeichnisse
aus dem Geh. Staatsarch. Preuß. Kulturbes. in Bln.-Dahlem (genaue
Signatur der Verzeichnisse siehe unten im Abschnitt Quellen).
Es sei bemerkt, daß die Schreibweise der Nachnamen und Vornamen ungeprüft
aus der Quelle übernommen wurden, also u.U. variieren können:
-
Arnauld, v., Leutnant im Kolbergischen Inf.-Rgt., seit 16.Dezember
1808 Mitglied der Königsberger Kammer, wohnte in Königsberg,
übernahm das Thema "Volksbildung"
-
Baczko, Ludwig v., Professor, Katholik, entstammt einem eigentlich
evangelischen Geschlecht, daß mit 1665 in Ungarn den Adelsstand erhalten
hatte und mit dem Kgl. Preußischen Major a.D. Adolph v.Baczko in
Preußen eingewandert war, wo die Namensform "v.Baczko" unbeanstandet
geblieben ist. Er selbst war seit 15.Juli 1808 Mitglied der Königsberger
Kammer, wohnte in Königsberg in der Katholischen (!) Straße
112, übernahm das Thema "Volkswohlstand" und war im Verein Rat des
Provinzialrats. Erklärte aber am 17.Mai 1809 schriftlich: "Meine Umstände
und Verhältnisse machen es mir zur Pflicht jetzt dem sittlich-wissenschaftlichen
Verein zu entsagen; ich erkläre folglich hierdurch mit Zurücksendung
der Constitution, daß ich dessen Mitglied zu seyn aufhöre. Bin
ich aber in dem Fache der Erziehung und in Hinsicht der Wohlthätigkeit
gegen die Armen, woran ich im Verein theil nahm, auch außer demselben
meinen Mitbürgern nützlich zu seyn im Stande, so bin ich mit
Vergnügen dazu bereit und empfehle mich allen den guten und redllichen
Männern, die ich im Verein kennen gelernt habe, zu Freundschaft und
Wohlwollen."
-
Below, v., Kriegs- und Steuerrat, war 1809 eines von drei Mitgliedern
der neuen Kammer zu Tarnowitz in Oberschlesien
-
Below, Wilhelm Adolph Hans Heinrich v., * 1789 Koethen im Anhaltinischen,
1794 Kadett in Stolp, 1797 Kadett in Berlin, 1798 als Junker ins Grenadier-Gardebataillon
Nr.6 eingetreten, Leutnant beim 1.Bataillon Garde zu Fuß, in der
Schlacht bei auerstedt durch Brustschrapnellschuß verwundet, war
seit 4.Mai 1808 Mitglied der Königsberger Kammer, übernahm die
"2.Abteilung der Volksbildung", wohnte in der Pulvergasse, als er zur V.Kammer
übergegangen war. Gab als sein Ziel an, "so es erreichbar ist, die
sittliche Ausbildung des gemeinen Soldaten, welches geschäftlich indes
für das Individuum sehr schwierig seyn dürfte", zu übernehmen.
Zuletzt Kgl. Preußischer Generalleutnant, gestorben 1864.
-
Beyer, Otto Friedrich Wilhelm v., * in Gumbinnen, Kgl. Preußischer
Premierleutnant in der Armee, zur Zeit in Königsberg, seit 19.Juni
1808 Mitglied der Königsberger Kammer
-
Blacha, v., Rittmeister im Schlesischen Ulanen-Regiment, trat zwischen
Januar und März 1809 dem Verein bei
-
Boehn, Ingenieur-Leutnant, 1809 Mitglied in der Braunsberger Kammer
-
Bonin, Friedrich Erdmann v., stammte aus hinterpommerschem Uradel,
Major und Direktor, war 1809 einziges Mitglied der neuen Kammer zu Stolp
-
Borcke, v., Ingenieur-Leutnant, 1809 Mitglied in der Braunsberger Kammer
-
Borcke, Ernst Gottlob (auch Gottlieb) v., * Stargard, Ingenieur-Leutnant
in Kolberg, übernahm das Thema "Erziehung", seit Oktober 1808 Mitglied
der Kolbergischen Kammer
-
Borne, Carl Friedrich v., * in Berneuchen in der Neumark, 40 Jahre
alt, Particuleur, zur Zeit in Königsberg, seit 30.Mai 1808 Mitglied
der Königsberger Kammer, übernahm das Thema "Volkswohlstand"
-
Boscamp, Carl Friedrich v., Bergrat in Cudowa, war 1809 eines von drei
Mitgliedern der neuen Kammer zu Tarnowitz in Oberschlesien
-
Both, Gustav Friedrich v. (1772-1835), aus mecklenburgischem Uradel
,* Schwerin im Herzogtum Mecklenburg, Kgl. Preußischer Major, zur
Zeit in Königsberg, seit 12.April 1808 Mitglied der Kammer Königsberg,
übernahm eine Erklärung zur Arbeitsteilnahme im Bereich "Volksbildung",
zuletzt Kgl. Preußischer Generalleutnant und Kommandeur der 10.Division
-
Boyen, Hermann v. (1771-1848),* in Creutzburg in Ostpreußen,
37 Jahre alt, Kgl. Preußischer Major der Armee, steht beim Allg.
Kriegs-Departement, seit 27.Juni 1808 Mitglied der Königsberger Kammer,
übernahm das Thema "Volksbildung", war Direktor des Militärinstitus
des Vereins, später Generalfeldmarschall und Kriegsminister. Seit
1808 auch Freimaurer in der Loge Zu den drei Kronen in Königsberg.
