Institut Deutsche Adelsforschung
Gegründet 1993
Online seit 1998


Start | Sitemap | Tipps | Anfragen | Publikationen | Neues | Über uns | AGB | Impressum


Viereck'sche Herrensitze in Mecklenburg

Verschriftlichte Erinnerungsreise von Vater und Tochter v.Viereck

Drei Formen des Gedächtnisses unterscheidet Assmann nach Fauser (2012): Das kulturelle Gedächtnis (a) wäre demnach gespeichert in Archiven und Bibliotheken, Mappen und Unterlagen, aber auch in Dingen, die nicht unmittelbar dem gegenwärtigen Menschen zugänglich, aber durchaus mittelbar erreichbar sind, indem diese mehr oder minder (auch oft nur sehr grob sortierte) ungeordnete Menge aus der Fülle der auf die Gegenwart gekommenen Rudimente und Spolien der Vergangenheit aufgesucht und „gehoben“ werden; es ist dies das Geschäft der Forschenden, Archivmitarbeitenden, Verzeichnenden, Suchenden. Aus dieser Menge kann sich das kommunikative Gedächtnis (b) speisen, indem alte und vergessene Umstände wieder ins gegenwärtige Gedächtnis geholt werden können. Ein ewiger in gegenteilige Richtungen laufender Vorgang zwischen Vergessen und Aneignen spielt sich auf diese Weise beständig in jeder Zeit ab. Aber es gibt auch noch das kollektive Gedächtnis (c), das Vergangenheit und Gegenwart miteinander verbindet; gebildet wird es durch Gedenktage, Denkmäler, Jubiläen, aber auch durch Reenactment. [1]

Auch in der Adelsforschung kann man diese Dreiertheoie Assmanns sehr gut benützen, ist doch die Memoria des Adels ein wichtiges Werkzeug zur stetigen Bildung und Aufrechterhaltung adeliger Identität, und dies gilt sowohl für Individuen als auch Kollektive wie Familien oder Geschlechter. [2] Wie nun Gedächtnisinhalte konkret erzeugt, geformt, aufgerufen und situativ aufgeführt wurden, kann zudem ein Blick auf einige Gedanken von Erll (2022) klären helfen; sie differenziert „drei grundlegende Verfahren der Aneignung von Vergangenheit: Selektion, Kon­struktion und Gegenwartsbezug. Diese werden im Folgenden metaphorisch als ‚Erinnerungsprozesse‘ bezeichnet, weil sie den Vorgängen individuell-organischen Erinnerns in vieler Hinsicht strukturell ähneln. Erstens können aus der Fülle des vergangenen Geschehens nur wenige Ereignisse ausgewählt werden. Gedächtnis ist ein Selektionsapparat. Es funktioniert, indem das meiste des potentiell Erinnerbaren vergessen wird [...] Zweitens werden die ausgewählten Elemente verschiedenen Konstruktionsprozessen unterzogen. Dazu gehört die Überführung des Ausgewählten in zeitliche und kausale Zusammenhänge, die eine sinnhafte Deutung des Geschehenen ermöglicht.

Drittens ist von der Gegenwartsbezogenheit jeder Rekonstruktion der Vergangenheit auszugehen. Erinnert wird gemäß den Horizonten, Bedürfnissen und Belangen des Hier und Jetzt. Das Verfassen […] [von Texten] erfolgt daher stets im Zusammenspiel von historischen Quellen mit gegenwärtigem Wissen und Erkenntnisinteressen, mit aktuellen Diskursen über die Vergangenheit“. So angelegte Erzählungen waren zudem „eine ‚­ekphorische Gattung‘ – wenn man einen Begriff der Kognitionspsychologie benutzen will, die mit Blick auf das organische Gedächtnis eine solche Verbindung von Vergangenem und Gegenwärtigem (nämlich Engrammen und Hinweisreizen) zu einem neu entstehenden Ganzen (der individuellen Erinnerung)“ [3] zusammenfügt. Dies zeigt, daß Vergangenheit nicht von sich aus existiert, sondern stets erst mühevoll erzeugt – „gemacht“ – werden mußte, nicht einfach vorhanden ist, sondern gepflegt werden mußte.

