Die ökonomische Theorie Thorstein Veblens
Vorstellung seiner Lehre der Institutionen in Bezug auf die Adelsforschung
In dem folgenden Aufsatz wird die Lehre Thorstein Veblens vorgestellt.
Nach einer Einleitung mit Grundaussagen und Charaktermerkmalen seines soziologischen
Modells (Kapitel I.) werden Anwendungsbereiche anhand praktischer historischer
Beispiele aus dem europäischen Adel (Kapitel II.) erläutert,
bevor eine Kritik seiner Lehre erfolgt (Kapitel III.). Beendet wird dieser
Aufsatz mit einem Stichwortregister zum Originalwerk (Kapitel IV.) und
den aus Fußnoten bestehenden Annotationen (Abschnitt V.).
I. Grundaussagen der Veblenschen Lehre
Thorstein Veblen war eine amerikanischer Sozialphilosoph, der unter
anderem die soziale Funktion von Prestige bei Oberschichten in modernen
Gesellschaften untersuchte. Seine gesellschaftskritische »Theorie
der feinen Leute« [1] war eine Lehre der Betrachtung sozialer Oberschichten
im Lichte und vom Standpunkt der ökonomischen Theorie aus besehen
und das einzige seiner zahlreichen Werke, welches in die deutsche Sprache
übersetzt worden ist.
Obzwar Veblen sein Werk bereits 1899 verfaßte und darin hauptsächlich
die amerikanische »Geldaristokratie« seiner Zeit beschrieb,
lassen sich die Erkenntnisse Veblens auch ebenso gut auf die Geschichte
der europäischen Geblütsaristokratie übertragen. Hier lohnt
es sich insbesondere in Bezug auf die Adelsforschung, einmal die genauen
Definitionen seiner bereits über ein Jahrhundert alten soziologischen
Lehre kurz zusammenfassend abzubilden. Diese Lehre macht es möglich,
wie ein Ethnologe eine fremde Kultur zu erforschen, indem man sein Modell
für die Adelsforschung fruchtbar macht und vereinzelt, wenn auch noch
viel zu selten, ist dies auch schon bereits geschehen. [2]
Veblens Theorie, die bereits im Jahre 1850 in ähnlicher Weise
von Karl Knies [3] und 1893 von Eduard v.Hartmann [4] in ihren Grundzügen
entwickelt worden ist, besteht aus seinen Beobachtungen der Verbindung
zwischen Güterkonsumption und gesellschaftlichem Wohlstand. Demnach
bewegten sich ökonomische Prozesse (wie Produktion, Distribution,
Konsumption) immer nur im Zusammenhang mit der Existenz von gesellschaftlichen
Institutionen (Stände, Klassen, Schichten, Gruppen) und ihren ideellen
Normen (Glaubenseinstellungen, Kanonfestlegungen, gruppen- und geschlechterspezifischen
Verhaltensweisen).
Alle drei Faktoren wären dabei unabdingbar voneinander abhängig:
1.) Die Zugehörigkeit zu einem Stand bedinge den Konsum spezieller
Produkte und zog bestimmte Normen nach sich. 2.) Die Konsumption bestimmter
Normen zog den Verbrauch gewisser Produkte nach sich und würde dadurch
das Hineinwachsen in einen bestimmten Stand befördern. 3.) Die Konsumption
bestimmter Produkte zog die Bevorzugung spezieller Normen nach sich und
würde dadurch das Hineinwachsen in einen bestimmten Stand ebenfalls
fördern. Die Änderung einer der drei Faktoren bedinge dabei auch
die Modifikation der anderen Faktoren.
Veblen unterteilte in seiner Theorie, die als »eine Soziologie
des Prestiges« und »klassisches Werk der Gesellschaftskritik«
gelten kann, die modernen Gesellschaften in zwei Klassen. Zu diesen beiden
Klassen zählte er die arbeitenden, werkinstinktgesteuerten, »produktiven
Arbeiter« und die müßigen, ehrinstinktgesteuerten »unproduktiven
Arbeiter«. Die Ersteren würden häufig quer durch die nationalen
und kontinentalen Gesellschaften als »Arbeiter«, »Handwerker«
oder »Gewerbetreibende«, die Letzteren meist als »Adel«,
»Kriegertum« oder »Priesterschaft« bezeichnet.
