Institut Deutsche Adelsforschung
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Entritterte nationalsozialistische Johanniter 1938-1945

Konflikte zwischen Christizismus und Nationalsozialismus in der Balley Brandenburg

Der Johanniterorden - genauer gesagt die 1852 wieder begründete Balley Brandenburg des ritterlichen Ordens Sankt Johannis vom Spital zu Jerusalem - war zwischen seit seiner Gründung und dem Jahre 1949 ein (nahezu) reiner Adelsverband, dem evangelische männliche Christen der Nobilität angehörten, die über den Orden in ihrer christlichen Verantwortung vor ihrem Gott praktische Nächstenliebe auslebten, Siechen- und Krankenhäuser errichteten, Lazarette unterhielten und im Allgemeinen sehr vielfältig karitativ tätig waren. Infolle seiner strickten Ausrichtung auf Monarchismus und evangelischen Christizismus geriet der Orden im Ditten Reich rasch in die Kritik bei den nationalsaozialistischen Machthabern, die den Johanniterorden als Hort eines politischen und weltanschaulichen Reaktionsmus betrachteten. Mehre Versuche einzelner NS-Funktionäre, den Orden durch ein Verbot zu eliminieren, wurde aus unbekannten Gründen letztlich nicht in die Tat umgesetzt, beschränkt und behindert wurde der Orden in seiner Arbeit aber doch.

Zur einschneidendsten Beschränkung gehörte zweifelsohne der sogenannte "Unvereinbarkeitserlaß" von Rudolf Heß. Dieser Erlaß Nr.78/38 des Stellvertreters Hitlers vom 2.Juli 1938 war eine weitreichende Initiative, die ganz wesentlich in das personelle Gefüge des Ordens eingriff. Wegen seiner reichsweiten Folgen kann der Erlaß als das wichtigste Ereignis in der personellen Geschichte des Ordens im Dritten Reich betrachtet werden. Er wandte sich gegen den Orden, weil dieser eine historische Standesverbindung sei, die als überholt gelten müsse:

  • "Hiermit ordne ich an, daß es Parteigenossen und Angehörigen einer Gliederung der NSDAP verboten ist, gleichzeitig dem Johanniter Orden anzugehören. Soweit noch Doppelmitgliedschaft besteht, ist diese sofort zu lösen. Das Tragen des Ordens der Johanniter bzw. von Abzeichen des Johanniter Ordens zur Parteiuniform ist nicht gestattet. gez. i.V. M.Bormann F.d.R.: Friedrichs" [zitiert nach Christian-Erdmann Schott: Festschrift zum 150jährigen Jubiläum der schlesischen Genossenschaft des Johanniterordens, Würzburg 2003, Seite 82. Siehe auch Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter-Partei (Herausgeberin): Verfügungen, Anordnungen, Bekanntgaben, Band 1, Mümchen 1943, Seite 384 (A.78/38)]
Als interne Begründung wurden von zwei verschiedenen Untergruppierungen aus ihren jeweiligen  Interessenlagen späterhin zwei Motive genannt, die zu diesem Erlaß geführt hätten. Erstens stand, von der Schutzstaffel verfaßt, im »Jahreslagebericht des Sicherheitshauptamtes 1938«: "Die konfessionellen Adelsorganisationen (Johanniter-Orden u.a.) zeigten sich offen als Bindeglied des reaktionären Adels zur Bekenntnisfront. Die Verbindung war gewährleistet durch die bestehende Personalunion. Von Seiten der NSDAP wurde diesen Organisationen gegenüber Stellung genommen, in dem durch Erlasse des Stellvertreters des Führers eine Doppelmitgliedschaft bei NSDAP und Johanniter-Orden verboten wurde." [Heinz Boberach (Herausgeber): Meldungen aus dem Reich. Die geheimen Lageberichte des Sicherheitshauptamtes der SS 1938-1945, Band II., Herrsching 1984, Seite 76]

Zweitens wurde in einem 1939 geführten Schriftwechsel zwischen Staat und Partei ausgeführt, "daß es mit der nationalsozialistischen Auffassung nicht vereinbar ist, wenn eine Teilung der Volksgenossen in einzelne Klassen erfolgt. Es gibt für Nationalsozialisten nur eine einzige Gemeinschaft ohne Rücksicht auf Stand, Herkunft und Vermögen. Es ist deshalb für Nationalsozialisten unmöglich, der Partei und dem Johanniterorden anzugehören. Die zweifellos wertvollen charikativen [sic!] Leistungen des Johanniterordens werden durch das Verbot der Doppelmitgliedschaft in keiner Weise herabgesetzt." [Antwort eines Herrn Luther aus Berlin auf eine Anfrage des Gesandten Dr. Schmidt betreffend die Gründe für die Anordnung vom 21. III. 1939, in: Helmut Heiber (Bearbeiter): Akten der Partei-Kanzlei der NSDAP. Rekonstruktion eines verlorengegangenen Bestandes; Sammlung der in anderen Provenienzen überlieferten Korrespondenzen, Niederschriften von Besprechungen usw. mit dem Stellvertreter des Führers und seinem Stab bzw. der Partei-Kanzlei, ihren Ämtern, Referaten und Unterabteilungen sowie mit Hess und Bormann persönlich, Microfichesausgabe, München 1983, Teil 1, Band II., Aufnahme Nummer 216/00061.]