Dies gilt auch und insbesondere für die an Vergangenheit reiche soziale Gruppenbildung des Adels, die ihre Distinktion und seine soziale Identität wesentlich über spezielle Strategien der Vergangenheitsbewirtschaftung bezieht. Zu diesen Strategien gehören auch Schrift- und Bildwerke, Dinge und Gebäude. Beispielhaft sei hier genannt „das Schloss Rossewitz. Auf dem 7 km südwestlich von Laage gelegenen Schloss Rossewitz (slav. [isch] Geschichte Nachkommen des Rosa, einer alten Werleschen Veste,) saß 1359 und 1360 Henneke Moltke als fürstlicher Vasall; von 1382 an finden wir dort die Familie Nortmann und seit 1450 die Familie Vieregge. Herzog Heinrich von Mecklenburg belehnt Vicke Vieregge mit dem Schloss Rossewitz am 20. October 1450. Die Vieregges behalten Rossewitz bis über die Mitte des vorigen Jahrhunderts. Der letzte ist der Kammerherr und Hofmeister Victor August von Vieregge, dessen Vermögen 1760 in Verfall geräth. Nach der Auflösung des Konkurses im Jahre 1780 übernimmt die herzogliche Kammer Schloss und Gut.

Der Grossherzog Friedrich Franz I. liebte das Schloss in besonderem Grade und war, wie dies durch Akten vom Jahre 1801 bis 1835 genügend dargethan wird, auf eine gute Erhaltung des Baues unausgesetzt bedacht. Auch 1847 werden noch Mittel dazu bewilligt. Seitdem aber ist in dem größeren Theil des Innern ein Verfall eingetreten, der jeden Besucher zum Bedauern zwingt. [folgt Seite 466] Das jetzt in seinem Erdgeschoss zur Pächterwohnung eingerichtete, im Übrigen leer stehende Schloss zu Rossewitz ist von dem in der Familiengeschichte der Hahn's von Lisch eingehender behandelten Generalmajor Joachim Heinrich Vieregge, welcher mit Anna Margarethe Hahn aus dem Hause Basedow vermählt war, im Jahre 1657 erbaut worden, wie eine in zwei Tafeln von rothem Marmor eingelassene Inschrift oberhalb des Portales in der Mitte der Front des Schlosses bezeugt, welche den Erbauer als Erbherrn von Rossewitz, Subsin, Tolzin, Zapkendorf und Wehnendorf und daneben die Namen seiner Gattin nennt. Dazu kommt das von dem Wahlspruch ‚Semper idem‘ bekrönte und über den Namens-Inschriften angebrachte Allianz-Wappen des Ehepaars mit der Jahreszahl 1657.

Das Ganze stellt sich als ein mit reichlicher Verwendung von Marmor und Sandstein ausgeführter Bau im Geschmack der Spätrenaissance von bedeutender Höhe und Tiefe dar, in dessen Mitte sich ein, freilich nur wenig vorspringender, ungefähr ein Drittel der ganzen Fassadenbreite einnehmender Risalit mit flachem Giebeldreieck bemerkbar macht. Das Fundament besteht aus Granit, das übrige Mauerwerk aber aus Backsteinen. Rothbraunen Marmor finden wir zur Einfassung des Portals und der Fenster des kaum mehr als Mauersteindicke aus der Fronte [sic!] heraustretenden Mittelbaues sowie zu dem das Erdgeschoss vom Hauptgeschoss trennenden stark ausladenden Mittelgesims verwandt, dunkelgrauen Sandstein dagegen sowohl bei den üppigen Fruchtschnüren in den Füllungen unterhalb der drei Fenster des Hauptgeschosses im Mittelbau und der beiden entsprechenden Fenster des Erdgeschosses, als auch oberhalb und seitwärts der gleichfalls mit Fruchtgehängen eingefassten drei sogenannten Ochsenaugen, welche als eine zweite Reihe von Lichtöffnungen oberhalb der drei Fenster des Mittelbaues erscheinen und diesem scheinbar ein drittes Geschoss hinzufügen, thatsächlich aber nur zur weiteren Erleuchtung eines großen Saales dienen, welcher oberhalb des Flures in der Breite dreier Fenster den ganzen Mittelbau von der Vorder- bis zur Hinterseite einnimmt und dabei die Höhe des mittleren und oberen Stockwerks beider Seitentheile des Schlosses hat. Die den Mittelbau von den Seitentheilen abhebenden beiden Pilaster gehen als rusticierte Glieder durch alle drei Geschosse und setzen unterhalb des genannten Mittelgesimses mit einem dorisch-toskanischen Kapitell ab, während sie oben im dritten Geschoss mit einem römischen Kompositkapitell schliessen. Unter dem nur wenig hervortretenden Gesims des mit Pfannen gedeckten Daches läuft eine Konsolenreihe entlang; die zwischen den Konsolen liegenden, jedes Mal einem kleinen Quadrat sehr nahe kommenden rechtwinkligen Flächen sind mit anscheinend aus rothem Sandstein (vielleicht auch aus gebranntem Thon) hergestellten Reliefs gefüllt, welche alles im XVII. Jahrhundert verwandte Kriegsgeräth in reichlicher Fülle vor die Augen stellen: Helme, Panzer, Schilde, Trommeln, Kesselpauken, Musikinstrumente, Reiterpistolen, Kanonen, Mörser, Bomben, Schanzkörbe, Sturmleitern u.[nd] d[er]gl.[eichen] m.[ehr.] Die Mauern der 15 m messenden Fassade sind unten 143 cm, im zweiten Stock 108 cm dick.

