Institut Deutsche Adelsforschung
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Familienbiographische Aspekte der Adelsfamilie der Welsperg

Aufsätze zu adeligen Lebenswelten in Tirol vom XIV. bis XX. Jahrhundert

Das Jahr 1907 brachte für das alte tirolische Geschlecht der Welsperg‘s einen schweren Schicksalsschlag, der darin bestand, daß der letzte männliche Sproß verstarb. [1] Damit endete eine lange familiäre Geschichte, die ihren Ausgang im Pustertal genommen hatte. Dazu notierte eine tirolische Zeitung: „Der Reisende, der auf der österreichischen Südbahn von Innsbruck kommend durch das Pustertal fährt, passiert auf ungefähr halber Strecke zwischen den bekannten Orten Toblach und Bruneck die Station Welsberg-Waldbrunn und sieht zur linken Hand den Ort Welsberg in lieblichster Weise der Talsohle angeschmiegt vor sich liegen. Der Name und die Geschichte dieses Ortes sind fest verknüpft mit dem alten und edlen Adelsgeschlecht der Herren, Freiherren und Grafen von Welsperg, aus dem im Laufe der Jahrhunderte viele um Kaiser und Reich und das Land Tirol verdiente Männer hervorgegangen sind. Die Stammburg dieses berühmt gewordenen Geschlechtes wurde im Jahre 1140 von den Brüdern Otto und Schwikherr von Welsperg, Sprößlingen des machtvollen Welfenstammes, auf kühnem Felsen in dem sich hinter dem Orte Welsberg öffnenden, düsteren Taleinschnitte erbaut. Schon im XII. Jahrhundert stellten sich die Sprößlinge der Welsperger in den Dienst der Landesherren, des Heeres und der Kirche und stiegen zu den höchsten Auszeichnungen empor, die sie im Laufe der Jahrhunderte behielten und bewährten. Im Jahre 1690 fiel ein Welsperger als Oberst bei der Verteidigung Belgrads gegen die Türken.

Der Freiherrnstand kam zu verschiedenen Malen in die Familien, so durch Johann v.Welsperg, der bei Kaiser Ferdinand I. die Stelle eines Geheimen Rates bekleidete, und durch die Vettern Siegmund und Karl. Im Jahre1567 wurden die Welsperger Reichsfreiherren, und als im Jahre 1568 Kaiser Ferdinand im Lande Tirol das Ober-Erbstall- und Küchenmeisteramt errichtete, erhielt Christoph Freiherr v.Welsperg als Erster diese Auszeichnung, und im Jahre 1571 von Kaiser Max II. den Zusatz des Wappens und Titels eines Freiherrn v. Primör und Raitenau. Im Jahre 1693 wurde das Geschlecht der Welsperger mit dem Diplom vom 15. April in den Grafenstand erhoben. Kunst und Wissenschaft fördernd und für die Entwicklung des Vaterlandes stets tätig, erwuchs dieses Geschlecht bis auf Heinrich, Reichsgraf zu Welsperg, Raitenau und Primör, Erblandküchen- und Stabelmeister der gefürsteten Grafschaft Tirol, Herr und Landmann in Tirol, Ritter des souveränen Maltheser-Ordens, Inhaber der Kriegsmedail­le des Mariannenkreuzes, der am 22. Februar 1907, im 57. Lebensjahre stehend, verschieden ist. Mit dem Ableben dieses allgemein hochgeachteten und edlen Mannes erlischt das Geschlecht der Welsperger in männlicher Linie. Graf Heinrich v.Welsperg war ein Mann streng katholischer Überzeugung. Seine Neigung zog ihn zur Wissenschaft und so waren ihm auch historische und besonders sprachwissenschaftliche Studien die liebste Beschäftigung, die er neben der Verwaltung seiner ausgedehnten in Pustertal und Primör gelegenen Güter mit Eifer betrieb. Im Jahre 1877 vermählte er sich mit Karolina Baronin Moll, der einzigen Schwester des Herrenhausmitgliedes und tirolischen Landtagsabgeordneten Franz Baron Moll. Der Ehe entsproß der einzige Sohn Konrad, der als Zögling in Kalksburg im Alter von 16 Jahren starb. Mit dem Tode des Grafen Welsperg ist das lehenbare Oberst-Erbland-Stabelmeister- und Küchenmeisteramt erloschen.“ [2]