Deren Hauptaufgabe sei hier der unmittelbare Einsatz von Arbeit zur Produktion
von Gütern und dort der Einsatz des Geldes zum »verschwenderischen
Konsum«. Die Produktivgruppe verdiene mit ihrer Arbeit Geld zum Leben,
die Unproduktivgruppe gäbe Geld aus, um Verschwendung und Müßiggang
demonstrativ zur Schau zu stellen. Diese Zweiteilung der modernen Gesellschaft
sei dabei eine Folge des Kapitalismus, in dem das Streben der Individuen
nach Geld jene beiden Gruppen hervorgebracht habe, so Veblen. [5]
Veblen analysierte in seinem Werk nun fast ausschließlich
die Unproduktivgruppe oder Oberschicht, so daß es sich hier um eine
soziologisch-ökonomische Untersuchung handelt, die mit Gewinn auch
auf den deutschen Adel anwendbar ist; diese Oberschicht nannte Veblen meistens
»müßige Klasse«.
Demnach war dieser Stand stets mit allen Kräften und viel Phantasie
darum bemüht, Tätigkeiten zu vermeiden, die eine zu starke soziale
Angleichung an die Tätigkeiten der produktiven Masse der Bevölkerung
ergaben. Im Gegenteil wurde mithilfe der Schaffung und Erhaltung des Privateigentums
viel Aufwand betrieben, um in bemerkenswerten Formen und auf sehr vielen
Gebieten immer wieder soziale Abgrenzungen zu demonstrieren und zu praktizieren
. Es ging darum, Prestige durch Konsum zu erschaffen sowie Geltungs- und
Statuskonsum (»conspicuous consumption«) zu betreiben. Der
Oberschichtler besah sich die Möglichkeiten und Formen materieller
und ideeller Kultur, stellte einen »neidvollen Vergleich« zu
anderen Individuen oder Gruppen an und handelte entsprechend, um sich selbst
verorten und absetzen zu können. Der Oberschichtler hielt dadurch
Aspekte, die »mit dem täglichen Leben vertraut« waren,
für »ehrlos« und »unrein« und Aspekte, die
sich Idealen im weitesten Sinne widmeten, für »ehrenvoll«
und »rein«. [6] Weiter ausgeführt könnte man dies
wie folgt sehen.
Tabelle 1: Schichtspezifische Kulturideale (stark vereinfacht
dargestellt)
Gruppenart |
Gruppe A |
Gruppe B |
Bezeichnungen |
Arbeiter, Personal, Dienerschaft |
Adel, Priestertum, Politiker |
Quantität |
Majorität des Volkes (70-99 %) |
Minorität des Volkes (1-29 %) |
Dominante Instinktform |
Werkinstinkt |
Ehrinstinkt |
Arbeitsform |
produktiv (Ideal der Arbeitstat) |
unproduktiv (Ideal der Heldentat) |
Primarziel |
Herstellung von Produkten
durch Werkinstinkt, der nach zweckvollem Handeln strebt |
Herstellung von Repräsentation durch Ehrinstinkt, der nach
umfassender Sinnlosigkeit strebt |
Sekundarziel |
Erlangung des Lebensunterhaltes |
Erhaltung des Lebensstandards |
Streben nach |
Versorgung & Tagesbedarf |
Erlangung von Reputation & Prestige |
Ökonomie |
Sorgen des Existenzminimums |
Sorgen des Existenzmaximums |
Bedürfnisse (nach Maslow) |
Grundbedürfnisse |
Erweiterte Bedürfnisse |
Mittel |
körperlicher Einsatz,
demonstrative Beschäftigung,
Empfindung von Zeitmangel (Streß). |
geistiger Einsatz,
demonstrativer Müßiggang, Verschwendung von Zeit. |
Erziehung |
Arbeitssamkeit, Fleiß, Unterordnung, Folgsamkeit, Herstellung
integrierbarer und funktionierender Individuen in den Arbeitsprozeß,
friedliche Gemütsart |
kriegerisch, räuberisch, auf Ausbeutung bedacht, friedensstörend,
Unterstützung und Heranbildung roher Gewohnheiten als Alltagserfahrung |
Arbeitsverständnis |
Gebot produktiver Arbeit |
Verbot produktiver Arbeit |
Berufe |
Handwerk, Gewerbe, Arbeit, Dienstleistungen, an Vorgesetzte weisungsgebunden
sein, untergeben und ausführend sein. |
Jagen (Töten), Regieren, Kriegführen
(Offiziercorps), Gelehrsamkeit, Politik, Wissenschaft, Hofämter, vorgesetzt
sein. |
Gefahren |
Überarbeitung und Burnout |
Langweile und Unausgefülltheit |
Freizeit |
Erholung, Sport zum Ausgleich, Reproduktion körperlicher Kraft,
Dichotomie Arbeit & Freizeit |
wettbewerblich ausgerichteter Sport, Manieren, Zeremoniell, Etikette,
Einheit von Arbeit & Freizeit |
Arbeitsgegenstand |
Verwertung nichthumanen Materials |
Ausbeutung anderer Menschen |
Interessen |
Sekundar- und Tertialkultur |
Primarkultur |
Attribute |
fleißig, dienstbar, unscheinbar |
vornehm, müßig, verschwenderisch |
Gewaltverständnis |
Töten gilt als verpönt (wird bestraft) |
Töten gilt als ehrenvoll (wird belohnt) |
Eigentum |
besitzen wenig Eigentum, benutzen fremdes Eigentum (»Mieter«) |
besitzen viel Eigentum, lassen es von Fremden benutzen (»Vermieter«) |
Veblen war außerdem der Auffassung, daß die außergewöhnliche
Stellung der »müßigen Klasse«, des Adels oder der
Oberschicht in der Gesellschaft davon abhängig war, wie sehr diese
ihre pekuniären Talente einzusetzen vermochte. Der überaus gern
vom Adel gepflegte Antikapitalismus und das stets hochnäsig verunglimpfte
Verdienstdenken war damit eigentlich eine Voraussetzung für den Erhalt
der »müßigen Klasse« und nicht etwa ein Gegenpol.