Da das Keller- [folgt Seite 167] geschoß in ziemlicher Höhe über den Erdboden hinausragt, so ist dem Portal des Erdgeschosses ein der Höhe des Kellergeschosses entsprechender steinerner Vorbau angefügt, von dessen nach vorne hin durch ein schmiedeeisernes Gitter geschützter Plattform auf jeder Seite eine Treppe herunterführt. Auf der Rückseite des Schlosses führt eine monumental angelegte Brücke mittelst eines Bogens über den hier noch erhaltenen alten Schlossgraben in den Garten hinunter. Der alte Schlossgraben umfasste nicht bloß das Schloss, sondern auch noch einen Theil der Wirthschaftsgebäude, ist jetzt aber größtentheils zugeschüttet.

Ob jenseits des Grabens auch ein Wall aufgeworfen war, ist nicht zu sagen, es scheint nicht der Fall gewesen zu sein. Man spricht von einem aus dem Keller führenden unterirdischen Gange, welcher jetzt zugemauert sei. Die Eingangshalle im Erdgeschoss, von welcher aus, dem Eintretenden gegenüber, drei Arkaden den Zutritt zu den hinteren Räumen des Gebäudes vermitteln, ist ringsum mit einem dorisch-toskanischen, oben von einem Gesims mit Zahnschnitten bekrönten Fries umgeben. Die von Triglyphen eingeschlossenen Zwischenfelder (Metopen) des Frieses sind abwechselnd mit Schilden und bindengeschmückten Schädeln von Opferstieren geschmückt. Als bedeutendster Raum des Schlosses stellt sich der bereits genannte, den Mittelbau in der Höhe von zwei Stockwerken durchziehende Festsaal dar, dessen Wandflächen eine gemalte Säulenarchitectur aufweisen, wie sie im XVII. Jahrhundert in vornehmen Gebäuden beliebt war. Gegenwärtig ist die von einem alten geschickten Architecturmaler ausgeführte Wandmalerei stark im Verwittern begriffen.

In sehr viel grelleren Farben treten dagegen vier große Medaillons mit sog.[enannten] arkadischen Landschaftsbildern hervor, welche sich über den Eingangsthüren befinden, von denen je zwei in den Langwänden des Saales einander gegenüberliegen. Es sind Arbeiten des Malers Fechhelm, welcher zeitweise für den Grossherzog Friedrich Franz I. thätig war. Jetzt stehen alle Räume des Schlosses im Haupt- und Obergeschoss leer.

Überall schreitet der Fuss des Besuchers auf hübsch gemustertem Eichenparquet einher, überall auch findet man gut gearbeitete Thüren von Eichenholz. In den an den Festsaal anstoßenden Zimmern, auch in denen des Erdgeschosses, fallen schön und gediegen in Stuck ausgeführte Plafonds auf, desgleichen auch hübsch gebaute Kamine mit reichem Säulen- und Pilasterschmuck und häufiger Verwendung des römischen Kompositkapitells. In einem der Zimmer steht ein aus Holz geschnitzter ovaler, mit üppigen Blumen- und Fruchtschnüren bedeckter, 32 cm starker Rahmen, welcher ohne Zweifel einst in einen der Plafonds eingesetzt war. Er mißt in der Länge 306, in der Breite 240 cm (jetzt im Schloss zu Schwerin).

Von älterem Mobiliar ist nichts mehr vorhanden. Man erzählt von Gobelins, die nach Schwerin überführt seien. Erhalten sind noch verschiedene alte gußeiserne Ofen- und Kaminplatten mit Reliefbildern und Inschriften wie ‚Variis in motibus eadem‘, ‚Pertinentia et virtute‘, ‚Vivant Friedrich et Louisa 1698‘.