Mit diesem kurzen Parforceritt durch die Familiengeschichte sind indes nur die kargen Eckdaten des Geschlechts benannt worden. Welche vielfältigen Aspekte der Familie eigen waren, das geht aus den Zeilen nicht hervor, doch wurde dies holzschnittartig gezeichnete Bild im Jahre 2024 durch eine „Familienbiographie“ ergänzt. Der Titel der Gattung war bislang eher selten in der Adelsforschung, [3] meist wird wohl die Vokabel „Familiengeschichte“ benützt, um den historischen Verlauf eines Verwandtschaftsnetzwerkes von Individuen zu kennzeichnen, die aufgrund des Mannesstammprinzips denselben Nachnamen trugen. Verantwortlich zeichnet für den voluminösen Sammelband aus Aufsätzen Philipp Tolloi als Herausgeber. Das hardcovergebundene Buch trägt den Titel „Die Welsperg. Aspekte einer Familienbiographie“, ist im Bozener Athesia-Tappeiner-Verlag erschienen, hat einen Umfang von 519 Seiten, enthält 100 Fotografien, wiegt 1372 Gramm und besitzt zusätzlich zwei große ausfaltbare Stammtafeln. Zum Preis von 39,00 Euro ist das Buch als Band LI der Schriftenreihe „Veröffentlichungen des Südtiroler Landesarchivs“ über den analogen wie virtuellen Buchhandel beziehbar unter der ISBN „978-88-6839-838-5“. [4] Der Band schließt insofern eine Lücke, als es verwunderlich erscheinen muß, daß diese Familie wegen ihrer Relevanz für die tirolische (Adels-) Geschichte bisher keine umfassende Würdigung gefunden hat.

Einleitend findet sich in dem Band, überraschenderweise in einer Familienbiographie eher nicht erwartbar, ein Aufsatz „Über den Nutzen der Adelsgeschichte“, in der der Verfasser neben „Niedergang“ und „Obenbleiben“ einen Überblick über einige Aspekte derzeitiger Adelsforschung ausbreitet; er stellt zudem die These auf, daß die internationale Adelsforschung vor allem neue Erkenntnisse in den vier Bereichen a) komplexer Staatengeschichte, b) frühneuzeitlicher Staatlichkeit, c) Gender und d) Adel in der Moderne erbracht habe. Hier werden wichtige internationale Studien benannt (Seite 13-27). Wenngleich die Auswahl auf persönlichen Vorlieben beruht, so weitet sich doch der Blick auf die englischsprachige Literatur. Auch weist der Aufsatz hin auf den Ansatz der „noble disability studies“ über beeinträchtigte Adelige, die künftig wohl noch ausgebaut werden könnte. [5] Da der Band eine deutsch-italienische Koproduktion ist, erscheint das Werk nicht allein mit italienischem Untertitel und mit deutschem wie italienischem Vorwort, sondern es sind auch drei von 17 Aufsätzen in italienischer, der Großteil aber in deutscher Sprache verfaßt worden. [6]