[7]
Die Oberschicht sei, so Veblen, weiterhin darum bemüht, sich
durch alle verfügbaren Mittel sozial von den großen Mittel-
und Unterschichten der Bevölkerung eines Sozialwesens abzugrenzen.
Dies würde mit den Mitteln des demonstrativen Müßiggangs
bewerkstelligt, für den viel Geld ausgegeben werde. Das sei ein Verhalten
archaischer und barbarischer Kultur. Zu deren Merkmalen zähle vor
allem »der Kampf« als grundlegender Lebensinhalt, eine Form
rücksichtslosen und letztlich egoistischen Wettbewerbs, wie er nicht
nur im Krieg, in der Jagd (als Ausfluß »abenteuerlicher Heldentaten
und dem Willen anderen Schaden zuzufügen«, »systematischer
Schlächterei« und »Zustand chronischer Verwüstung«)
oder im Duell, in der studentischen Mensur, sondern auch in vielen Sportarten
sichtbar werde.
II. Anwendungsbereiche in Beispielen
Beispiele, in denen Veblens ökonomische Theorie zum Tragen
und sichtbar wird, gibt es im Adel zahlreich, der sich besonders eignet
dafür, die Theorie der »müßigen Klasse« zu
beobachten. So berichtete Hermann v.Boyen (1771-1848) über seine jugendlichen
Besuche im ostpreußischen Landadel um das Jahr 1790: "Der Landadel
jener Zeit lebte übrigens damals im allgemeinen sehr einfach, aber
recht gastfrei. Für bessere Erziehung seiner Kinder zeigte sich hin
und wieder ein rühmliches Streben, doch kann man nicht behaupten,
daß die gnädigen Fräuleins und Herren Junker von den gewöhnlich
etwas unerfahrenen Hauslehrern beim Lernen zu sehr angestrengt wurden;
darüber wachte die adelige Zärtlichkeit der Mutter." [8] Damit
lieferte Boyen einen Nachweis für Veblens Theorie, da sich der hier
von dem späteren Generalfeldmarschall beobachtete Adel mit nutzvollem
praktischem Wissen nicht sonderlich umgab und andere Wissensgebiete wichtiger
erschienen.
Ein weiteres Beispiel bietet aber auch der musikalisch sehr interessierte
Friedrich der Große. Er unterhielt seit mindestens 1755 eine eigene
Königliche Kapelle mit 40 Mitgliedern. Diese Kapelle produzierte pro
Jahr zwei neue Opern, die zusätzlich, außer den laufenden fixen
Ausgaben, 1.400 Taler verschlangen. Die Solisten der Oper sangen zudem
nur zweimal wöchentlich in der Karnevalszeit zwischen November und
März, hatten aber im Übrigen Ferien. [9] Dies kann als Zeugnis
von ökonomischer Verschwendung von Geldmitteln gedeutet werden, welches
die »Wohlanständigkeit« in Form sinnlosen Statuskonsums
für den Adel geradezu vorschrieb: Wer Herr sein wollte, mußte
Vergeudung praktizieren.
Alle, die sich daran nicht hielten, wurden zu Renegaten am eigenen
Stand und sie mußten mit einem Prestigeverlust rechnen. So erging
es beispielsweise dem französisch-deutschen Dichter Adelbert v.Chamisso
(1781-1838) in seiner aktiven preußischen Militairzeit. Zu ihm hieß
es in den Akten seiner militairischen Vorgesetzten: "Da die Wacht am Brandenburger
Thor bei Einpassiren des Königs nicht in gehöriger Ordnung gewesen
und die Honneurs nicht gehörig gemacht worden, so soll der Lieutnant
v.Ch.[amisso des] Regiments v.Goetz in Arrest [genommen] und ans Regiment
gemeldet werden." [10] Auch hier wird deutlich, wich wichtig der Ehrinstinkt
war und welche Strafe ein Mangel daran nach sich zog.