War auch Mitglied der Berliner Gesetzlosen Gesellschaft.
-
Buddenbrock, v., Ltn in einem ostpreußischen Rgt., seit 26.September
1808 Mitglied der Köngsberger Kammer, 23 Jahre alt, wohnte in Rastenburg,
übernahm die Themen "Polizei" und "Volksbildung"
-
Burgsdorff, v., aggregierter Kgl. Preußicher Leutnant im Litthauischen
Dragoner-Rgt., trat zwischen Januar und März 1809 dem Verein bei
-
Carlowitz, Carl Friedrich Wilhelm v. (1779-1843), aus meißnischem
Uradel, Premierleutnant der Garde zu Fuß, seit Silvester 1808 Mitglied
der Königsberger Kammer, 27 Jahre alt, wohnte in Berlin. Zuletzt Kgl.
Preußischer Major a.D. ,ehemals Herr auf Stenkendorf im ostrpßeußischen
Kreis Osterode.
-
Carnoll, v., Major, war 1809 eines von drei Mitgliedern der neuen Kammer
zu Glatz
-
Collrepp, Ernst v. (1773-1813), Stabscapt. von der Armee, vormals beim
Infanterie-Regiment Nr.4 v.Kalckreuth mit Garnison in Elbing, war 1795
Sekondeleutnant, Adjutant eines Generalleutnants, später Adjutant
des Chef des Rgts. Oberst Wilhelm v.Kalckreuth, heiratete die Stief- und
Adoptivtochter des Regimentskommandeurs (Helene v.Kalckreuth), 1806 wurde
er Stabscapt., seit 9.November 1808 Mitglied der Königsberger Kammer,
übernahm das sonst von keinem Adeligen erwählte seltene Thema
"Pflanzschule für Officiere und Volks-Aufklärung", in Berlin
gestorben.
-
Crailsheim, Johann Ludwig v., 38 Jahre alt, Capitän im Rgt. Prinz
Heinrich zu Pferd, * in Sachsenberg in Franken, seit 12.April 1808 Mitglied
der Königsberger Kammer, übernahm eine Erklärung zur Arbeitsteilnahme
an den Themen "Volksbildung" und Polizei"
-
Crüger v.Konarsky, Christian Daniel, Leutnant im Leichten Bataillon
des Rgts. Prinz Heinrich, Ritter des Ordens Pour le Mértie, Sohn
des Pfarrers Crüger in Bilderweilschen, adoptierter Sohn des Kammerherrn
v.Konarsky, * in dem Dorfe Bilderweilschen in Preußisch-Litauen,
25 Jahre alt, am 27.März 1809 in die Braunsberger Kammer aufgenommen
(wurde hier, obgleich nur adoptiert, trotzdem mit aufgenommen, da dem Verfasser
nicht bekannt ist, ob er eine Adelsbestätigung erhalten hatte)
-
Dalwigk, Georg Ludwig v., * in Baumgarten in Niederschlesien, reformierten
Bekenntnisses, 47 Jahre alt, Kgl. Preußischer Obrist von der Kavallerie,
seit 27.Juni 1808 Mitglied der Königsberger Kammer, übernahm
das Thema "Volksbildung", trat aber zwischen Januar und März 1809
wieder aus dem Verein aus
-
Derschow, Ernst Johann v., * in Kurland, Capitän im Grenadier-Bataillon
v.Fabecky, 44 Jahre alt, seit 15.Juli 1808 Mitglied der Königsberger
Kammer, übernahm das Thema "Volksbildung"
-
Dörnberg, Ludwig Wilhelm v., * in Hausen in Hessen, Rittmeister
a.D. aus westphälischen Diensten, hält sich zur Zeit in Westphalen
auf, seit 18.April 1808 Mitglied der Königsberger Kammer
-
Douglas, v., Capt. im Rgt. v.Dierke, seit 28.Oktober 1808 Mitglied
der Königsberger Kammer
-
Eberstein, Carl v., * 7.Januar 1778 in Dresden, 30 Jahre alt, Kgl.
