Institut Deutsche Adelsforschung
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Un/Sichtbarkeiten in kulturwissenschaftlicher Perspektive

Annotationen mit besonderem Bezug auf die neuere Adelsforschung

Das Sichtbare an sich ist oft das Selbstverständliche, das Unhinterfragte, das scheinbar stets Da-Seiende, welches keiner Begründung oder Beschreibung, geschweige denn einer Erklärung bedarf. Erst das Unsichtbare fordert die Frage nach der Sichtbarkeit heraus, zeigt, daß Dinge un/sichtbar sein können. Diese grundlegende Dichotomie, ebenso aber auch in der Konstruktion „un/sichtbar“ nicht enthaltene Zwischenstufen wie das Nebulöse oder das Verschwommene (z.B. der literarische Topos des „Gespenstes“, das in alten Schlössern oder Burgen „spukt“), ist als soziale Praxis unter kulturwissenschaftlichen Gesichtspunkten seit dem „cultural turn“ zu Ende des verflossenen Jahrhunderts vermehrt in den Blick geraten. Zu diesem Blick zählt indes nicht nur der Zustand des Sichtbarseins und der des Unsichtbarseins, sondern auch – in konstruktivistischer Manier – die Prozesse, mit denen etwas visibilisiert oder devisibilisiert werden kann. 

Und diese Prozesse beschränken sich auch durchaus nicht auf Dinge, d.h. auf Artefakte, sondern auch auf Soziofakte (Lebewesen, d.h. Menschen, Pflanzen, Tiere) oder Mentefakte (Informationen). Es bietet sich mit den „visible studies“ also ein breites Betätigungsfeld und die Möglichkeit, mit neuen Methoden und Sichtweisen auf alte Phänomene zu blicken. Ebendies demonstriert nun auch ein Sammelband mit dem Titel „Hüllen und Enthüllungen“. [1] Gemäß der hier gemachten Vorrede überrascht der breite Zugriff dessen, was alles unter diesen Visibilitätsbezügen behandelt wird, nicht. 

Doch fällt wohltuend auf, welche Themen hier gewählt werden können. Elf Aufsätze finden sich in dem Band des vor allem ethnologisch orientierten Reimerverlags, die von Phänomenen alter und neuer Un-/Sichtbarkeiten berichten. Dazu gehören Aufsätze zur Maske, zur Hüllenrhetorik weiblicher Heiliger in mittelalterlichen Altären, den verhüllten Reichstag, verhüllte Gebäude, Schlüsselszenen an den Schließen mittelalterlicher Minnekästchen, aber auch eine Studie über die in der Kunst durchgeführte Entblößung von Körperstellen, die sonst im sozialen Umgang eher verschlossen sind. 

In jedem Fall scheint den Prozessen des (Ver-) Hüllens allgemein ein eigenartiges Moment der Spannung innezuwohnen. Dies betrifft vor allem das Bewußtsein, bei einer Entität hätte man es mit etwas Verhülltem zu tun, das nun enthüllt werde. Diese Spannung erzeugt eine gewisse Faszination, die auch dem menschlichen Forscher*innendrang in der Wissenschaft eigen ist. Etwas, das bisher ungewiß (als Wissen nicht sichtbar) ist, soll gewiß (als Wissen sichtbar, ausgesprochen und bezeichnet) werden, wobei häufig genug der Weg und nicht das Ziel das Ziel zu sein scheint. Dies wird auch deutlich bei einem weiteren Aufsatz in dem Sammelband; er handelt von der boomenden und fest etablierten Kategorie der „Unboxing Videos“ auf größeren Videoportalen im Internet. Hinzu treten in dieser Kategorie ferner die im Band nur leicht thematisch angeschnittenen Kosmetik- und Mode-Beutezüge der „Hauls“ (Produkte werden im Kapitalismus „erlegt“, „heimgeführt“ und durch „Tests“, d.h. die Herstellung einer persönlichen Beziehung zu einem bisher massenhaften und unpersönlichen Produkt, angeeignet sowie gefilmt und in der virtuellen Öffentlichkeit mit der Hoffnung auf Erlangung von positiver Aufmerksamkeit verbreitet). 

