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Beiträge zur aktuellen Literatur- und Kulturtheorie

Novitätsbesprechung eines neuerlichen Standardwerkes

Der Angliszist Prof. Dr. Ansgar Nünning M.A. veröffentlichte im April 1998 erstmalig sein „Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie“ als Herausgeber und konnte vielleicht gar nicht absehen, welchen Erfolg er mit diesem Werk haben würde. Es gehört zu den Standardwerken einer kulturwissenschaftlich orientierten Forschung, die historische, philosophische, soziologische, politologische und natürlich literaturwissenschaftliche Arbeitsbereiche und Disziplinen betrifft.

Von Beginn an war dabei die Verbindung zwischen Kultur- und Literaturwissenschaft beabsichtigt, was freilich Vor- und Nachteile hat, schlechterdings aber heute nicht immer strikt zu trennen ist. Angelegt ist das Lexikon als alphabetisch aufsteigende Liste von Artikeln zu bestimmten Lemmata, die die aktuelle Forschung dominieren, teils aber auch noch ein Nischendasein führen (z.B. "Spur"). Die nunmehr fünfte Auflage ist 2013 erschienen. Gegenüber den vorherigen Auflagen wurde sie um neue Artikel ergänzt (z.B. „Intersektionalität“, „Digital Humanities“ oder „Skandalisierung“), verbessert (z.B. Ökokritik) und in den Literaturhinweisen aktualisiert (z.B.„Interkulturalität“). 

Die Lemmata sind zweigeteilt; sie nehmen erstens Theorien (z.B. "Fredmverstehen") auf, zweitens aber auch materielle Phänomene (z.B. "Kitsch") oder Biobibliographien berühmter Theoretiker (z.B. "Baudrillard"), wobei dann dort aber der Schwerpunkt ebenso auf deren inhaltlichen Lehren liegt und nicht etwa auf den nackten Fakten der Vita. Wer die Fülle ermessen will, die das Lexikon versammelt, der sei auf die Zahlen verwiesen: Rund 220 Autoren verfaßten über 750 Artikel auf 825 Seiten und zusätzlich gibt es eine Auswahlschrifttumsliste literatur- und kulturtheoretischer Werke, auf die in den einzelnen Artikeln häufiger verwiesen wird (Seite 831-847). 

Der dickleibige Band eignet sich dabei, gerade auch nach der europäischen Umgestaltung der Hochschullandschaft durch die Einführung der Bachelor- und Masterstudien mit ihrem betont exemplarischen Lernen, sowohl als Nachschlagewerk als auch als Leselektüre, da er Modelle, Theorien und Grundbegriffe in einer solchen Fülle enthält, die für einzelne Forscher*Innen kaum mehr überblickbar ist. Insofern ist das Werk, welches fest gebunden für nur den sehr günstigen Preis von 29,95 Euro im Buchhandel zu kaufen ist, uneingeschränkt für alle kulturwissenschaftlich Forschenden zu empfehlen, auch in den jeweiligen Neuauflagen, um hier einen Überblick über die Entwicklung eines sich grundsätzlich stark modifizierenden Faches zu behalten. 

Nünnings Lexikon, das im Übrigen, dies sei nur nebenbei bemerkt, schriftsprachaktlich transsexuelle Kennzeichnungen nicht verwendet („*“ oder „_“),  kann nicht zuletzt als Werkzeug und Hilfsmittel dazu beitragen, die vorgestellten Theorien und Modelle verfügbar zu halten und in die Forschung einzuführen. Denn an keiner anderen Stelle wird mit derartiger Dichte das aktuell im wissenschaftlichen Diskurs befindliche literatur- und kulturtheoretische Wissen gebündelt. Die bei jedem Lemma angeführte und sorgfältig redigierte Auswahlbibliographie führt dann in die Tiefe. Fazit: Ein nicht nur für das Studium unentbehrliches Werk, das auf hohem wissenschaftlichem Niveau erstes Überblickswissen bietet, das ein Mensch allein nicht mehr zu überblicken in der Lage ist.

Diese Rezension erschien zuerst in der Zeitschrift Nobilitas für deutsche Adelsforschung (Jahrgang 2015) und stammt von Claus Heinrich Bill (B.A.)
 


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