Preußischer Sekondeleutnant, zur Zeit in Königsberg, seit 26.April
1808 Mitglied der Königsberger Kammer, widme6e sich den Themen "Militair-Fach"
und "Polizei", wollte vorzüglich im Großherzogtum Warschau im
Sinne des Vereins wirken
-
Einsiedel, v., Leutnant im Ostpreußischen Kürassier-Rgt.,
seit 20.Januar 1809 Mitglied der Königsberger Kammer, Katholik, wohnte
in Königsberg und übernahm das Thema "Volksbildung"
-
Eisenhart, Friedrich v. (1769-1839), * in Berlin, aus einem preußischerseits
1786 geadelten Geschlecht aus Brandenburg, Kgl. Preußischer Rittmeister
und Adjutant des Generals v.Blücher, in einem pommerschen Husarenregiment,
zur Zeit in Treptow in Pommern sich aufhaltend, ab 18.April 1808 Mitglied
der Königsberger Kammer
-
Ernsthausen, Eduard Wilhelm v., Premierleutnant von der Armee, seit
6.Dezember 1808 Mitglied der Königsberger Kammer
-
Falckenhayn, Bernhard v., Leutnant a.D., 50 Jahre alt, seit 7.Oktober
1808 Mitglied der Königsberger Kammer, wohnte in Königsberg,
übernahm das Thema "Volkswohlfahrt"
-
Falckenhayn, Wilhelm v., Ltn. a.D., seit 28.Oktober 1808 Mitglied der
Königsberger Kammer, übernahm das Thema "Volkswohlfahrt"
-
Ferentheill, v., Ingenieur-Leutnant, 1809 Mitglied in der Braunsberger
Kammer
-
Glasow, v., aus pommerschem Uradel, 38 Jahre alt, Capt. von der Armee
in Otton bei Zinten wohnhaft, seit 18.Dezember 1808 Mitglied der Königsberger
Kammer
-
Goltz, Carl v.der, * Freystadt in Ostpreußen, Kgl. Preußischer
Leutnant im Corps v.der Marwitz, zur Zeit in Königsberg, ab 30.April
1808 Mitglied der Königsberger Kammer
-
Goltz, v.der, Rittmeister im Ostpreußischen Kürassier-Rgt.,
seit 20.Januar 1809 Mitglied der Königsberger Kammer, wohnte in der
Todtengasse in Königsberg, übernahm das Thma "Volksbildung"
-
Goltz, Friedrich Julius v.der, Prof.jur., seit 4.November 1808 Mitglied
der Königsberger Kammer, wohnte auch dort
-
Groeben, Carl Graf v.der (1788-1876), aus magdeburgischem Uradel, Leutnant
in einem Ulanen-Rgt., seit 2.Dezember 1808 Mitglied der Königsberger
Kammer, wohnte in Schlesien, übernahm das Thema "Militair-Institut,
Litteratur und Kunst", zuletzt 9.Fideikommißherr auf Neudörfchen
im Krs.Marienwerder, Kgl. Preußischer General der Kavallerie, Generaladjutant
sowie Ritter des Ordens Pour le Mérite
-
Grolman, Carl Wilhelm Georg v. (1777-1843), * in Berlin, Major von
der Armee, steht beim Allg. Kriegs-Departement, 31 Jahre alt, Mitglied
der Königsberger Kammer, übernahm das Thema "Volksbildung" und
war im Verein Rat im Provinzialrat, zuletzt Kgl. Preußischer General
der Infanterie und kommandierender General des V.Armeekorps, preußischer
Reformer, Chef des Generalstabsdepartements. Von 1807 bis 1809 war er in
der Militär-Reorganisationskommission unter Scharnhorst tätig
gewesen, bevor er 1809 in österreichische Dienste trat und in Spanien
gegen Napoleon kämpfte. Ihn verband seit langem eine enge Zusammenarbeit
mit dem Reformer Hermann v.Boyen, der ebenfalls Mitglied im Sittlich-Wissenschaftlichen
Verein war.
-
Gutzmerow, v., Capt. im 1.Pommerschen (Inf.-?) Rgt., seit 29.August
1808 Mitglied der Könisberger Kammer, wohnte in Kolberg, übernahm
das Thema "Volksbildung"
-
Hanmann junior, Ignatz v., * in Radelshoefen bei Braunsberg, 27 Jahre
alt, Katholik, seit 8.Juni 1809 Mitglied in der Braunsberger Kammer
-
Hansen, Friedrich Heinrich Sigismund v., Leutnant im 1.Ostpreußischen
Inf.-Rgt., seit 13.Juni 1808 Mitglied der Königsberger Kammer, * in
Sorge, übernahm eine Erklärung zur Arbeitsteilname an den Themen
"Polizei" und "Ausbreitung", im Verein war er Rat der Hauptkammer Königsberg
-
Hausen, Friedrich Heinrich Siegmund v., Kgl. Preußischer Leutnant,
zur Zeit in Königsberg Mitglied der Königsberger Kammer
-
Henckel v.Donnersmarck, Carl Graf (1784-1813), Standesherr auf Beuthen,
stammte aus einem mit ungarischer Adelsbestätigung im 16.Jahrhundert
versehenen Geschlecht aus der Grafschaft Zips, 1661 folgte der böhmische
Grafenstand, 1697 die Erhebung von Beuthen zur Freien Standesherrschaft.
Der Genannte, Kgl. Preußischer Legationsrat, Kammerherr, K.K. Premierleutnant
der Kavallerie, war 1809 eines von drei Mitgliedern der neuen Kammer zu
Tarnowitz in Oberschlesien. Er starb in Dresden Anfang Mai 1813 an der
in der Schlacht bei Groß-Görschen als Kgl. Preußischer
Leutnant empfangenen Verwundung.