Hüllen und Verhüllen sind demnach Vorgänge, die in jeder Epoche zu beobachten sind und lediglich ihre Form wechseln, während der Prozess an sich und alle „angelagerten“ sozialen Praktiken sich gleichen. Somit bietet der Band vielfältige Ansätze für ein neues Bewußtsein an alltäglichen und omnipräsent auftretenden Phänomenen, denen man ihre zahlreichen (De-)Visibilisierungen nicht unbedingt ansieht. Denn solche Entitäten wie Kleidung, die bestimmte Körperpartien in der Öffentlichkeit bewußt verhüllt oder enthüllt hatten, gehörten ebenso dazu wie das Unsichtbarmachen von Leichen auf Friedhöfen und deren stellvertretende Sichtbarkeit mit in Stein gemeißelten Namen oder die mit Handlungsaufforderungen versehenen (De-)Visibilisierungen von Lichtern an Verkehrsampeln oder in der Architektur. Leider ist die Einführung des Bandes sehr kurz geraten, bietet dementsprechend keine Theorie der (Un-)Sichtbarkeiten an, sondern lediglich eine knappe Zusammenfassung der im Band vorkommenden Beiträge. Gleichwohl sind dort erste Ansätze vorhanden, die etliche Anregungen zur Weiterforschung bieten.

Für die Adelsforschung besonders interessant ist ein Aufsatz mit dem Titel „Verborgenes enthüllen – Anmerkungen zum (Un-)Sichtbarmachen in der Hochstapelei“. Hierbei sucht die Autorin einen Soziotyp zu beschreiben und dessen wichtigste Merkmale zu definieren. Dabei geht sie von der Theorie der „kulturellen Figur“ und der „Sozialfigur“ aus und versteht das (Ver-)Hüllen als für „Hochstapelnde“ konstitutiv. So banal diese Feststellung zunächst klingen mag – Personen, von denen bekannt ist, daß sie lediglich temporär eine höhere soziale Stellung bekleiden, müssen notgedrungen zwei Identitäten haben – so beschäftigt sich der Aufsatz im Verlauf der Ausführungen doch mit den Prozessen des Enthüllens, z.B. der kriminologischen Theorie des sogenannten „kriminellen Gesichtes“, also einer anthropologisch durch körperliche Äußerlichkeiten erkennbaren inneren Eigenschaft oder Gesinnung. Zur Geschichte der Enthüllungen von zeitweise Autoritäten oder Berühmtheiten darstellenden Personen werden aber auch Formen der Sichtbarwerdung und „Enttarnung“ betrachtet, die Einordnung solcher Personen als „Volkshelden“, weil sie – so sehen es auch einige der Betroffenen in der Selbstsicht – der Gesellschaft oder bestimmten Berufs- oder Bevölkerungsgruppen einen Spiegel ihrer angeblichen Dummheit, Oberflächlichkleit und Autoritätsgläubigkeit vorhalten. So besehen können sich diese Personen auch mit dem „Robin Hood“-Etikett versehen oder von Außenstehenden damit versehen werden. 

Demnach würde es sich nicht um Kriminalität handeln, sondern um aufklärerische Volksarbeit; obschon dem oft genug materieller oder immaterieller Schaden entgegensteht. Somit bietet der Aufsatz, der bewußt auf empirische Studien verzichtet und „lediglich“ eine Diskursgeschichte sein will, wichtige Anregungen zur Forschung. Er ist zudem Prologomenon für eine derzeit an der Universität Hamburg in Arbeit befindliche Dissertation zum gleichen Thema, so daß man auf entsprechende Details dazu noch bemerkenswerte Erkenntnisse wird erwarten können. [2] Bemerkenswert ist z.B. schon jetzt die Perspektive der Verfasserin. So versteht sie beispielsweise die „vorgespielte“ Zweitidentität der Personen als „Unischtbarmachen“, während sie die Sichtbarmachung mit der Aufdeckung der „wahren“ Identität identifiziert. Andere Ansätze aus der Adelsforschung dagegen betrachten die temporär angenommene Adelsidentität umgedreht als „Sichtbarmachen“. [3]

Eher als Manko zu verstehen sind in dem herangezogenen Aufsatz zwei Momente. Erstens hält die Verfasserin bedauerlicherweise durchgehend an der pejorativen Bezeichnung „Hochstapler“ fest und etikettiert sie damit in bestimmter wertender Weise. Zweitens benützt sie als Quellen lediglich Angaben über Männer, vor allem „berühmte“ Männer, während andersgeschlechtliche Personen bei ihr außen vor bleiben (in ihrer Sprache wären dies „Hochstaplerinnen“). Dieses Außenvorbleiben begründet die Verfasserin damit, daß sie in dem von ihr untersuchten Quellenmaterial keine Frauen gefunden habe. Dies ist als Argument indes nicht überzeugend, weil nicht heuristisch offen genug gesucht wurde. Wer schon von Vornherein auf die Erfassung von Frauen verzichtet, muß sich nicht wundern, wenn dann im ermittelten Material keine Frauen vorkommen. [4] Ein anderer bemerkenswerter Punkt ist der bewußt proklamierte Verzicht auf empirische Forschungen. [5]