Eine der Platten, welche zur Zeit stark mit Lehm verschmiert [folgt Seite 468] ist, zeigt das Datum 1694, eine andere ist aus derselben Form gegossen, aus welcher eine der Platten des Schweriner Museums stammt, es ist dies die mit der Inschrift ‚Variis in motibus eadem‘. Zu nennen ist auch das schmiedeeiserne Geländer der Haupttreppe mit dem Monogramm des Großherzogs Friedrich Franz I.[.] Im Kellergeschoss steht ein im Geschmack der classicierenden Zopfgothik ausgeführter alter Ofen, welcher dem Ende des vorigen Jahrhunderts angehört […]“ [4]
 
Jenes Bauwerk wurde, zumindest für die Barockbauten, in Mecklenburg ikonisch, das Gedenken an jenes besondere Haus – es gilt als erster Barockbau Mecklenburgs (1680) und niederländischer Prägung [5] –  gehörte aber auch in seinen schriftlichen Wieder-Aufführungen zu jener bei Erll (2022) angerissenen „ekphorischen Gattung“ adeliger Erinnerungsarbeit. In einem neuen familiengeschichtlich orientierten Band wird dieser Umstand besonders deutlich. Vater und Tochter – Konrad v.Viereck und Isabell v.Viereck – schrieben jüngst im Jahre 2022 ein gemeinsames Erinnerungswerk namens „Auf den Spuren einer Adelsfamilie. Wo die Vieregges, Viereggs und Vierecks früher wohnten“.

Die 176 Seiten sind hardcovergebunden, das Buch verfügt über die Außenmaße von 23,5 x 22,5 cm, umfaßt 176 Seiten, wurde überdies mit 164 Abbildungen angereichert, ist über den virtuellen wie stationären Buchhandel vor Ort um den Preis von 32,00 Euro unter der Internationale Standardbuchnummer „978-3-944033-26-6“ erwerbbar. Unter familiengeschichtlichen Aspekten nimmt das Werk sicherlich insofern eine Sonderstellung ein, als hier nicht einfach nur Biographien aufgelistet und aneinandergereiht werden, sondern die erkenntnisleitende Hauptfrage bewegt sich entlang einer imaginär gedachten Linie der Herrensitze als besonderer aristokratischer Bauform. Bei der Auswahl der Gebäude war ausschlaggebend, daß die Familie, aus der die beiden Autor:innen stammten, die entsprechenden Häuser für kürzere oder längere Zeit besessen haben. Dies traf auch auf Rossewitz zu, wie schon dem Text von Schlie (1896) zu entnehmen war; der Herrensitz wird im besprochenen Band auf den Seiten 89-95 besonders ausführlich behandelt, zeitlich den Bereich vom XIV. bis XXI. Jahrhundert abdeckend.

Auf die Länge der Besitzdauer kam es den Verfassenden dabei nicht an, die Häuser wurden daher dem heutigen Familiengedächtnis anverwandelt, selbst wenn sie nur relativ kurz im Besitz der Vierecks und Vieregges gewesen sind. Der Gutsbesitz ist daher der rote Faden der Publikation; daher betonen die Verfassenden auch, daß das Werk wohl in erster Linie unter anderem für den begrenzten Lesendenkreis der Familie und von Freunden von Interesse wäre (Seite 7). Entgegen dieser Aussage wird man aber nicht nur memoriale Inhalte und ein gutes Beispiel für familiäre (und mit Anekdoten angereicherte ekphorische) Adelsgeschichtsschreibung finden können, [6] sondern es sind darin auch neben allgemeinen Daten zu den Gutsgeschichten (die man so oder ähnlich allerdings auch wohl an anderer Stelle finden kann), auch sonst (wahrscheinlich) nicht zu findende Passagen, die allgemeines Interesse erwecken.