-
Herrmann, Friedrich v., * Königsberg i.Pr., Kgl. Preußischer
Leutnant im Rgt. Prinz Heinrich, ab 11.Mai 1808 Mitglied der Königsberger
Kammer, übernahm das Thema "Volksbildung"
-
Hohendorf, Johann Friedrich v., Premierleutnant, seit 2.Dezember 1808
Mitglied der Königsberger Kammer
-
Hohenzollern-Hechingen, Hermann Prinz zu, * in Troppau in Schlesien,
32 Jahre alt (an anderer Stelle: 22 Jahre alt), Katholik, Kgl. Preußischer
Major in der Armee, Mitglied der Königsberger Kammer, übernahm
das Thema "Volksbildung"
-
Holstein-Beck, Friedrich Herzog v., seit 29.September 1808 Mitglied
der Königsberger Kammer
-
Hülsen, v., Ingenieur-Leutnant, 1809 Mitglied in der Braunsberger
Kammer
-
Humbracht, Joseph Friedrich v., Leutnant im Füs.-Batl. v.Heinrichs,
seit 31.August 1808 Mitglied der Königsberger Kammer, wohnte
in Riesenburg, übernahm das Thema "Volksbildung"
-
Ingersleben, v., Capitän im Leib-Rgt., seit 25.Juli 1808 Mitglied
der Könisberger Kammer, übernahm das Thema "Volksbildung"
-
Kahlden, v., Leutnant im Leib-Grenadier-Bataillon, mindestens seit
1809 Mitglied der Kammer zu Kolberg
-
Kerckerinck, Karl Frhr.v., Capt. von der Armee, 29 Jahre alt, seit
21.Oktober 1808 Mitglied der Königsberger Kammer, reformierten Bekenntnisses,
wohtne in Königsberg, übernahm die Themen "Polizei" und "Militair-Institut"
-
Kestelot (vielleicht richtig Ketelhodt?), Christian Otto v., Capitän
im Leib-Rgt., seit 15.Juli 1808 Mitglied der Königsberger Kammer,
* in Berlin, übernahm die Themen "Volksbildung" und "Polizei", ging
später zur III.Kammer über
-
Knackfuß, Friedrich v., Leutnant, war seit etwa 1809 Mitglied
der III.Kammer
-
Knobelsdorff, Josef Carl Siegmund v., Hauptmann a.D., seit 7.November
1808 Mitglied der Königsberger Kammer, wohnte in Königsberg,
übernahm das Thema "Volkswohlfahrt"
-
Kollas, Fr.v., wohnte in Groß-Koschlau bei Gilgenburg, Landschaftsrat
und Gutsbesitzer, wurde 1809 Mitglied in der Hohensteiner Kammer
-
Kollas, Samuel v., wohnte in Friedrichshold (?), Leutant im Rgt. v.Hertzberg,
seit 1809 Mitglied in der Hohensteiner Kammer
-
Kornatzki, Gottlieb Christian Ludwig v., * Mahlies bei Polnisch-Wartenberg
in Niederschlesien, Leutnant im Leichten Bataillon des Rgts. Prinz Heinrich,
25 Jahrer alt, wurde zwischen Juli und Oktober 1809 Mitglied in der Braunsberger
Kammer
-
Krockow, August Graf v., Major im 2.Pommerschen Inf.-Rgt., 40 Jahre
alt, seit 31.August 1808 Mitglied der Königsberger Kammer, wohnte
in Kolberg, übernahm das Thema "Volksbildung", war aber vor dem 20.September
1809 wieder aus dem Verein ausgetreten, ohne seine Konstitution zurückgegeben
zu haben.
-
Kworkowski, Jakob v., Premierleutnant, 38 Jahre alt, seit 6.Dezember
1808 Mitglied der Königsberger Kammer
-
La Roche-Aymon, Graf v., Oberleutnant im Schwarzen Husaren-Rgt., seit
2.September 1808 Mitglied der Königsberger Kammer, 36 Jahre alt, übernahm
das Thema "Volksbildung"
-
Landwuest, Christian Ludwig Hartmann v., Oberforstmeister, seit 17.Juli
1808 Mitglied der Königsberger Kammer, wohnte in Marienwerder
-
Lepell, Friedrich Wilhelm v. (1780-1864), * in der Mark Brandenburg,
stammte aus niedersächsischem Uradel, Capt. in einem Jäger-Rgt.,
seit 24.August 1808 Mitglied der Kolbergischen Kammer, zuletzt Kgl. Preußischer
Oberstleutnant a.D.