Im Zeitraum von 1938 bis 1945 traten daraufhin 412 Herren aus dem Johanniterorden aus, da sie ihre Tätigkeit bei der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen nicht aufgeben und lieber auf eine Mitgliedschaft im Orden verzichten wollten. Es war allerdings nicht bekannt, aus welchen genauen und speziellen Motiven heraus der Austritt in jedem Einzelfall vollzogen wurde. Daher war auch nicht klärbar, ob ein Austritt aus umweltlichem sozialem Druck oder aus euphorischer Begeisterung, aus beruflichem Opportunismus oder politischer Tarnung geschah. Fest dahingegen steht die relativ hohe Zahl der 412 Ausgetretenen.

Im folgenden Abschnitt ist zunächst einmal eine Liste der vorkommenden Namen alle ausgetreten Herren zur groben Orientierung vermerkt. Auf Wunsch senden wir Ihnen gern die genaue Bezeichnung des bibliographischen Fundortes zu und den Standort, damit Sie sich gegebenenfalls Reproduktionen der Quellen bestellen können. In den jeweiligen Volltext-Einträgen, auf die wir bibliographisch verweisen, werden Nachname, Vorname, Eintrittsdatum in den Orden, Angabe der regionalen Genossenschaft sowie das Austrittsdatum in Folge des Heßerlasses vermerkt.

Ein prominentes Beispiel eines Ausgetretenen war der Doktor der Staatswissenschaften August Wilhelm Prinz von Preußen (1887-1949) aus der Villa Liegnitz in Potsdam, welcher 1911 Ehrenritter wurde, der Brandenburgischen Genossenschaft angehörte und am 15.Febraur 1939  aus dem Johanniterorden, dem sein Bruder Oskar Prinz von Preußen als Herrenmeister vorstand, ausschied. Der NSDAP gehörte er seit 1930 an [Näheres zu seiner Vita siehe Lothar Machtan: Der Kaisersohn bei Hitler, Hamburg 2006]