Die in den einzelnen Aufsätzen oft erschöpfend behandelten Themenbereiche befassen sich mit den älteren Welfsperg des XII. und XIII. Jahrhunderts, deren Tradition die jüngeren Welsperg übernahmen. Weitere Schwerpunkte sind kirchliche und kreditorische Aspekte, sodann auch Dienstverhältnisse, Memoria, Bergbauunternehmertum, Ehestrategien, Erbpraktiken, Militär- und Verwaltungsdienst, Kavalierstouren und Diplomatendienst. Landbesitz war dabei für die Welsperg‘s die Grundlage, um Kredite an die Landesfürsten zu vergeben; Reichtum garantierte hier im Übrigen, wie in vielen vergleichbaren Fällen, entsprechenden Einfluß. Die Anlage des Bandes, nicht als Familiengeschichte mit der Vorstellung der einzelnen Generationen und den Lebensverlaufschilderungen aller – oder doch zumindest der bedeutendsten – Familienmitglieder, sondern als Sammlung von thematischen Teilperspektiven, überzeugt durch Detailreichtum, mannigfaltige Archivalienauswertung und Anschaulichkeit, viele Farbtafeln und Kostümbilder laden zudem zu weiteren materiellen Studien ein, beispielsweise über die in Gemälden, auf Grabsteinen und Epitaphien dargestellte Kleidung der Welsperg‘s.

Die präsentierten Bereiche indes weichen wenig von  der familienbiographischen Verläufen anderer Adelsfamilien ab; das „Obenbleiben“ haben auch die Welsperg‘s durch Grundbesitzvererbung, Industrieunternehmertum [7] und Anpassungen bewerkstelligt. Auch wenn sich Teilungen der Erbmasse nicht immer vermeiden ließen (Seite 281-282), so zeigen die myrioramatischen Bestrebungen der Familienmitglieder doch einen starken Familienzusammenhalt, der den Grundstein für Macht und Einfluß, auch für den im Eingangszitat erwähnten sozialen Aufstieg, legte, ermöglichte und über mehrere Jahrhunderte perpetuieren konnte. Ihre stärkste personelle Ausdehnung hatte die Familie im XVI. und XVII. Jahrhundert, die Basis der Familienmitglieder schrumpfte dann zum XIX. und erlosch schließlich im XX. Centenarium. Die einzelnen Aufsätze befassen sich aber nicht allein mit den Welsperg‘s, sondern gehen bisweilen über die Welsperg‘schen Schilderungen hinaus; so wird im Aufsatz über die Welsperg‘s im Militär auch über den tirolischen Adel im Soldatenwesen allgemein gesprochen (Seite 311-372). Dieses thematische Ausgreifen läßt die familienbiographischen Aspekte teils auch als individuelle Ausformungen der allgemeinen Adelsgeschichte erscheinen, so auch beim größeren Aufsatz über die Kavaliersreisen, die teils als Voraussetzung zur Ämterbesetzung im landesherrlichen Dienst galten (Seite 373-426). Hierbei galt die Kavaliersreise und deren Adaption durch den Adel als eine der vielen Re-Inventionstechniken des Adels als Praxisformation, die sich über die Epochenwechsel zwischen Mittelalter und Frühneuzeit erstreckte, den Adel weg vom Ideal des Ritter und hin zum Idealtypus des Hofmann führte. [8]

Damit zeigen sich die Welsperg‘s als geschickte Verwalter des familiären Erbes, aber auch der „familiären meriten“ (Seite 422), mit denen es ihnen gelungen war, über viele Jahrhunderte hinweg führende Stellen in Tirol einzunehmen und die Geshcickte des Landes mitzuprägen. Allein die biologische Begrenzung hinderte sie am weiteren zeitlichen Fortbestehen; allerdings konnte durch eine Adoption der Thun-Hohenstein als Thun-Hohenstein-Welsperg der Name bis heute erhalten bleiben. Die Grafen Thun-Hohenstein-Welsperg führten die Tradition fort, besitzen auch heute noch die im XII. Jahrhundert erbaute Burg Welsperg. Daß die Familienbiographie überhaupt derart detailliert erstellt werden konnte, ist nicht zuletzt der überaus gut aufbereiteten archivalischen Verzeichnungssituation der reichhaltig vorhandenen historischen Welsperg-Überlieferungen im Sütdtiroler Landesarchiv in Bozen zu verdanken. [9]