Hier wird man kritisch einwerfen dürfen, daß auch empirische Erkenntnisse für die Bildung eines Soziotyps verantwortlich gemacht werden können, daß mithin die isolierte Betrachtung nur der Diskurse ohne die Praktiken einseitig bleiben dürfte. [6] Man wird sich hier als Modell unter anderem den „Zirkel der Kultur“ vorstellen dürfen, der aus den sich wechselseitig beeinflussenden Faktoren von Produktion, Repräsentation, Konsumption, Regulierung und Identität besteht. [7] Man kann dies an einem praktischen historischen Beispiel eines Similimenschen eruieren. So publizierte ein ostelbisches Fahndungsblatt im Jahre 1880 „nachstehendes Ausschreiben: Vermutlich Hochstapler, 25-30 Jahre alt, mittelgroß, ziemlich schmächtig, mit braunem Haar und Schnurrbart, trägt goldene Brille, Cylinderhut, Ueberzieher, schwarzen Gehrock, auf letzterem 2 vermutlich Oesterreichische Ordenskreuze befestigt, tritt gewandt und reserviert auf, giebt Visitenkarte `Karl Ritter Heller von Hellenborn, Dr. jur u. phil.´ ab, legitimiert sich durch anscheinend echte Zeugnisse der Prager Universität – ist aber, wie festgestellt worden ist, dort unbekannt – hat unter der Vorstellung, sich auf der Heimreise von Ostende nach Oesterreich zu befinden und mittellos zu sein, bei dem hiesigen jüdischen Hilfsverein als angeblicher Glaubensgenosse um eine schriftliche Empfehlung behufs Einsammlung von Unterstützungen bei hiesigen Juden nachgesucht, hat aber eine solche, weil der Vorstand des [...] Vereins in seine Angaben Mißtrauen gesetzt hat, nicht erhalten und soll am 31. v. Mts. nach Darmstadt abgereist sein. Weil die beschriebene Persönlichkeit zweifellos ein gemeingefährliches Individuum ist, welches auch in anderen Städten gleichartige oder ähnliche Versuche anstellen wird, um sich in den Besitz von Geldmitteln zu setzen, wird Fahndung auf dieselbe anheimgegeben. Frankfurt a. M., d. 3. November 1890. Königliches Polizei-Präsidium.“ [8]

Obschon hier nicht eindeutig geklärt werden konnte, wer die adelsvisibilisierende Person war, lassen sich an diesem alltäglichen Fall doch gut die Kategorien von Produktion, Repräsentation, Konsumption, Regulierung und Identität ablesen. Denn eine Produktion von Adeligkeit fand seitens des Similimenschen durch die Präsentation und Performanz des Sprechaktes (Name) sowie der Visitenkarten und Orden statt. Dadurch repräsentierte er den Soziotyp des im Staatsdienst stehenden Adeligen, auch wenn das Bekenntnis zum Judentum für einen Adeligen dieser Zeit eher ungewöhnlich war. Daß die Adeligkeits-Visibilisierung in ihrer Konsumption durch soziale Umwelten und Behörden nicht ganz verworfen wurde, läßt sich an der polizeilichen Formulierung „Vermutlich Hochstapler“ ablesen. Hier knüpfte die Polizei (sehr wahrscheinlich) an empirische Befunde aus ihrer Praxis an, da sie Personen kannte, die unter Zweitidentitäten Geldvorteile durch Betrug erschwindelt hatten. Die Erkundigungen bei der Universität sprachen zwar gegen den Gehrockträger, sein aristorkatisches Air und Auftreten vor Ort immerhin aber dafür, daß es sich um einen weithin anerkannten Adeligen gehandelt haben könnte. Um die Regulierung war die Polizei sichtlich mit diesem Ansuchen bemüht, weil sie die Identität des vorgeblich doppelt promovierten „Ritters“ feststellen wollte. Denn die hier noch schwebende Uneindeutigkeit der sozialen Rollendiversität und die schwelende (Un-)sichtbarkeit sollte zugunsten einer einzuordnenden Persönlichkeitskennzeichnung beendet werden.