Dazu zählen Erinnerungen des Hans Karl v.Viereck über das Gut Dreveskirchen (Seite 50-54), das Gutsinventarverzeichnis von Weitendorf aus dem XVII. Jahrhundert (Seite 70-74), Berichte vom Spartakistenaufstand 1919 (Seite 74-75) und ein Zeitzeugenbericht von 1945 über die Flucht von Dudinghausen nach Schleswig-Holstein (Seite 102-105); dieser Bericht von Thilo v.Thadden stellt zudem einen guten Beitrag zum projektierten „Schicksalsbuch des mecklenburgischen Adels“, in das viele weiteren Fluchtberichte aufgenommen werden sollen, dar. [7]

Die im Buch dokumentierte familiäre und intergenerationelle Reise zu den Herrenhäusern der verstorbenen Vieregges und Vierecks, versehen mit aktuellen Photos, nehmen  nun zwar den Hauptteil des Bandes ein (Seite 34-131), werden jedoch ergänzt um textliche Erläuterungen und Bilder von Patronatskirchen, Gräbern, Epitaphien, Grabsteinen und Leichenpredigten (Seite 132-167), vor allem im mecklenburgischen Recknitzgebiet, aber in Exkursen auch in Hadersleben in Nordschleswig, Rerik in Vorpommern oder Kopenhagen.

Der Band wird daher auch über die Familie hinaus Beachtung beanspruchen dürfen, nicht nur als Exempel eines gelungenen Enrichissements [8] einer mecklenburgischen Adelsfamilie, sondern auch als Reiseführer für „Gutshaustourist:innen“, auch wenn man die meisten Häuser – so auch das eingangs von Schlie (1896) geschilderte Rossewitz – nur von außen besichtigen kann. Als historische Denkmale des Adels in Mecklenburg gehören sie zu jenem eingangs erwähnten Assmannschen kollektiven Gedächtnismedien als Raumaktanten, aus denen nicht zuletzt auch die Gegenwart ihre Identität bezieht. Die Verflochtenheit der verschiedensten Epochen der norddeutschen Adelsgeschichte steht einem unmittelbar vor Augen, wenn man diesen Band liest, der zudem wegen seiner Handlichkeit und den leicht zu lesenden kurzen Texten, mit myrioramatischer aktueller Bebilderung versehen, auch eine gute Reiselektüre ist. Rossewitz spielt darin eine prominente Rolle, nicht nur wegen der längeren Textpassage, sondern auch wegen der vielen Photos und Grundrisse auch historischer Art.   

Diese Rezension stammt von Dr. Dr. Claus Heinrich Bill (erstellt im März 2024).

Annotationen:

1 =  Markus Fauser: Einführung in die Kulturwissenschaft, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2003, Seite 126-128.

2 = Zur Memoria siehe unter anderem weiterführend Gerd Dethlefs: Zur Ahnengalerie der Adelsfamilie von Haren zu Hopen, in: Heimatbund für das Oldenburger Münsterland (Hg.): Jahrbuch für das Oldenburger Münsterland, Band 55 (2006), Vechta 2005, Seite 103-121 (betrifft am Einzelfall den Typus Ahnengalerie als Memoria-Instrument und Zeugnis materielle Adelskultur); Hermann Ehmer: Die Grafen von Wertheim und ihre Memoria, in: Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte, Band 73, Stuttgart 2014, Seite 39-58 (betrifft Erinnerungskultur anhand eines Grafenfamilienbeispiels); Peter Rückert: Adelige Herrschaftsrepräsentation und Memoria im Mittelalter. Einführung, in: Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte, Band 73, Stuttgart 2014, Seite 11-15; Mark Hengerer: Memoria und Niederadel. Notizen zu einem Forschungsdesiderat der Geschichte des deutschen Südwestens in der Frühen Neuzeit, in: Wolfgang Wüst / Andreas Otto Weber / Gisela Drossbach (Hg.): Adelssitze, Adelsherrschaft, Adelsrepräsentation in Altbayern, Franken und Schwaben, Neuburg an der Donau 2012, Seite 241-280; Sascha Winter: Memorialort und Erinnerungslandschaft. Naturbegräbnisse des Adels in der Landgrafschaft Hessen-Kassel im späten 18. Jahrhundert, in: Eckart Conze / Alexander Jendorff / Heide Wunder (Hg.): Adel in Hessen. Herrschaft, Selbstverständnis und Lebensführung vom 15. bis ins 20. Jahrhundert, Marburg 2010, Seite 471-498; Nathalie Kruppa: Kloster, Adel und Memoria an der Oberweser, in: Wiard Hinrichs (Hg.): Stupor saxoniae inferioris. Ernst Schubert zum 60. Geburtstag, Göttingen 2001, Seite 33-50; Karin Wulf: Bible, King, and Common Law. Genealogical Literacies and Family History Practices in British America, in: The McNeil Center for Early American Studies (Hg.): Early American Studies. An Interdisciplinary Journal, Band X, Heft Nr. 3 (Herbst), Philadelphia in Pennsylvania 2012, Seite 467-502 (betrifft Familiengeschichten und Memoria als Strategien zur Aristokratisierung bei amerikanischen Kolonialfamilien).                                                                                                                                    

3 = Astrid Erll: Biographie und Gedächtnis, in: Christian Klein (Hg.): Handbuch Biographie. Methoden, Traditionen, Theorien, Berlin: J. B. Metzler (als Springer-Imprint) 2. Auflage 2022, Seite 117.