Auf deren Basis beruht eine Vielzahl neuer Erkenntnisse zur Familiengeschichte, immer wieder im Band auch reflektiert mit dem internationalen Forschungsstand und mit multidisziplinären Anleihen, beispielsweise aus der Soziologie (Seite 425). [10] Abgeschlossen wird der Sammelband mit einem Personenregister (Seite 488-508) und einem Ortsregister (Seite 509-519). Auch wenn ein übergreifendes Verzeichnis der benützten Archivalien und Literaturstellen am Bandende leider fehlt, was ein kleines Manko darstellt, da der in der Familiengeschichte Unbedarfte auf diese Weise keinen raschen Überblick über relevante Quellen erlangen kann, so kann doch die Zusammenstellung als gelungen bezeichnet werden und als Schließung einer regionalen Forschungslücke, die jedoch auch für die überregionale Adelsforschung als weiteres Beispiel der Ausformung adeliger Lebenswelten von Belang ist.

Diese Rezension stammt von Dr. Dr. Claus Heinrich Bill (März 2025) und erscheint ebenso gedruckt in der Zeitschrift für deutsche Adelsforschung. Zu den Annotationen:

1 = Obschon dies bei Adelsfamilien nicht ungewöhnlich war; siehe dazu weiterführend Albert Reibmayr: Inzucht und Vermischung beim Menschen, Leipzig / Wien 1897, 268 Seiten (darin auf Seite 261-265 im Kapitel „X. Über das Aussterben von Familien der führenden Kasten“ Angaben zur Lebensdauer französischer und deutscher Adelsfamilien im Vergleich durch Auszählungen); F. Savorgnan: Das Aussterben der adeligen Geschlechter. Statistisch-soziologischer Beitrag über die Fruchtbarkeit der souveränen und mediatisierten Häuser, in: G. Salomon (Hg.): Jahrbuch für Soziologie, Band I, Karlsruhe 1925, Seite 320-340 (Analyse aufgrund der Heranziehung mehrere genealogische Reihenwerke zu männlichen Gliedern souveräner und mediatisierter Häuser und ihrer 1890-1909 eingegangenen hausgesetzmäßigen Ehen und deren Nachkommenschaft bis Ende 1923, Klassifizierung der Ehen nach der Kinderzahl, Eheproduktivität, Prolificität, Zeugungsfähigkeit, Vergleich zu Beamten und Arbeitern, Kindersterblichkeit, Ergebnis eines rund 10 % umfassenden Aussterbekoeffizienten im Laufe eines Jahrhunderts).

2 = Nomen Nescio: Welsberg im Pustertal, in: Österreichs Illustrierte Zeitung (Wien), Ausgabe Nummer 41 vom 14. Juli 1907, Seite 942.

3 = Beispielsweise wird er verwendet durch Sylvia Schraut: Das Haus Schönborn. Eine Familienbiographie. Katholischer Reichsadel 1640-1840, Paderborn: Verlag Schöningh 2005, 451 Seiten (Band  XLVII der Schriftenreihe „Darstellungen aus der fränkischen Geschichte“).

4 = Dazu siehe auch Nomen Nescio: Die Welsperg. Spannende Reise durch die Jahrhunderte. Buchvorstellung. Band über eine der bedeutendsten Adelsfamilien Tirols. 16 Autoren beleuchten 800 Jahre Adels- und Landesgeschichte, in: Dolomiten (Südtiroler Zeitung) vom 15. Februar 2025, Seite 30.

5 = Den derzeit umfassendsten Überblick über die Forschung zum Adel der deutschsprachigen Länder bietet ergänzend Claus Heinrich Bill: Neue Adels-Bibliographie. Monographien, Sammelbände und Aufsätze des Erscheinungszeitraums ab 1494 bis heute zum Adel in den deutschsprachigen Ländern, Sonderburg: Selbstverlag des Instituts Deutsche Adelsforschung 2025, 1818 Seiten (Band XXVI der Schriftenreihe des Instituts Deutsche Adelsforschung).