Wie ökonomische Vergeudung als Ausfluß des Konzeptes
der »Wohlanständigkeit« auf den Höhepunkt getrieben
wurde, ergab sich außerdem aus einem Bericht über französische
Adelige aus dem 18.Jahrhundert, denn in Horchheim emigrierte französische
Prinzen während des Feldzuges von 1792 oblagen dem Müßiggang
auf besondere Art: "In der Überzeugung, in kurzer Zeit wieder im Vaterland
und im Besitz ihrer Reichthümer zu sein, warfen sie, wie man erzählte,
das Geld im eigentlichen Verstande weg, z.B. benutzten sie bei dem Spiele,
flache Steinchen so auf die Oberfläche des Wassers zu werfen, daß
sie mit mehreren Sprüngen über das Wasser weghüpften, Kronentaler
statt Steine. Die Krume des feinen Weizenbrotes warfen sie beim Essen zum
Fenster hinaus und aßen nur die Rinde, und die Kammerjungfer der
Maitrisse des Grafen Arois konnte nicht eher sich auf den Nachtstuhl setzen,
bis für 1 Gulden Eau de Cologne in den Topf geschüttet war."
[11]
Ein anderes französisches Beispiel erschien dazu im Deutschen
Adelsblatt von 1885. Wenngleich bedacht werden muß, daß dieser
frankophobe Artikel nur wenige Jahre nach der Einverleibung von Elsaß-Lothringen
geschrieben und im deutschen Adel verbreitet wurde, so läßt
sich an ihm doch erkennen, welche Auswüchse das Gebot der Verschwendung
im Adel annehmen konnte: "Raimund V., Graf von Toulouse, gab um das Jahr
1180 ein großes Bankett, dessen Zweck die Aussöhnung der Fürsten
von Arragonien und der Narbonne war. Bei dieser Gelegenheit prahlte man
gegenseitig mit seiner Verschwendungssucht und führte die größten
Tollheiten aus. Ein Graf Carlisle, ein Schotte, ritt durch das Volk mit
einem Pferde, das lose angeschlagene massiv silbern Hufeisen trug. Bei
jedem Sprung des Thieres flogen zwei oder drei Hufeisen unter die Menge
und sofort mußte der dem Grafen folgende Waffenschmied dem Pferde
aus gleichem edlen Metall unter die Hufe legen. Ritter Rambourd ließ
das Feld des Turniers, welches nach dem Bankette stattfand, mit Münzen
durchpflügen, die einen Werth von 30.000 Unzen Silber repräsentirten.
Graf Raymond ließ in seiner Küche sämtliche Speisen für
seine einige hundert Mann zählende Gäste über Wachslichtfeuerung
bereiten, und der Graf von Venois befahl, vor seinem Abschiede dreißig
seiner edelsten Pferde zu verbrennen." [12]
III. Kritik
Wenn auch viele Beispiele aus der Geschichte der müßigen
Klasse die Theorie Veblens belegen können, so bleibt es nicht aus,
daß über 100 Jahre nach dem Erscheinen der Theorie der feinen
Leute auch Kritik an Veblen anzubringen ist. Diese richtet sich in erster
Linie an die falschen Prophezeiungen. So hatte Veblen vergeblich gehofft,
der Krieg würde als Konfliktform in der modernen Gesellschaft aussterben,
das Priesteramt verfallen und die Regierungsgeschäfte würden
nicht mehr länger durch Angehörige der besitzenden Klassen geführt.
In allen drei Fällen hatte er sich geirrt.
Zum Anderen ist auffällig, daß Veblen auch rassische
Gründe für Verhaltensweisen nennt, der also einem biologischen
Determinismus huldigt, der eine starke Pauschalisierung beinhaltet, die
vor der Folie des Dritten Reiches betrachtet, mindestens seltsam, wenn
nicht befremdend wirkt, auch wenn er im Wesentlichen feststellt, daß
»Langschädlig-Blonde« (er meint damit Germanen) gewalttätiger
seien als »Kurzschädlig-Dunkle«.
Auch in manchen anderen Bereichen, wie z.B. der Religion, bezieht
sich Veblen bewußt auf die USA, auf Unterschiede zwischen Nord- und
Südstaaten (z.B. im Bereich der Religion Seite 308-309 und 318) und
diese Vergleiche sind daher nur lokal begrenzt zu nutzen, nicht aber für
das Europa im ständischen Zeitalter anwendbar.