-
Lewinsky, Xaver v., Leutnant von der Armee, * in Temptsch in Pommern,
33 Jahre alt, Katholik, seit 6.April 1809 Mitglied der Braunsberger Kammer
-
Liebeherr, Carl Friedrich Wilhelm v., Capt. von der Armee, jetzt Postmeister
zu Braunsberg, * in dem Dorf Woitsick in Hinterpommern, 40 Jahre alt, seit
6.April Mitglied der Braunsberger Kammer
-
Liebhaber, v., Capt. und Quartiermeister-Leutnant im Generalstab, *
Wolffenbüttel im Braunschweigischen, 35 Jahre alt, am 5. April in
die Braunsberger Kammer aufgenommen
-
Linsingen, Carl Ludwig Frhr.v., * 22.Mai 1765 in Ringelrode im Eichsfeld,
43 Jahre alt, Wirklicher Kgl. Preußischer Capitän, zur Zeit
in Königsberg, Katholik, seit 20.April (an anderer Stelle: 13.Juni)
1808 Mitglied der Königsberger Kammer, erklärte sich bereit zur
Arbeitsteilnahme an dem Themen "Militair-Fach", wollte vorzüglich
in Thüringen, Hannover und im Eichsfeld für die Ziele des Vereins
eintreten, war Sekretär des Provinzialrats des Vereins
-
Loebell, Leopold Bernhard v., aus schlesischem Uradel, Capt. im Leichten
Bataillon des Prinzen Heinrich, * Mitau im Kurländischen, 40 Jahre
alt, seit 6.Juni 1809 Mitglied in der Braunsberger Kammer
-
Loeben, Anton, v., aus einer frühzeitig im Mittelalter im Erzstift
Magdeburg auftretenden Familie, wohnte in Berlin, Major in einem Brandenburgischen
Husaren-Rgt., wurde 1809 Mitglied in der Hohensteiner Kammer
-
Logius v.Rovive gen.Seille, Ludwig Maria Frhr.v., Kriegs- und Domänenrat,
seit 2.Dezember 1808 Mitglied der Königsberger Kammer, wohnte in Königsberg,
Tragheim 2, übernahm das Thema "Volksbildung"
-
Luck, Hans Wilhelm August v., Capt im Füs.-Batl. v.Schuler, seit
7.September 1808 Mitglied der Königsberger Kammer, 34 Jahre alt, übernahm
das Thema "Volksbildung"
-
Madeweiß, Matthias Wilhelm v., * in Kolberg, 63 Jahre alt, Geheimer
Rat und Hofpostdirektor, Mitglied der Königsberger Kammer
-
Marck, Wilhelm v.der, Oberprovinzial-Kommissar beim Pommerschen Armeekorps,
Rat in der Kammer Kolberg, * in Hamm in Westphalen, übernahm die Themen
"äußere und innere Polizei", seit 5.August 1808 Mitglied der
Kolbergischen Kammer
-
Markow, v., Capt. und Ingenieur de la place in Spandau, seit 25.Juli
1808 Mitglied der Königsberger Kammer, wohnte in Spandau, übernahm
das Thema "Volksbildung"
-
Matthy, v., Domprobst zu Frauenburg, Katholik, seit 28.Oktober 1808
Mitglied der Königsberger Kammer, wohnte in Frauenburg
-
Meier, Wilhelm Leopold Heinrich v., Leutnant im 2.Ostpreußischen
Grenadier-Bataillon, seit 25.Oktober 1808 Mitglied der Königsberger
Kammer, 32 Jahre alt, wohnte in Preußisch-Holland, übernahm
due Themen "Polizei" und "Volksbildung"
-
Mirbach, Ernst v., Sekodeleutnant im 3.Ostpreußischen Infanterie-Rgt.,
war 1809 Mitglied der Kammer zu Memel
-
Monts, Graf v., Staabscapt. von der Armee, seit 1.November 1808 Mitglied
der Königsberger Kammer, übernahm das Thema "Volksbildung"
-
Mu(e)llenheim, v., Capt. im 3.Ostpreußischen Inf.-Rgt., seit
28.September 1808 Mitglied der Königsberger Kammer, übernahm
das Thema "Volksbildung"
-
Negelein, Ludwig v. (1784-1862), aus einem Nürnberger Stadtgeschlecht,
welches 1724 den preußischen Adelsstand erhalten hatte, Capt. a.D.,
seit 2.Dezember 1808 Mitglied der Königsberger Kammer, übernahm
das Thema "Volkswohlstand"; zuletzt Herr aud Glittehnen und Wangrittern,
Kgl. Preußischer Hauptmann a.D.
-
Oertzen, Viktor v. (1773-1853), * Neustrelitz in Mecklenburg, stammte
aus mecklenburgischem Uradel, Capt. im Leib-Rgt., seit 24.August 1808
Mitglied der Kolbergischen Kammer, übernahm das Thema "Volksbildung".
Geboren in einem Zweig von Militärs dieser großen Familie (Gesamthaus
Kotelow), trat er schon früh in diese Tradition ein, war er der Sohn
eines Herzogl. Mecklenburg-Strelitzschen Hofmarschalls. 1788 sehen wir
ihn als Rekrut, 1790 Fähnrich in dem preußischen Regiment Garde.
Hier avencierte er in den folgenden Jahren zum Sekondeleutnant (1794),
1801 zum Premierleutnant und im Januar 1805 zum Stabscapitän. Mitte
Dezember 1806 hielt er sich diensthalber bereits in Königsberg auf,
vermutete aber mit der Verlegung der Garde nach Ostpreußen eine Rüge
durch den König. Dieser konnte ihn beruhigen und ihm mitteilen, daß
dies nicht der Fall war; die Verlegung der Garde hatte vielmehr mit der
Flucht vor Napoleon zu tun. Später nahm v.Oertzen als Offizier an
der Verteidigung der Festung Kolberg teil, wofür ihn König Friedrich
Wilhelm III. von seinem Exil in Memel aus am 10.September 1807 aus belobigte.