6 = Mißlich ist, daß die einzelnen Aufsätze leider nicht mit zweisprachigen Abstracts versehen worden sind, auch wenn dieser Aufwand den Umfang des Bandes vermehrt hätte.

7 = Dazu siehe exemplarisch Hans-Werner Langbrandtner: Adliges Unternehmertum im Braunkohletagebau der Ville am Beispiel des preußischen Landkreises Bergheim, in: Bergheimer Geschichtsverein (Hg.): Geschichte in Bergheim. Jahrbuch des Bergheimer Geschichtsvereins, Band 19, Bergheim 2010, Seite 47-78; Ramona Myrrhe: Zwischen Fabrik und Rittergut. Die Familie von Nathusius, in: Eva Labouvie (Hg.): Adel in Sachsen-Anhalt. Höfische Kultur zwischen Repräsentation, Unternehmertum und Familie, Köln / Weimar / Wien 2007, Seite 315-342; Uwe Lagatz: Graf Henrich zu Stolberg-Wernigerode (1772-1854). Standesherr und Unternehmer, in: Eva Labouvie (Hg.): Adel in Sachsen-Anhalt. Höfische Kultur zwischen Repräsentation, Unternehmertum und Familie, Köln / Weimar / Wien 2007, Seite 293-313 (Einzelfallbeispiel für adeliges Unternehmertum in der „Sattelzeit“); Frank-Lothar Hinz: Die Geschichte der Wocklumer Eisenhütte 1758-1864 als Beispiel westfälischen adligen Unternehmertums. Eine technik-, sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Untersuchung Altena 1977, 306 und 25 Seiten (frühe ökonomische Analyse adeliger Ökonomie; widerspricht der These allgemeinadeliger Anökonomie in einem Einzelfall; zugleich Dissertation Universität Bochum 1974); Peter K. Weber: Adeliges Unternehmertum im Rheinland. Aktivitäten und Mentalitäten, in: Rasch, Manfred / Weber, Peter K. (Hg.): Europäischer Adel als Unternehmer im Industriezeitalter, Essen 2017, Seite 57-71 (auf Gesprächen mit Angehörigen des ehemaligen rheinischen Adels beruhender Essay, betrifft die Tuffstein-, Bergbau-, Papier- und Heilwasserindustrie, Hetero- und Fremdstereotype zum Adel, Adels-Selbstwahrnehmungsformen).

8 = Dazu siehe Eustache de Refuge: Mr. Du Refuge[s] Kluger Hofmann. Das ist nachsinnige Vorstellung deß untadelichen Hoflebens mit vielen lehrreichen Sprüchen und denckwürdigen Exempeln gezieret; nicht nur den Hofleuten zu dienlicher Nachrichtung; sondern allen und jeden/ welche bey grossen Herren [...] sich vieler Welthändel unterziehen müssen / [...] Gedolmetscht/ Und mit vielen Gedichten/ Anmerckungen und seltnen Betrachtungen beleuchtet. Durch ein Mitglied der hochlöblichen Fruchtbringenden Gesellschaft [das ist Georg Philipp Harsdörffer], Franckfurt am Main / Hamburg 1667, 12 Blatt + 549 Seiten + 12 Blatt (Anleitung zum Hofmannsideal ähnlich wie Castigliones Hofmann; betrifft Umgang mit gleichgestellten Adeligen ebenso wie mit höhergestellten Fürst:innen). Praxisformationen entstanden nach Hillebrandt (2014) aus „durch Praktiken erzeugte Versammlungen von unterschiedlichen diskursiven, symbolischen, dinglichen und habituellen Elementen, die in ihrer spezifischen Assoziation eine übersituative Wirkung entfalten und Praktiken affizieren“. Zitiert nach  Frank Hillebrandt: Soziologische Praxistheorien. Eine Einführung, Wiesbaden: Springer VS 2014, Seite 103. Zu den Re-Inventionstechniken des Adels siehe dagegen weiterführend Heinz Reif: Adeligkeit. Historische und elitentheoretische Überlegungen zum Adel in Deutschland seit der Wende um 1800, in: Heinz Reif: Adel, Aristokratie, Elite. Sozialgeschichte von oben, Berlin / Boston: De Gruyter 2016, Seite 323-337 (betrifft adeliges Renovations- und Re-Inventions-Potenzial zum „Obenbleiben“).