4 = Friedrich Schlie: Die Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Grossherzogthums Mecklenburg-Schwerin, im Auftrage des Großherzoglichen Ministeriums des Innern herausgegeben der Commission zur Erhaltung der Denkmäler, Band I, Schwerin in Mecklenburg: Verlag Bärensprung 1896, XVIII und 612 Seiten (hier: Seite 465-468).

5 = Dazu siehe Birthe Möller: Das Herrenhaus Rossewitz in Mecklenburg-Vorpommern. Studien zur Bau- und Ausstattungsgeschichte, Saarbrücken: VDM-Verlag Dr. Müller 2010, 254 Seiten; Susanne Schreiber: Denkmalpflege in den neuen Bundesländern (V). Neue Schlossherren sind nur schwer zu finden. Schlösser und Adelssitze zählen zu den Problemfaellen der Denkmalpflege.  Oft verhindert die Größe der Anlagen eine Nutzung, oder es fehlt das Geld für die Restaurierung. Selbst wenn es einen Käufer gibt, sind nicht alle Schwierigkeiten ausgeräumt, in: Handelsblatt (Düsseldorf), Nr. 184 vom 22. September 1995, Seite 12.

6 = Zu den Anekdoten siehe beispielhaft Seite 93-94 und 108-109; ferner zur Bedeutung und dem Stellenwert von Anekdoten in der Adelserinnerungspolitik Slabáková, Radmila Švarícková: Moral heroes or suffering persons? Ancestors in family intergenerational stories and the intersection of family and national memories, in: Journal of Family History, Band XLIV, Thousand Oaks in Californien 2019, Heft Nr. 4, Seite 431-448 (betrifft die Art der Erinnerungsbildung in „alten“ Familien und daher verschiedene Wahrnehmungen der Vorfahren; enthält die These, daß familiäre Memoria auf zwei Weisen konstruiert werde, nämlich a) anekdotenhaft über amüsante Lebenssituationen der Ahnen, aber auch b) heroisch über die Erzählung von Ahnenhelden, die gegen Bedrohungen aus der Außenwelt bestanden hätten; stellt eine Theorie mit Bedeutung auch für die Erinnerungspolitiken von Adelsfamilien dar).

7 = Adäquat zu Agnes von Kopp-Colomb / Henning von Kopp-Colomb (Hg.): Schicksalsbuch des sächsisch-thüringischen Adels, begründet von Adam von Watzdorf, Limburg an der Lahn: Verlag C. A Starke 2. Auflage 2005, 680 Seiten (Band V der Neuen Folge der Schriftenreihe „Aus dem Deutschen Adelsarchiv“). Siehe dazu auch Claus Heinrich Bill: Schicksalsbuch des mecklenburgischen Adels, in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang XXXVII, Kirchbrak 1998, Seite 215. Von anderer Seite wurde indes rein zufällig in die Vorbereitungen zur Publikation hinein eine Art von „Schicksalsbuch“ (mit Fluchtberichten allerdings nicht nur von adeligen, sondern auch von nichtadeligen Gutsbesitzenden) veröffentlicht durch Mario Niemann (Hg.): Mecklenburgische Gutsherren im 20. Jahrhundert. Erinnerungen und Biographien, Rostock: Verlag Ingo Koch 2000, 724 Seiten (Zweitauflage ibidem 2002). Herr Wilhelm-Thedwig v.Oertzen aus Hamburg wies den Rezensenten zudem freundlicherweise darauf hin, daß weitere Erlebnis- und Fluchtberichte von adeligen und nichtadeligen Gutsbesitzenden auch schon früher, bereits im XX. Jahrhundert, publiziert wurden bei Joachim Schultz-Naumann: Mecklenburg 1945, München: Universitas Verlag 1989, 362 Seiten.

8 = Dazu siehe Luc Boltanski / Arnaud Esquerre: Enrichissement. Une critique de la marchandise, Paris: Verlag Gallimard 2017, 663 Seiten.


©  Institut Deutsche Adelsforschung - Quellenvermittlung für Wissenschaft, Familienforschung, Ahnenforschung | Seitenanfang