Es ist noch interessant, daß v.Oertzen am 20.August 1808 - also mithin
vier Tage vor seinem Eintritt in den Sittlich-Wissenschaftlichen Verein
- zum Kompaniechef beim Leib-Infanterie-Regiment ernannt wurde und Ende
März 1812 die Ernennung zum Major entgegennehmen konnte. Nach Abschluß
der Hauptschlachten der Befreiungskriege trat er Anfang April 1815 zu den
Ersatztruppen über, wurde im Oktober 1815 Obristleutnant und Ende
März 1816 noch Oberst. 1825 nahm er schließlich seinen Abschied
als Generalmajor, zuletzt hatte er ein Landwehr-Regiment geführt.
Seinen Wohnsitz nahm er nun in Schwedt an der Oder, wo er unter Hinterlassung
seiner Gattin Karoline geborene v.Genzkow (1776-1850) ohne Kinder Anfang
Mai 1858 verstorben war.
-
Oppen, Johann Joachim Heinrich v., * in Berlin, SekLtn im Regiment
vacant Graf v.Kuenheim, 24 Jahre alt, seit 15.Juli 1808 Mitglied der Königsberger
Kammer, übernahm die Themen "Volksbildung" und "Polizei"
-
Oppen, Friedrich Wilhelm v., * in Berlin, Kgl. Preußischer Stabs-Capitän
im Generalstab, 20 Jahre alt (an anderer Stelle 29 Jahre?), seit 28.Juni
1808 Mitglied der Königsberger Kammer, übernahm die Themen "Volksbildung"
und "Polizei"; war im Verein Stellvertretender Rat in der Hauptkammer zu
Königsberg
-
Oppen, v., Ltn. im Ostpreußischen Artillerie-Rgt., seit 31.Oktober
1808 Mitglied der Königsberger Kammer, wohnte in Königsberg,
übernahm die Themen "Volksbildung" und "Polizei"
-
Perille, Johann Leopold Wilhelm v., Capt. von der Armee, seit 20.November
1808 Mitglied der Königsberger Kammer, wohnte in Königsberg in
der Löbnischen Langgasse 87, übernahm das Thema "Volksbildung"
-
Petersdorff, Friedrich Christoph v., Kriegsrat und Direktor des Kreises
Saatzig, war 1809 einziges Mitglied der Stargarder Kammer
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Petri, v., Leutnant, spätestens seit 1809 Mitglied in der Königsberger
Kammer
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Petzold, Friedrich v., * Neiße in Oberschlesien, Ltn im Regiment
Kolberg, seit 24.August 1808 Mitglied der Kolbergischen Kammer, übernahm
Volksbildung"
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Platen, Philipp Christoph v., * Schwedisch-Pommern, Kgl. Preußischer
Capitän a.D. des Infanterie-Regiments v.Thiele, seit 30.Mai 1808 Mitglied
der Königsberger Kammer, übernahm das Thema "Volksbildung in
militairischer Hinsicht", ging später zur III.Kammer über
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Portugall, Frhr.v., Gutsbesitzer, seit 6.Janaur 1809 Mitglied der Königsberger
Kammer, 34 J. alt
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Printz, Friedrich v., Major a.D., seit 1.November 1808 Mitglied der
Königsberger Kammer, wohnte in Krafftshagen im Mittelanger 113
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Prondsinsky, Peter Georg v. (eigentlich: Prondzinsky, aus einem pommerellischen-kassubischen
Adelsgeschlecht), Premierleutnant im leichten Bataillon des 2.Ostpreußischen
Inf.-Rgts., war 1809 Mitglied der Kammer zu Stallupönen
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Putlitz, v., Obristleutnant, war 1809 eines von drei Mitgliedern der
neuen Kammer zu Glatz
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Quednow, v.Hauptmann, war einstweilen abwesend und wollte später
in jedem Fall Mitglied in der Braunsberger Kammer werden (1809)
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Retzow, Friedrich v., Landrat a.D. in Neuostpreußen, Bürgermeister
von Tolokemit, * in dem Dorf Retzow in der Mark Brandenburg, 59 Jahre alt,
am 4.April 1809 in die Braunsberger Kammer aufgenommen
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Reuß, v., Major im Leibregiment, seit 19.August 1808 Mitglied
der Königsberger Kammer, wohnte in Berlin, übernahm das Thema
"Volksbildung"
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Rochelle, Karl Wilhelm v., Major im Rgt. Prinz Heinrich, 41 Jahre alt,
seit 18.Oktober 1808 Mitglied der Königsberger Kammer, Katholik, wohnte
in Stallupönen, übernahm das Thema "Volksbildung", war im April
Rat in der Kammer in Braunsberg
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Rohr, Albrecht v., Leutnant im 3.Ostpreußischen Inf.-Rgt., seit
8.Dezmber 1808 Mitglied der Königsberger Kammer, wohnte in Bartenstein
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Rohr, Ernst v., Leutnant im 3.Westpreußischen Inf.-Rgt., seit
8.Dezember 1808 Mitglied der Königsberger Kammer, wohnte in Schippenbeil
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Rosenberg-Gruszinsky (eigentlich v.Rosenberg-Gruszczinsky), Anton v.