Abercron
Ahlefeldt Freiherr v.Dehn
Alemann
Alt-Stutterheim (2 Herren)
Alten (3 Herren)
Alvensleben (2 Herren)
Ammon
Andrian-Werburg
Arnim (2 Herren)
Aweyden
Baehr
Basse
Baumbach
Behr
Bentheim-Tecklenburg
Bentheim-Tecklenburg-Rheda
Berckheim
Bibra
Birckhahn
Bismarck
Blomberg
Blumenthal
Bock und Polach
Bock v.Wülfingen
Boddien
Bodenhausen
Boehm-Bezing
Boemken
Boetticher
Bohlen und Halbach
Boineburg-Lengsfeld
Bomhard
Bomsdorff
Bonin ( 5 Herren)
Borck
Borcke
Borries (3 Herren)
Both
Bothmer
Boyneburgk
Brandt genannt Flender
Bredow
Brockdorff
Brockhausen
Brockhusen
Buch
Buchka
Büdingen
Bülow (4 Herren)
Burgsdorff (2 Herren)
Carlowitz-Hartitzsch
Carnap-Quernheimb
Castell-Castell
Claer
Coleman (Macgregor of Inneregny)
Colmar
Conta
Corvin-Wiersbitzky
Damerau-Dambrowski
Decken
Deines
Delius
Dewitz (2 Herren)
Dobeneck
Dohna-Schlobitten (3 Herren)
Dönhoff
Donop
Döring
Dörnberg zu Hausen
Dungern
Eichel-Streiber
Eickstedt
Einem
Eisenhart-Rothe
Elern
Erbach-Schönberg
Erffa
Etzdorf
Etzel
Falkenhausen
Falkenried
Flemming
Funck
Gilsa (2 Herren)
Goeckingk
Graevenitz
Gregory
Grolman
Grünberg
Gustedt
Haebler
Haeseler
Hagemeister
Hagen
Hagenow
Hake
Halem
Haller v.Hallerstein
Hartlieb genannt Walsporn
Hartwig genannt v.Naso
Hartwig (2 Herren)
Hausen
Heimburg
Heintze
Helldorff
Hellen
Hennigs
Herff (2 Herren)
Hertell
Hertzberg
Herwarth v.Bittenfeld
Hesler
Hesse
Heydebreck
Heyden (2 Herren)
Heyl zu Herrnsheim
Hodenberg
Hoenning O´Carroll
Hofer v.Lobenstein
Hohenastenberg genannt Wigand
Holleuffer (2 Herren)
Homeyer
Houwald
Hövel
Hoyningen-Huene
Humboldt-Dachroden
Imhoff
Itzenplitz (2 Herren)
Jagow
Jagwitz (2 Herren)
Jarmersted
Jena (2 Herren)
Kalau vom Hofe
Kalitsch
Kalnein
Kap-herr
Kapff
Keiser
Ketelhodt
Keudell (2 Herren)
Kirchbach
Klinckowstroem
Knesebeck
Knobloch v.Hausen-Aubier
Knobloch
Koerber
Koskull
Kretschmann
Kriegsheim
Kries (2 Herren)
Kruse
Küchler
Kühne
Kurnatowski
Kutzleben
Kutzschenbach
La Trobe
Leiningen
Lemcke
Lengerke
Lettow-Vorbeck
Levetzow
Lippe-Weißenfeld
Loeben
Loeffelholz v.Colberg
Loen
Loeper
Loesch
Lorentz (2 Herren)
Lossow
Löwenstern
Lücken
Mackensen
Maercker
Mallinckrodt (2 Herren)
Maltitz
Massenbach (2 Herren)
Massow
Mechow
Medem
Merz
Meyer
Mirbach
Monbart
Mosch
Münch
Mutius
Nathusius (3 Herren)
Neufville
Niebelschütz
Nikisch v.Rosenegk
Ochsenstein
Oelhafen v.Schöllenbach (3 Herren)
Oertzen (4 Herren)
Oeynhausen
Oldenburg (Herzogshaus)
Olszewski
Oppen
Osten (3 Herren)
Oswald
Pachelbel-Gehag
Pappenheim-Rothenstein
Pastau
Pentz (2 Freiherren)
Planitz
Platen (2 Herren)
Plessen
Ploetz (3 Herren)
Pochhammer
Poellnitz
Poser und Groß-Naedlitz (2 Herren)
Pressentin
Preußen
Proeck
Pückler-Burghaus
Puttkamer
Quast
Rappard
Rauchhaupt
Recke v.Volmerstein
Recke
Reichel
Renthe genannt Fink
Reuß (Prinzen)
Rhade
Rheinbaben
Richthofen (5 Herren)
Rigal-Grunland
Rochow (2 Herren)
Roeder v.Diersburg
Roedern
Römer
Roon (2 Herren)
Roques
Rosenberg
Rosenberg-Lipinsky
Rosenstiel
Rospatt
Rössing
Rotberg
Rothkirch und Panthen
Rußdorf
Sandes v.Hoffmann
Saß
Schach v.Wittenau
Schack
Schaumburg-Lippe (2 Prinzen)
Schenck zu Schweinsberg
Schenck
Schenckendorff
Schiller
Schlagenteuffel
Schlichting
Schlieffen
Schlotheim
Schmidtfeld
Schmiterlöw
Scholten
Schönberg
Schönfeld
Schrader
Schröder
Schulenburg
Schütz
Seckendorff-Aberdar (2 Freiherren)
Seckendorff-Gudent
Seel
Seherr-Thoß
Senfft v.Pilsach
Seutter v.Lötzen (2 Herren)
Seydlitz und Ludwigsdorf
Sittmann
Solms-Braunfels
Specht
Stammer
Stegmann und Stein
Stein zu Lausnitz
Steuben
Steuber
Stosch
Strantz
Stutterheim
Suckow
Süßkind-Schwendi
Sybel (2 Herren)
Taysen
Tessin
Tettau
Thiele
Thüngen
Tippelskirch
Trau
Trotha
Trotta genannt Treyden
Tschammer und Osten (2 Herren)
Unruh
Uslar-Gleichen
Varnbüler v.und zu Hemmingen
Veltheim
Viebahn
Vietinghoff genannt Scheel
Wachter
Wachtmeister
Waldenburg
Waldenfels
Waldersee
Waldthausen (2 Herren)
Walther v.Walterstötten
Watzdorf
Wechmar
Wedel (3 Herren)
Wedelstädt
Weiher
Weiß und v.Wichert
Weiß
Werder
Westernhagen
Westrem zum Gutacker
Wiese und Kaiserwaldau
Wilckens
Wilucki (2 Herren)
Winckler
Winterfeld (4 Herren)
Winterfeldt
Wintzingerode
Wißmann
Wittenhorst-Sonsfeld
Witzleben
Wolff
Wulffen
Wülfing (2 Herren)
Wurmb
Yorry
Zedlitz und Neukirch
Zengen
Zeschau (2 Herren)
Zezschwitz
Ziegler-Witzleben
Zitzewitz (2 Herren)
Zobeltitz
Zschinsky


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