9 = Siehe dazu das Findbuch bei dem Südtiroler Landesarchiv (Hg.): Familienarchiv Welsperg Primör (1248-1956), bearbeitet von Philipp Tolloi, Bozen 2021, 668 Seiten.

10 = Zur Frage „Zwischen Prestige und Verschuldung“ (Seite 424): Die Zuschreibung von Prestige bedingte auch Verschuldung und Verschuldung gehörte zur gewöhnlichen Adelsfinanzierung dazu; siehe dazu fernerhin Heinrich Würtzer (Hg.): Briefe eines schlesischen Grafen an einen kurländischen Edelmann den Adel betreffend, Altona 1795, 192 Seiten (im zensurliberaleren Altona von Konrad Graf von Burghaus publizierte Schrift und angesichts der Folgen der französischen Revolution und der Erschütterung des Adels als Stand verfaßte allgemeine Reformgedanken zum Adel betreffend Adelsaufwand, Statuskonsumzwang durch soziale Umgebungen, Repräsentationsaufwand, die „spesa onorata als notwendige „ehrenvollen Ausgaben“); Sven Solterbeck: Blaues Blut und rote Zahlen. Westfälischer Adel im Konkurs 1700-1815, Münster 2018, 455 Seiten (Band 653 der Reihe „Internationale Hochschulschriften“; zugleich Dissertation Universität Münster 2018; betrifft Adel und Kredit, Konkurs und Norm, Statuskonsum); Karen Arup Seip: „Inghen Riddher eller god Mand skal haffue mer end try Par Kledher aff Silke“. Adelig sosialt demonstrativt forbruk i 1500-tallets Danmark-Norge, Oslo 2016, VIII und 261 Seiten (norwegischsprachige Schrift ohne englischsprachiges Abstract über dänisch-norwegischen Adelskonsum, Statuskonsum und Prestigekonsum im 16. Jahrhundert); Till Johannes Hoffmann: Verschwendung. Philosophie, Soziologie und Ökonomie des Überflusses, Frankfurt am Main 2009, 167 Seiten [Dissertation Universität Osnabrück 2009; enthält auf den Seiten 53-65 eine Zusammenfassung der Thesen Werner Sombarts aus dessen Werk „Liebe, Luxus und Kapitalismus“ aus dem Jahre 1913 über die Luxusgeschichte im Adelskontext der Frühneuzeit; betrifft auch Luxuskonsum, Statuskonsum und Geltungskonsum); Nomen Nescio: Der moderne Adelsbegriff und die Reorganisation des deutschen Adels, in: Deutsche Vierteljahrs-Schrift, Stuttgart / Augsburg 1856, Heft Nr. 3, Seite 318-392 (betrifft den Adelsbegriff in der modernen Gesellschaft, den politischen Inhalt des Adelsbegriffs, familiengebundener oder fideikommissarischer Grundbesitz als materielle Bedingung des Adels, These der Notwendigkeit des Statuskonsums zur Schaffung von adeligen „imagines“ und Images); Heinrich Schnee: Die Nobilitierung der ersten Hoffaktoren. Zur Geschichte des Hofjudentums in Deutschland, in: Archiv für Kulturgeschichte, Band XLIII (1961), Seite 62-99.


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