(1759-1817), stammte aus siradischem Uradel, Kammerherr und Besitzer der
Klötzenschen Güter, nämlich Klötzen, Groß-Tromnau,
Gallnau, Auer usw., erhielt im Juni 1809 von König Friedrich Wilhelm
III. die Genehmigung, den alleinigen Namen "v.Rosenberg" anstatt seines
bisherigen Namens "v.Rosenberg-Gruszczynski" zu tragen und wurde von demselben
in Königsberg Anfang September 1809 in den preußischen Freiherrenstand
erhoben, damit Stammvater der freiherrlichen Familie v.Rosenberg, war seit
24.September 1808 Mitglied der Königsberger Kammer, wohnte in Marienwerder
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Rosey, de, Leutnant im 1.Ostpreußischen Inf.-Rgt., seit 25.Oktober
1808 Mitglied der Königsberger Kammer, wohnte in Königsberg,
übernahm die Themen "Volkswohlfahrt" und "Polizei"
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Schachtmeyer, Hans v., Leutnant im 1.Ostpreußischen Inf.-Rgt.,
seit 2.Dezember 1808 Mitglied der Königsberger Kammer, wohnte in Königsberg,
übernahm das Thema "Volksbildung, Litteratur und Kunst"
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Schenckendorff, Carl v., * Tilsit, Kgl. Preußischer Leutnant
im Rgt. v.Kuckels, zur Zeit in Königsberg in Garnison liegend und
gegenwärtig auf Urlaub in Neisselbeck unweit von Königsberg,
seit 30.April 1808 Mitglied der Königsberger Kammer, übernahm
das Thema "Volksbildung"
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Schierstädt, Ernst Heinrich Carl August Friedrich v., Kammerreferendar,
war 1809 Mitglied der Kammer in Stettin
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Schierstädt, Carl v., stammte aus obersächsischem Uradel,
Rittmeister eines Ulanen-Rgts., seit 6.Dezember 1808 Mitglied der Königsberger
Kammer, 30 Jahre alt
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Schill, Ferdinand v., (1776-1809), Major mit der Mitgliedsnummer 32,
jedoch o.D. wieder gestrichen, war seit mindestens 1809 Mitglied der Kolberger
Kammer; neben Hermann v.Boyen das prominenteste Mitglied des Vereins,
der sich 1807 bei der Verteidugung von Kolberg hervorgetan hatte und 1809
erfolglos versucht hatte, mit seinem Husaren-Rgt. eine Volkserhebung gegen
Napoleon zu entfachen. Elf seiner Offiziere wurden in Wesel erschossen,
rund 500 Mann kamen als Sklaven auf Galeerenschiffe.
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Schön, Johann Friedrich Wilhelm v., Hautmann im ehemaligen Rgt.
v.Zenge, war 1809 eines von zwei Mitgliedern der neuen Kammer in Frankfurt
an der Oder
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Schrötter, Ferdinand Ludwig Dietrich Wilhelm Frhr.v., Regierungs-Beamter,
seit 7.Oktober 1808 Mitglied der Königsberger Kammer, wohnte in Königsberg
im Königsgarten, übernahm das Thema "Volkswohlfahrt"
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Schulz, Johann Carl v., ehemaliger Kreisrat, später Kassierer
bei der Kontributionskasse, wohnte in Wenden bei Dönhoffstädt,
38 Jahre alt, seit 17.September 1808 Mitglied der Königsberger Kammer
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Selasinsky, v., Leutnant beim 3.Ostpreußischen Inf.-Rgt., seit
27.Juli 1808 Mitglied in der Königsberger Kammer, übernahm das
Thema "Polizei"
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Sikorsky, Josef v., Premierleutnant im 4.Artillerie-Rgt., aus einem
Dorf bei Güben in Hinterpommern, 20.April 1808, zur Zeit in Königsberg
in der Vorstadt sich aufhaltend, erklärte sich bereit zur Arbeitsteilname
an dem Thema "Militair-Erziehung", ging später in die III.Kammer über
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Slomski, Johann v., wohnte in Hohenstein, Landrat a.D., jetzt Intendant,
aufgenommen in die Königsberger Kammer am 4.Januar 1809, wechselte
jedoch gleich in die Hohensteiner Kammer
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Stach v.Goltzheim, Engel Ludwig, Hauptmann im Leichten Infanterie-Batl.,
war 1809 Mitglied der Kammer zu Memel
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Stein, Johann Salomon v., Geheimer Kriegsrat, war 1809 Mitglied der
Kammer zu Memel
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Stein, v., Kriegs- und Domänenrat, war 1809 Mitglied der Kammer
zu Breslau
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Stomski, v., Landrat und Intendant, seit 15.Oktober 1808 Mitglied der
Königsberger Kammer, wohnte im Amt Hohenstein
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Tepper, Carl August v., Kriegs- und Steuerrat, * in Westpreußen,
zur Zeit in Königsberg, seit 12.April 1808 Mitglied der Königsberger
Kammer, übernahm eine Erklärung zur Arbeitsteilname an den Themen
"Polizei" und "Finanzfach", ging später zur III.Kammer über
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Thile, Adolph Eduard v., * in Dresden, Capitän im Generalstab,
25 Jahre alt, Mitglied der Königsberger Kammer
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Tippelskirch, v., Capt. a.D., seit 21.Dezember 1808 Mitglied der Königsberger
Kammer, wohnte in Bichoffsburg, Neue Sorge, übernahm das Thema "Volkswohlstand"
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Verno, v., Rittmeister bei den Husaren, Mitglied der Königsberger
Kammer mindestens seit 1809, war aber vor dem 20.September 1809 wieder
aus dem Verein ausgetreten, ohne seine Konstitution zurückgegeben
zu haben.