Insgesamt besehen aber handelt es sich bei Veblens ökonomischer
Lehre um ein mit Gewinn auch für die Adelsforschung anzuwendendes
Modell, welchem weitere Verbreitung zu wünschen wäre. Die Überformung
der Veblenschen ökonomichen Grundlage seiner Ideen durch den Marxismus-Leninismus
hat ihn gelegentlich, aber zu Unrecht, in den Verdacht gebracht, er sei
Marxist. Doch dafür fehlte Veblen sowohl der historische Determinismus
(er war nicht überzeugt davon, daß der Kapitalismus ainfolge
eines gesetzlichen Ablaufs der Geschichte in den Kommunismus übergehen
würde) als auch die Feststellung der Entfremdung des Arbeiters von
Arbeit und Leben; vielmehr konstatierte Veblen eher für die Oberschicht
und die müßige Klasse eine Entfremdung vom Leben.
IV. Stichwortregister
Abschließend soll hier der besseren Erschließbarkeit
der Veblenschen »Theorie der feinen Leute« ein Stichwortregister
der bei Veblen behandelten Abschnitte folgen:
Abglanztheorie
- Merkmale > 86, 92, 109, 233-235
Archaische Merkmale
- des friedlichen Kulturstadiums > 212-214
Ästhetische Fähigkeiten
- Definition > 84
Berufe
- Burschenschaften und Corpsstudenten > 244
- Charakteristika der Heilsarmee > 285
- Charakteristiken des CVJM > 287
- Charaktermerkmale der Einzelhändler > 224
- Charaktermerkmale der Finanzberufe > 221, 261, 311
- Charaktermerkmale der Rechtsanwälte > 223
- Vergleich Bänker und Krimineller > 229
- Vergleich sportlicher Athlet und Krimineller > 259, 285
Beseelte Dinge
- Stellenwert in der barbarischen Kultur > 30
Besitz
- verleiht Macht und Einfluß > 49
Bücher
- Kennzeichen von Verschwendung > 160-162
Dienerschaft und Domestiken
- Bedeutung von Uniformen und Livreen > 87-89
- dienen der Demonstration von Prestige > 69
- erforderlich bei Reichtum > 76-78
- Genesis > 67
- Merkmale und Charakteristiken > 72
- Nähe zum Herrn >88
- symbolisieren Vergeudung > 74
- symbolisieren Zahlungsfähigkeit des Herrn > 73
Evolution
- Abschirmung der Klassen verzögert dieselbe > 188, 200-201
- Grundgesetz ihrer Abfolge > 184-185
- Konventionen und Konservatismus > 186-187
Frauen
- als Trophäe des Mannes >41, 44 und 177
- Aufgabe und Stellung im Patriarchalismus > 175, 256, 337
- Aufgaben als stellvertretende Müßiggängerinnen
> 68, 324
- Emanzipationsbewegung > 338-345, 372
- Frauenmode ist stellvertretender Konsum > 176
- Frauenmode muß unpraktisch sein > 174
- Frauenstudium an Hochschulen > 359
- ihr spezieller Konsum > 82
- Kindergarten als Kennzeichen der Frauenemanzipation > 372
- Korsettagen > 168 und 179-171
- leisten produktive Arbeit als Hausfrauen > 70
- Schönheitsideal > 146-152
- stellvertretender Müßiggang als Ehegattin > 90, 340
- Tätigkeiten in der Mittelklasse > 91
- Vergleich der müßigen Frauen mit Priestern > 327-329
- Verhältnis der Frau zur Frömmigkeit > 310-311
- weibliches und unweibliches Wissen > 360
- werden von Männern beherrscht > 41
Feudalismus
- Systemeigenheiten > 86
Friedliche Kultur
- Charakteristiken > 37
- Überleben und Absterben von derlei Charakteristiken > 235
Geldkultur
- Arbeit versus Spekulation > 222-223
- gestört durch moralische Skrupel > 216
Gelehrsamkeit
- Charakteristik der Lehrpläne von Akademien > 354
- Gegensatz sachlichen und ästhetischen Wissens > 374
- Geringschätzung praktischen und damit vulgären Wissens
> 375, 378
- ihre Widerwilligkeit gegen alle Arten von Neuerungen > 364, 373
- ist ehrinstinktiv wie die ganze höhere Bildung > 348
- ist grundkonservativ > 363
- Merkmale der klassischen Bildung > 376
- Merkmale höherer Bildung > 370-371
- Mine und Mimik des Akademikers > 262
- praktisches Wissen ist auf Hochschulen verpönt > 355
- Rolle der Magie in ihr > 351
- Unterschied Volksschule und Universität > 371
- Vergleich mit der Religion > 349
- Verhältnis zwischen ihr und dem Reichtum > 356-357
