Institut Deutsche Adelsforschung
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Adelsaspekte im Haehner-Tagebuch 1919 bis 1924

Zum Leben der anfänglichen Exilzeit Kaiser Wilhelm II. in den Niederlanden

Im Jahre 1949 erschien eine nur sehr knappe Meldung in einer Honnefer Zeitung; sie lautete: „Der letzte Leibarzt Kaiser Wilhelms II. und der Kaiserin Auguste Viktoria, Medizinalrat Dr. Alfred Hähner, ist in Köln gestorben. Seine Aufzeichnungen sollen demnächst veröffentlicht werden.“ [1] Wenn auch die erste Angabe historisch nachgewiesen werden kann, so ist doch die zweite Angabe nicht zutreffend gewesen. Erst sehr viel später – im Jahre 2024 – konnte die Edition erfolgen und verspricht neue Einblicke in über zwei Jahrzehnte des Lebens am Exilhof des abgedankten Kaisers Wilhelm II. und seiner engeren Familie, der Adjutanten, Ärzte, Hofdamen, Sekretäre, der besuchenden Familienmitglieder der prinzlichen Kinder und der vielen Gäste.

Das Tagebuch wurde zwar schon gelegentlich durch die Forschung benützt, so in Biographien zum ehemaligen Kaiser (1859-1941) und zur ehemaligen Kaiserin Auguste Viktoria (1858-1921), nicht aber einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert, zumal die Tagebuchhefte bisher nur ungedruckt im Kölnischen Stadtarchiv lagen. Nun ist vom Verlag Duncker & Humblot eine Edition herausgegeben worden; sie ist als hardcovergebundenes Buch in Berlin unter dem Titel „Wilhelm II. im Exil. Das ‚Holländische Tagebuch‘ des Leibarztes der Hohenzollern Dr. Alfred Haehner 1919-1924“ erschienen. Besorgt und annotiert wurde die Herausgabe  durch Sabine Mangold-Will als Herausgeberin. Erschienen ist die Schrift als Band LXXXII der Schriftenreihe „Deutsche Geschichtsquellen des 19. und 20. Jahrhunderts“. Sie besitzt sechs Abbildungen und umfaßt 511 Seiten, ist bestellbar im analogen wie virtuellen Buchhandel unter der ISBN „978-3-428-19283-0“ sowie um den Preis von 99,90 Euro.

Das Haehner-Tagebuch kann als wichtiges Pendant zu den berühmten Ilsemann-Tagebüchern gelten, [2] die schon vielfach von der Forschung rezipiert worden sind, nun also erneut durch andere Quellen ergänzt und in den möglichen Perspektiven auf die Amerongen- und Doornzeit des letzten deutschen Kaisers (bis zu dessen Tode 1941) erweitert werden können.

Im sorgsam zusammengestellten Vorwort und Einleitungsteil (Seite 7-71) heißt es zwar, daß das Haehnertagebuch zugleich auch online zugänglich gemacht würde (Seite 9); allein bei Abruf der entsprechenden Webseite namens „haehner-tagebuch.de“ erschien – gemäß Abruf vom 28. März 2025 – kein Editionstext, nur eine Hauptseite mit dem undatierten Vermerk: „An dieser Stelle erscheint demnächst der vollständige und digital angereicherte Inhalt der Edition ‚Wilhelm II. im Exil‘“. Vorläufig freilich hilft über dieses Manko partiell indes lobenswerterweise das Personenregister (Seite 493-503), das Ortsregister (Seite 504-506) und das Sachregister (Seite 507-511) hinweg, womit auch der hier besonders interessierende Begriff des „Adels“, auch jetzt schon (ohne Digitalversion) ad hoc erschlossen werden kann. Dabei handelt es sich um zwei Gruppen von Einschätzungen, zuerst um Äußerungen des Kaisers über den Adel, dann um Meinungen Haehners zum Adel.

Neben eher beiläufigen Bemerkungen (auf Seite 61 der bekannte Heinrich-Heine-Ausspruch, man müsse an den Adel glauben, damit er existieren könne [3] oder die Nichtanerkennung des erst 1908 geadelten Ilsemanns unter dem niederländischen Adel auf Seite 409) sollen die aussagekräftigeren Auffassungen nun hier näher beleuchtet werden. In einem Gespräch über das mangelnde Nationalbewußtsein der deutschen und die schwierige Einigungszeit lieferte der Kaiser beispielsweise im November 1919 indes konkrete Einordnungen des Adels; er bemängelte, daß sowohl Großadel (wohl Hochadel) als auch Kleinadel nicht genügend durch königliche Gewalt unterdrückt worden seien, so daß beispielsweise auch die Reichsfürsten noch zu mächtig gewesen seien; dies habe den Partikularismus befördert und eine Einigung lange Zeit behindert (Seite 83-84). Ein weiteren Berührungspunkt eröffnete der Kaiser in einem Gespräch mit Haehner vom Jänner 1920 in Bezug auf den katholischen Adel, der traditionell in der Zentrumspartei verankert war. Als aber Erzberger führender Politiker des Zentrums war, hätten ihm, dem Kaiser, zwar zwei westfälische katholische Adelige – Engelbert Freiherr v.Kerckerinck und Friedrich Freiherr v.Landsberg-Velen und Gemen – ihre Treue versichert, allein sich nicht vom Zentrum distanziert. Der Kaiser äußerte daraufhin, daß diese Herren nach einer möglichen Wiederherstellung der Monarchie sinngemäß für diese Treue zur Partei zur Rechenschaft gezogen werden müßten (Seite 129). Hier ergaben sich mithin für etliche katholische Angehörige der Erinnerungsgemeinschaft des historischen westfälischen Adels durchaus erhebliche Gewissenskonflikte, wie sie auch bei Conrad (2021) beschrieben worden sind. [4]
 