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Wichert, Carl Friedrich v., Sekondeleutnant im Leichten Bataillon des
Rgts. Prinz Heinrich, * Heiligenbeil in Ostpreußen, 20 Jahre alt,
"mit der silbernen Medaille decorirt", seit 18.Dezember 1808 Mitglied der
Stallupönener Kammer
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Willich, Johann George v., * in Schwedisch-Pommern, 40 Jahre alt, Rittmeister,
Landrat a.D. in Neuostpreußen, Bürgermeister in Braunsberg,
Ritter des Ordens Pour le Mérite, Mitglied der Braunsberger Kammer,
vor April 1809 aufgenommen
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Wittich, Georg Emil (auch: Georg Carl) v., * Alten-Stettin, Leutnant
beim Leib-Grenadier-Batl., übernahm das Thema "Volksbildung", seit
16.August 1808 Mitglied der Kolbergischen Kammer
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Witzleben, Job Carl Ernst Wilhelm v., * in Thüringen, 25 Jahre
alt, Kgl. Preußischer Leutnant der Garde zu Fuß, seit 30.Mai
1808 Mitglied der Königsberger Kammer, übernahm das Thema
"Volksbildung"
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Wostrowsky, Wilhelm August v., Kommandeur des 3.Ostpreußischen
Inf.-Rgts., war 1809 Mitglied der Kammer zu Memel
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Woyrsch, Karl v., aus böhmischer Uradelsfamilie, Herr auf Schönwalde
bei Wartenberg, war 1809 Mitglied der Kammer zu Breslau
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Zabeltitz, Carl Friedrich Leopold v., Deputierter des Insterburgischen
Kreises, seit 1.November 1808 Mitglied der Königsberger Kammer, wohnte
bei Tilse
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Zastrow, v., Capt. im Rgt. Kolberg, übernahm die Themen "Volksbildung"
und "Polizei", seit Oktober 1808 Mitglied der Kolbergischen Kammer
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Zenge, August Alexander v., Leutnant von der Armee, seit 18.September
1808 Mitglied der Königsberger Kammer, wohnte in Berlin, übernahm
die Themen "Polizei" und "Militair-Institut".
VI. Quellen und Literaturhinweise
An benutzter sowie weiterführender Literatur sowie an Quellen
zum Verein sei an dieser Stelle chronologisch aufsteigend genannt: Anonymus:
Tugendbund, in: Brockhaus Großes Konversationslexikon, Bd.XV, Leipzig
1895, S.1046 --- Anonymus: Tugendbund, in: Bilder-Konversationslexikon
für das dt. Volk, Bd.IV, Leipzig 1841, S.491-492 --- Professor Krug:
Das Wesen und Wirken des Tugendbundes, Leipzig 1816 --- Professor Krug:
Darstellung des unter dem Namen Tugendbund bekannten sittlich-wissenschaftlichen
Vereins, Berlin 1816 --- Voigt: Geschichte des sogenannten Tugendbundes,
Berlin 1850 --- August Lehmann (Hg.): Der Tugendbund. Aus den hinterlassenen
Papieren des Dr. Hans Friedrich Gottlieb Lehmann, Berlin 1867 --- Paul
Stettiner: Der Tugendbund, Königsberg 1904 --- Johannes Ziekursch:
Friedrich v.Cölln und der Tugendbund, in: Historische Zeitschrift
(1907), Heft 12, S.38-80 --- Siegfried Schmidt: Tugendbund 1808-1809, in:
Lexikon zur Parteiengeschichte, Bd.IV, Leipzig 1986, S.199-200. Archivalisch
ausgewertet wurden besonders für die Matrikelliste: GehStaatsArch.
Preuß. Kulturbes. Berlin, I.Hpt.-Abteil. Repos.111 Nr. B 10: Verzeichnis
der Mitglieder des Sittlich-Wissenschaftlichen Vereins der Kammer zu Königsberg,
1808 und ebenda jedoch Repos.111 Nr. A 3: Acten des Sittlich-Wissenschaftlichen
Vereins die Liste der Mitglieder und deren vierteljährliche Einsendung
betreffend, 1809, 68 Blatt.
Dieser Aufsatz stammt von Claus Heinrich Bill und erschien zuerst
in der Zeitschrift Nobilitas für deutsche Adelsforschung. |