Insgesamt kann dem Sammelband ein innovativer Ansatz aus der Perspektive der Kulturanthropologie und europäischen Enthologie bescheinigt werden, der allgemein etliche neue und auch überraschende Facetten von historischen De/Visibilisierungen anbietet, insbesondere auch für die Adelsforschung und das neue Konzept „Un/doing nobility“, welches auf die sozialen De/Konstruktionen von Adel abhebt, von einiger Bedeutung sein dürfte.

Diese Rezension stammt von Dr. Claus Heinrich Bill, M.A., B.A., und erscheint ebenso gedruckt in der Zeitschrift für deutsche Adelsforschung.

Annotationen: 

  • [1] = Inga Klein / Nadine Mai / Rostislav Tumanov (Hg.): Hüllen und Enthüllungen – (Un-)Sichtbarkeit aus kulturwissenschaftlicher Perspektive (Band X der Schriftenreihe der Isa Lohmann-Siems Stiftung), 272 Seiten mit neun Farb- und 64 schwarzweiße Abbildungen, Maße: 17 x 24 cm, Hardcoverbindung, ISBN 978-3-496-01574-1, Preis: 29,90 Euro, erschienen im Reimerverlag, Berlin 2017.
  • [2] = Der Arbeitstitel der 2018 am Institut für Volkskunde und Kulturanthropologie der Universität Hamburg von Prof. Dr. Sabine Kienitz betreuten und in Entstehung begriffenen Dissertation von Inga Klein M.A. lautete „Hochstapelei als kulturelle Figuration.“ Hierzu hieß es: „Das Dissertationsprojekt beschäftigt sich mit Phänomenen des Täuschens und der Täuschung. Im Mittelpunkt steht die Figuration der Hochstapelei, zum einen als konkretes historisches Arrangement von Akteuren, Praktiken und Prozessen, zum anderen mit ihren diskursiven Regelmäßigkeiten. Dabei verfolge ich Fragen nach Bedeutungskonstruktionen und Aushandlungsprozessen, die solche Beziehungsgeflechte herstellen, begleiten und einordnen. Wann, wofür und von wem wird die Bezeichnung „Hochstapelei“ eingesetzt, welche Konsequenzen ergeben sich daraus? Wo werden Verschiebungen, Grenzen und Brüche sichtbar? Wie unterscheiden sich die gesellschaftlichen Interpretationsmuster verschiedener Epochen, wie verändert sich die Perspektive auf Hochstapler? Wie verknüpfen diese Muster das Hochstapeln, Bluffen und Blenden mit soziokulturellen Entwicklungen oder Erkenntnissen der Evolutionsbiologie? Die Forschung konzentriert sich auf die Beziehungen der diskursiven und praxeologischen Ebenen des Täuschens zu- und aufeinander. Anhand von unterschiedlichen Quellen – u.a. Medienberichte, populärwissenschaftliche Sachbücher, Autobiografien, künstlerische Umsetzungen mit Schwerpunkt im 20. Jahrhundert – wird nach (historisch spezifischen) Deutungsmustern und ihren Aktualisierungen, implizit thematisierten Werten und Konzepten wie Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit, Glaubwürdigkeit, Authentizität, Echtheit, aber auch nach Hochstapeln als sozialer und kultureller Praxis gefragt. Damit rücken insbesondere die Verflechtungen zwischen Diskursen, Praktiken und Akteuren, zwischen Macht, Performativität und Wissen in den Mittelpunkt.“ Zitiert nach der Webseite „https://www.kultur.uni-hamburg.de/vk/personen/klein.html“ gemäß dem Abruf und Stand vom 15. Dezember 2018.
  • [3] = Siehe dazu Claus Heinrich Bill: Adel als Meister der Sichtbarkeit? Prolegomenon zu einer differenzierten Theorie der Adelsvisibilität (1/2), in: Institut Deutsche Adelsforschung (Hg.): Zeitschrift für deutsche Adelsforschung, Jahrgang XX., Folge Nr. 95, Sønderborg på øen Als 2017, Seite 10-52, sowie bidem (2/2), in: Institut Deutsche Adelsforschung (Hg.): Zeitschrift für deutsche Adelsforschung, Jahrgang XX., Folge Nr. 96, Sønderborg på øen Als 2017, Seite 2-40.
