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Großadmiral a.D. Prinz Heinrich von Preußen (1862-1929)

Buchvorstellung einer novitären Biographie

„Prinz Heinrich vorübergehend verhaftet“, titelte im März 1920 eine Brünner Zeitung, und schrieb dazu: „Kiel. 23. (Wolffbureau) Der preußische Prinz Heinrich wurde wegen des  Verdachts der Teilnahme an dem Kapp´schen Putsch in Marenheim1 durch einige Tage in Haft behalten. Es scheint jedoch, daß der Verdacht unbegründet war, denn der Prinz konnte wieder auf sein Gut zurückkehren.“ [1] 

Was hier skizziert wurde, war der Gedanke, daß der Bruder des ehemaligen deutschen Kaisers Wilhelm II. (1859-1941) in eine politisch reaktionäre Bewegung zur Wiederhestellung der Monarchie verwickelt war. Die Agenturmeldung des Telegraphenbureaus Wolff, die hier verbreitet wurde, ist zugleich Ausdruck einer gewissen Verunsicherung; einer Verunsicherung durch die Moderne, die nicht nur durch den Wechsel der Staatsform in den Jahren 1918/19 ausgelöst wurde, sondern auch eine gesellschaftliche und kulturelle Wende nach sich zog oder vielmehr mit ihr einher ging. Und ebenso wie der ehemalige Kaiser war auch dessen nächster Bruder, der Kaiserlich Deutsche Großadmiral a.D. Heinrich Prinz von Preußen nicht nur Zeuge dieses Wandels von der Vormoderne zur Moderne, sondern auch an maßgeblicher Position, beispielsweise als Oberbefehlshaber der Ostseestreitkräfte im Weltkrieg 1914/18 ein aktiv gestaltender Faktor der deutschen Politik. 

Auf die Karriere im Schatten des regierenden Bruders folgte dann allerdings ein sozialer Abstieg und Rückzug ins Privatleben auf seinem Gute Hemmelmark bei Eckernförde, der bisweilen von einigen politischen Statements in der Öffentlichkeit, beispielsweise beim konservativen „Stahlhelm - Bund der Frontsoldaten“ unterbrochen wurde. Eine neue Lebensbeschreibung dieser historischen Persönlichkeit erschien jüngst (Ende November 2013) beim Kölner Böhlauverlag: „Prinz Heinrich von Preußen. Eine Biographie des Kaisersbruders“ hebt auf eben jene genannten Aspekte ab und bringt eine Fülle von Informationen zur Vita, sowohl im Text als auch im Bild. 

Durch die Verwendung von 478 (sic!) schwarz-weißen Abbildungen gewinnt diese Lebensbeschreibung an eindrücklicher und anschaulicher Tiefe. Verfaßt wurde sie im chronikalischen Stil (dem Protagonisten zeitlich von der Geburt zum Tod folgend) mit einigen Kapiteln der Nachwirkung (auch betreffend die Nachfahren nach 1929) von dem Bonner Internisten Dr. med. Ernst Dietrich Baron v.Mirbach (*1936), der früher in der Nähe von Kiel praktizierte und der sich jahrelang mit der Geschichte der Hohenzollern befaßt hat, speziell aber, aufgrund persönlicher Bekanntschaft mit vielen heute verstorbenen Zeitzeugen, mit dem Leben des hier in der neuen Biographie Vorgestellten. 

Das Ergebnis dieser Mischung aus der Erkenntnisfülle, die Mirbach aus der Befragung von Bekannten und Bediensteten, durch die Nutzung von Zeitungen, Zeitschriften, Archivmaterialien und gegenständlichen Devotionalien gewonnen hat und auch präsentiert, ist ein ungewöhnlich dicht gewebtes Lebensbild, welches sich in dem voluminösen Werk offenbart.  Vom Verlag ist das auf schweren Kunstdruckpapier mit 645 Seiten und einem ausführlichen Personenverzeichnis versehene Werk mit zwei Lesebändchen ausgestattet worden, die wohl nicht zufällig in den Hohenzollernfarben weiß und schwarz gehalten sind. 

Trotz dieser Anklänge ist Mirbach kein reiner Apologet des Preußentums, kein Autor, der gänzlich unkritisch mit dem Gegenstand seiner Forschung umgeht. Auch wenn Mirbach wissenschaftliche Fragestellungen außen vor gelassen hat und eher dem Wunsch Rankes folgt, „zu zeigen, wie es denn gewesen“, so hütet er sich doch davor, das Lebensbild als „Hagiographie mit Übertreibungen“ darzustellen, sondern sucht die Distanz des Forschenden zum Gegenstand, um Geschehnisse besser einordnen zu können, beispielsweise bei der Frage nach der Bedeutung der Beteiligung des Protagonisten an dem deutschen Flottenaufbau (auf Seite 292 des Werkes oder der eher minderen Wirkung der Amerikawerbefahrt auf Seite 289). 

So entstand eine gut und flüssig zu lesende Biographie, die die bisherigen Lebensbeschreibungen wirkungsvoll ergänzt, im Falle Eschenburgs [2] auch an etlichen Stellen korrigiert, und eine lebendige Vita in der politischen und kulturellen deutschen Sattelzeit zwischen dem langen XIX. und dem modernen XX. Säkulum präsentiert. Die Facetten möglicher Darstellungsweisen werden dadurch wirkungsvoll ergänzt und abgerundet, das Bild des ehemaligen Großadmirals lebendiger und detaillierter.

Diese Rezension erschien zuerst in der Zeitschrift Nobilitas für deutsche Adelsforschung (Jahrgang 2014) und stammt von Claus Heinrich Bill. Das Buch ist bestellbar über die ISBN 978-3-412-21081-6 und kostet 39,90 Euro in Deutschland oder 41,10 Euro in Österreich.

Annotationen:

  • [1] = Tagesbote für Mähren und Schlesien (Brünn), Ausgabe Nr.150 vom 24. März 1920, Seite 2
  • [2] = Harald Eschenburg: Prinz Heinrich von Preussen. Der Großadmiral im Schatten des Kaisers, Heide in Holstein 1989, 211 Seiten 

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