- Wert toter Sprachen für die müßige Klasse > 377
Gewalt und Krieg
- als barbarische Eigenschaften > 263
- bringen Ehre, wenn sie von der müßigen Klasse verursacht
werden >36 und 237
- Duell und Mensur > 239
- gelten, wenn sie von Gott stammen, als ehrenvoll > 291
- Unreife kämpferischen Temperaments > 243
Glücksspiele
- Glaube an das Glück ist typisch räuberisch-barbarisch
> 266
- Vorliebe der müßigen Klasse für sie > 264
Heldentat
- Geschlechtsabhängigkeit > 31
- in den Frühkulturen >29
- Neigung zur Heldentat in der müßigen Klasse > 244
- Unterschied zur Plackerei > 28-29, 31
Hoffeste
- Bedeutung als Repräsentationsmittel > 85
Intellektualismus
- Charakteristik > 117-118
Karitativität
- bevorzugte Beschäftigung der müßigen Klasse >
325
- Charakter der Wohlfahrtsvereine und christlichen Ritterorden
> 325-329
- dient dem Prestige und installiert Distanz > 333
- egoistische Motive liegen ihr zugrunde > 330
- Ehrinstinktivität beim Bau von Wohlfahrtsgebäuden >
334
- wird regiert von der Geldkultur und der Verschwendung > 330,
332
- wird vom neidvollen Vergleich gesteuert > 335-336
Kleidungsmode
- Abwesenheit von Schmutz bringt Prestige > 167
- ist inhärent häßlich > 172
- ländliche Trachten widerstehen der Mode >171
- Prinzip der Neuheit > 169-170 und 173
- Wohlanständigkeit diktiert Prestigekleider > 164-166
Konsum
- Bevorzugung ehrenvoller Güter > 155
- geschlechtsspezifischer Konsum > 80 und 82
- Konsum von Alkohol > 81
- Konsum von frommen Gütern und Gebräuchen > 294
- Manufakturwaren und handgemachte Güter > 157
- Prestigegüter > 83
- Prestigeverlust bei Industriegütern > 158-159
- Statuskonsum > 116-117
- stellvertretender Konsum > 79 und 176
- von Gütern als urbanes Phänomen > 96
- Würdelosigkeit billiger Güter > 154-156
Männer
- Grausamkeit > 32
- Herrschaft über Frauen > 40-41
- Mode und Kleidung als Selbstreklamemittel > 181-183
- Perücken > 181
- Rasur > 181
Manieren
- als Ausdruck von Selbstgefälligkeit und Dünkel > 66
- als Zeugen des Müßigganges > 62 und 102
- Charakteristik > 61
- Erwerb von Manieren > 63
- Snobismus > 64
- Unterschied Höflichkeit und Schicklichkeit >65
Muße
- als Kennzeichen Gottes > 127
- Definition > 58
- Demonstration von Muße > 95
- der Ehegattin eines Herrn > 90
- früherer Vorrang vor dem Güterkonsum > 99
- Karitativität als demonstrative Muße > 103
- Stellvertretende Muße > 67 und 71 und 90
- Unterschied zur Heldentat >59
- Vererbung in der müßigen Klasse > 86
Müßige Klasse
- Abneigung wider Neologismen > 381
- Absurdität des von ihr verordneten Feiertages 1.Mai > 297
- Adel und Priester > 21
- Angst vor kleinsten sozialen Veränderungen > 197
- Aufwandsnormen als Gewohnheit > 111-115
- Ausübung hemmender Fortschrittswirkung > 193
- Bedeutung des Spazierstocks > 253
- Beschäftigungsbereiche > 59-60
- Bevorzugung überkommender Redensarten > 382
- Charakteristik von Neuadeligen und Neureichen > 368-369
- Ehrhaftigkeit des Konservatismus > 194
- Ergänzungsmechanismen für Neureiche > 227
- Fehlen derselben bei Wilden > 25
- geistige Eigenschaft im Gegensatz zur niederen Klasse > 232-233
- Gesetze der Schicklichkeit > 196
- ihre ökonomisch nutzlosen Erkenntnisinteressen > 367
- Installierung des Mäzenatentums als stellvertretende Muße
> 365
- ist männerspezifisch >33
- Jagd > 55, 245-247, 261
- Katalog aristokratischer Tugenden > 228
- Lebensweise > 231
- liebt Patriotismus und Gewaltanwendung > 236-237
- Phänomen des Zeittotschlagens > 323
- prahlt mit klassischer und höherer Bildung > 379
- Räuberischer Grundcharakter > 225-226
- setzt Trends und Moden in die Welt > 110
- Sozialisation der Knaben und Mädchen > 240-242
- unechte müßige Klasse (Besitzlose) > 57
- Unterdrückung der niedern Volksschichten > 198-199
- Verfechter des Privateigentums > 204-205