  • [4] = Darüber hinaus ist die Aussage der Verfasserin, in dem von ihr untersuchten Material würden keine Frauen erwähnt werden, irrig. So existiert bei dem von ihr konsultierten Werk des Erich Wulffen (Die Psychologie des Hochstaplers, Leipzig 1923, 90 Seiten) ein eigenes Kapitel über „Die Hochstaplerin“, in dem sowohl einzelne herausragende Fälle als auch von Wulffen so etikettierte Typen – z.B. „Die erotische Hochstaplerin“ oder „Die psychopathische (hysterische) Hochstaplerin“ – beschrieben werden.
  • [5] = Sicherlich wird zugegeben werden müssen, daß einige der von der Verfasserin genutzte Literatur (z.B. Wulffen) aus empirisch zusammengetragenen kriminologischen Studien stammte.
  • [6] = Überhaupt krankt die bisherige Forschung zu Similimenschen häufig daran, daß dort ausschließlich berühmt gewordene und keine alltäglichen Fälle herangezogen werden. Beispielhaft dafür zu nennen wäre nicht nur der schon erwähnte Wulffen, sondern auch aus neuerer Zeit Stephan Porombka (Felix Krulls Erben – Die Geschichte der Hochstapelei im 20. Jahrhundert, Berlin 2001, 208 Seiten). Hier wird die Empirie auf die Spitze des Eisberges gerichtet und daraus leitet man dann allgemeine Erkenntnisse ab, die mangels Basis der Fälle bisweilen recht unsicher wirken. Dieser Befund ist jedoch insofern erklärlich und verständlich, als die alltäglichen Fälle in den Medien nicht sichtbar sind, sondern aus „versteckten“ Quellen erst zeitaufwändig und daher mühsam „sichtbar“ gemacht werden müssen, z.B. aus Datenbanken im Invisible-Web, die nicht durch allgemeine Suchmaschinen erschlossen worden sind, gleichwohl aber öffentlich zugänglich sind. Dazu zählen beispielsweise Online-Findbücher von Archiven als Wegweiser zu deren Akten ebenso wie Portale für digitalisierte Preß-Erzeugnisse. So findet sich beispielsweise im gemeinsamen Online-Findmittel der baden-württembergischen Staatsarchive unter der Adresse „https://www.landesarchiv-bw.de/web/46734“ gemäß Abruf vom 14. Feber 2018) der folgende Nachweis einer Akte im Staatsarchiv Ludwigsburg, Bestand Ellwangen, Regierung, Gerichts- und Regierungssachen (1384-1802), Unterbestand Postakten, Akte mit der Signatur B 404 Bü 175: „Der auf der Post fahrende Hochstapler mit falschem Paß Jos. Ignaz von Deißler, 1760“. Ausnahmen von dieser Quellenscheu alltäglicher Fälle wurde bislang allein von Kriminologen und Psychologen überwunden, die jedoch (im Gegensatz zur historischen Adelsforschung) vor allem gegenwartsorientiert arbeiten. Siehe dazu exemplarisch Manfred F. R. Kets de Vries: Führer, Narren und Hochstapler – Essays über die Psychologie der Führung, Stuttgart 1998 (Psychologie) oder Christian Thiel: Die Praxis der Täuschung – Ein analytisches Modell von Betrugsmaschen, in: Frank Neubacher / Nicole Bögelein (Hg.): Krise – Kriminalität– Kriminologie, Mönchengladbach 2016, Seite 417-428 (Kriminologie). Auch die Heimatliteratur überschreitet die Schwelle bisweilen mit alltäglichen Einzelfällen. Siehe dazu z.B. Rüdiger Stenzel: Ein Hochstapler der Barockzeit – Vom Ettlinger Spitalschaffner zum Edelmann, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, Band 142, Stuttgart 1994, Seite 423-429.
  • [7] = Jürgen Kramer: Kulturwissenschaft. Anglistik und Amerikanistik, in: Klaus Sierstorfer / Laurenz Volkmann (Hg.): Kulturwissenschaft interdisziplinär, Tübingen 2005, Seite 185-187.
  • [8] = Polizei- und Gerichts-Anzeiger für Königsberg und die Provinz Ostpreußen (Königsberg in Preußen), Ausgabe Nr. 261 vom 7. November 1890, Seite 1-2. 
 

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