- Voraussetzungen zum Entstehen >26
- Vorliebe für elegante Ausdrucksweise und Sprache > 380-381
- Vorliebe für gelehrtes Ritual und Zeremoniell > 352-353,
358
- Vorliebe für jede Art von Theatralik > 245
- Vorliebe für Jurisprudenz und Kameralistik im Studium >
366
- Widerwille gegen produktive und vulgäre Arbeit > 53-55,
202-203, 328
- Würde verbietet produktive Arbeit > 56
Neid
- als Triebfeder für Wohlstandsstreben > 43, 230, 346-347
- als Triebfeder von Wohlfahrtsbestrebungen > 324-325, 335-336
- daraus resultierende barbarische Eigenschaften > 263
- Grund für Wettlauf nach Ansehen > 48-50
Niedere Klasse
- deren hauptsächlichte Erwerbsart > 221
- deren stellvertretende Muße > 93
- ist stark zur Handarbeit motiviert > 190
- Kennzeichen > 51
- Prestigenormen im Druckergewerbe > 97-98
- setzt Energie für soziale Reformen ein > 191-192
- vermeidet Kriege und gewalttätige Kämpfe > 238
Ökonomische Reformen
- ihre plakative Verschiebungswirkung ohne Änderung > 331
Parkanlagen
- Anzeichen von Vergeudung bei der Gestaltung > 138
- dürfen nicht von Kühen abgegrast werden > 136
- Ideale der Gestaltung im Sinne des Prestiges > 137
Prestige
- der Kriminellen > 121
- diktiert Normen für Güter, Sitten und Rituale > 163
Rasse
- ethnische Typenlehre > 208-211, 215
- Germanen seien gewalttätiger als andere Rassen > 210 und
218
- Langschädlig-Blonde seien aufrührerischer > 241-242
- und Frau > 344-345
- und Religion > 314
- und Verschwendung > 134
Räuberische Kultur
- Charakteristiken > 37-39 und 277-278
Reichtum
- als Beweis von Tüchtigkeit > 46
- als endlose Wunschkette ohne Erfüllung > 47
- als Fundemant von Prestige >45
- muß zur Schau gestellt werden > 52
Religiöse Kulte
- Abwesenheit jeder Produktivität > 128
- Abwesenheit von Vergnügen > 125, 299, 302
- als Merkmal der modernen müßigen Klasse > 317, 320-322
- Barmherzigkeit und Nächstenliebe > 319
- Barockkirchen > 124
- Bedeutung der stellvertretenden Muße in ihr > 297-301
- demonstrative Vergeudung > 122
- Feiertage als demonstrative Mußezeit > 296-297
- Glauben als atavistisches Merkmal > 293
- Gott als Diktator und Angehöriger barbarischer Kultur >
289
- Gott ist Angehöriger der müßigen Klasse > 295
- Gottesdarstellung reich und erhaben >127
- Gottglaube fördert ständisches Denken > 290, 305, 316
- Grausamkeit von Gott gilt als ehrenvoll > 291
- Heilige als übermenschliche müßige Klasse > 304
- in der Moderne jenseits des Neides > 318
- Kirchen prachtvoll und unbequem > 123-124, 296
- Merkmale nonkonformer Sekten > 303
- Mönchsorden und produktive Arbeit > 299
- oberflächliche Riten > 126
- ökomomische Wirkung durch frommen Konsum > 294
- Priestergewandung und Talare > 178, 296
- schlichte Gotteshäuser und Gottesdiener > 124, 302-303
- stellen demonstrative Verschwendung von Ressourcen dar > 256
- und Stadt sowie Urbanismus > 315
- unterschiedliche Frömmigkeit bei einzelnen Volksschichten
> 306-309
- Verbindung zur Gelehrsamkeit und den Hochschulen > 361
- Vergleich mit der Gelehrsamkeit > 349
- verhindern vorgeblich den Frieden > 292
- Verwandtschaft mit dem Sport > 286, 288
- Vorliebe für verschwenderische Rituale > 313-314
Schönheit
- ästhetische Tauglichkeit schöner Dinge > 132
- bei Frauen > 146-152
- geformt vom Prestigedenken > 129-131
- nur das Kostspielige ist schön > 133
Sklaven
- Entwicklung der Sklaverei >41
Soziales Verhalten
- setzt Uneigennützigkeit voraus > 220-221
Sport
- als Ausdruck des räuberischen Temperaments > 244-247, 251-253,
255
- bei den niederen Klassen > 260
- Charaktermerkmale des Fußballspielens > 249-250
- Denkgewohnheiten, aus denen er sich speist > 256
- Einfluß der müßigen Klasse auf seine Arten >
259
- fördert betrügerisches Verhalten > 262
- Grausamkeit und Verschlagenheit als Voraussetzung > 248, 250
- Stählung der Männlichkeit > 252-253
- Stellung der Schadenfreude in ihm > 265
- Stellung des Glücksglaubens in ihm > 267
- unbegründete Rechtfertigungen für ihn > 258
- Vergleich mit burschenschaftlichen Prinzipien > 362
- Vergleich mit den Prinzipien der Religion > 282-283, 286-288
- Vortäuschung einer sozialen Funktion > 257
Ständisches Zeitalter
- Merkmale > 75, 323-324
Tiere
- Hunde > 141-142
- Katzen > 140-141
- Kühe >135
- Pferde > 135, 142-145, 312
- Teilung in verschiedene Klassen > 140
Trophäen
- Bedeutung >35
Übernatürliche Mächte und Magie
- Animismus fördert da ständische Prinzip > 276, 284
- animistische Denkgewohnheiten > 270-273 und 279-280
- Funktion von Anbetung und Lobpreis > 283
- Glauben vermindert Intelligenz > 275
- Gottes und Schicksalsglaube > 274
- Gottesurteile > 269
- Rolle in Gelehrsamkeit und Religion > 350
- teleologische Tendenzen > 268
- Vergleich der Religion mit dem Sport > 282-283
Verschwendung
- Bevorzugung des Güterkonsums >95 und 99
- Eigenschaften von Gütern > 106-107
- Terminus technicus > 104-107
- Verschwendung von Gütern > 94
- Verschwendungsfeststellung ist kein Tadel > 254 und 281
- von Zeit und Geld > 94
Wald
- Abholzung und Aufforstung als Merkmal von Verschwendung > 139
Werkinstinkt
- Definition >34
- steigende Bedeutung > 100-102
Wettbewerb
- bei athletischen Wettkämpfen > 247
- Charaktermerkmale desselben > 217
- um Annehmlichkeiten >42
Wohlanständigkeit
- Beeinflußung anderer Lebensbereiche > 120
- zwingt zum Konsum > 108, 119
Dieser Aufsatz wurde verfaßt von Claus Heinrich Bill.
V. Annotationen
-
[1] = Siehe hierzu Thorstein Bundle Veblen: Theorie der feinen Leute,
Köln 1958, 383 Seiten
-
[2] = Veblens Theorie wurde benutzt von Barbara Kink: Adelige Lebenswelt
in Bayern im 18.Jahrhundert. Die Tage- und Ausgabebücher des Freiherrn
Sebastian v.Pemler von Hurlach und Leutstetten (1718-1772), München
2007 (Band XXVI. der Studien zur bayerischen Verfassungs- und Sozialgeschichte),
außerdem von Claus Heinrich Bill: Kultursoziologie der Porte-Chaise,
Sonderburg 2010
-
[3] = Karl Knies: Die nationalökonomische Lehre vom Werth, in:
Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, Jahrgang XI., Tübingen
1850, Seite 470
-
[4] = Karl Knies: Die nationalökonomische Lehre vom Werth, in:
Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, Jahrgang XI., Tübingen
1850, Seite 470
-
[5] = Gleichwohl lassen sich derartige Vergleiche zwischen den beiden
erwähnten sozialen Gruppierungen auch bei sozialistischen Staaten
wie der DDR oder der ehemaligen UdSSR beobachten.
-
[6] = ergänzte Tabelle mit den Veblenschen Begrifflichkeiten unter
Anführung praktischer Beispielbereiche
-
[7] = Zugrunde gelegt wird hier die gebundene Ausgabe der Theorie der
feinen Leute, Köln 1958 (382 Seiten)
-
[8] = Hermann v.Boyen: Denkwürdigkeiten und Erinnerungen 1771-1813,
Band I., Stuttgart, dritte Auflage 1922, Seite 21
-
[9] = Großer Generalstab, Kriegsgeschichtliche Abteilung II.
(Herausgeber): Potsdamer Tagebücher 1740 bis 1756 (Schriftenreihe
Urkundliche Beiträge und Forschungen zur Geschichte des Preußischen
Heeres, Band II., Heft 10), Berlin 1906, Seite 54
-
[10] = Großer Generalstab, Kriegsgeschichtliche Abteilung II.
(Herausgeber): Aus dem Garnisonleben von Berlin und Potsdam 1803 bis 1806
(Schriftenreihe Urkundliche Beiträge und Forschungen zur Geschichte
des Preußischen Heeres, Band II., Heft 9), Berlin 1906, Seite 37
-
[11] = Großer Generalstab (Herausgeber): Urkundliche Beiträge
und Forschungen zur Geschichte des Preußischen Heeres, Band III.,
Heft 11 (Erinnerungen aus dem Leben des Generalleutnants Friedrich Karl
v.Schmidt, Erster Teil, Die Rhein-Campagne 1792-1995), Berlin 1906, Seite
5
[12] = Nomen Nescio: Miscellen, in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang
1885, Seite 510
|