Eine erstaunlich progressive Haltung zum Adel äußerte der Kaiser dann im September 1921. Hier hatte ihn Haehner den Kaiser darauf vorbereiten wollen, daß er bei einem Besuch in Amerongen (seinem ersten improvisierten Exilsitz in den Niederlanden, vor Bezug des Hauses Doorn) eine Frau „aus sehr einfachen Verhältnissen“ treffen würde, die ehedem nichtadelig geborene Ehefrau des Seeoffiziers Adriaan Grafen Bentinck. Aus diesem Anlaß äußerte der Kaiser indes, wohl entgegen der Erwartung Haehners, er sehe keinen Grund dafür, warum er nicht mit der Dame reden solle, zumal er als Privatmann in Amerongen zu Besuch sei und nicht als Kaiser; auch bemerkte er gegenüber Haehner, daß „die Zeiten, in der blaues Blut als etwas besonderes und vornehmes angesehen worden [sei,] vorbei wären, es sei ganz gleich, ob einer […] Fürst oder Graf oder Baron oder Bürger sei, der Krieg habe alle diese früheren Unterschiede verwischt, da hätten alle diese Klassen gemeinsam im Schützengraben zur Verteidigung des Vaterlandes gelegen“ (Seite 83-84).

Außerdem bemerkte der Kaiser noch „über die nicht standesgemäße Heirat des Grafen Adriaan: diese sogenannten standesgemäßen Heiraten seien doch ein Unfug. Sein Sohn Oskar habe auch nicht ‚standesgemäß‘ geheiratet. Was sei aber die Prinzessin für eine famose Frau […] Wohin dieses Heiraten in dem noch nicht grossen [sic!] standesgemässen“ [sic!] [5] Kreise  führe, dafür habe er, der Kaiser, doch wahrhaftig genug traurige Beispiele in seiner eigenen Familie!“ (Seite 281). Die vom Kaiser hier geäußerte Egalisierungsthese des Weltkrieges muß insofern erstaunen, als der Adel sich oft genug als Stütze des Throns sah; der Kaiser aber dachte sich für die Zukunft einer möglichen neuen Staatsform eher ein Modell ähnlich einer „Volksgemeinschaft“, das aus den Läuterungen des Weltkrieges entstehen sollte; dies war eine spätere übliche Erzählfigur in der Zeit nach der Weimarer Republik. [6] Auch der Abbau jahrhundertelang geübter Standesgemäßheit bei den Ehen [7] sollte ihm zufolge fallen, basierend indes nur auf Erfahrungen seiner anekdotischen Evidenz.

Andererseits suchte der Kaiser im August 1922 wieder explizit näheren Anschluß an den niederländischen Adel; er wollte damit für spätere Zeiten neue Netzwerke knüpfen (Seite 316-317), äußerte sich im September 1922 allerdings wieder herabwürdigend über den Stand: „was ist denn heutzutage noch Adel, darunter gibt es genauso viele Schw… heute wie in anderen Kreisen […] Darauf kann man sich doch nicht mehr verlassen“ (Seite 322). Auch bei anderer Gelegenheit warnte der Kaiser davor, daß man auf Personen mit einem „von“ im Namen hereinfalle (Seite 344). Bestätigt sah sich der Exilmonarch in dieser enttäuschten (Seite 415) Auffassung auch von dem Verhalten brandenburg-preußischer Adeliger, die ihm zwar nach wir vor, auch im Exil, brieflich die Treue geschworen hätten, ihn aber gleichwohl ohne Taten im Stiche lassen würden. Sie sollten besser, statt nur zu schreiben, im Geiste der Befreiungskriege von 1813 mit „Sensen, Dreschflegeln und Jagdflinten“ gegen die deutsche Reichsregierung ziehen, „aber dazu fehle heute“, so Wilhelm II. weiter, „der Schneid“ (Seite 414).

Weitere Adelsvorkommen dagegen betreffen, wie oben kurz gestreift, nicht Äußerungen des Kaisers, sondern die Adelsvorstellungen des nichtadeligen Haehners selbst, die er beispielsweise beim Auftreten von Augusta v.Tiele-Winckler in Doorn notiert hatte; demnach sei sie eine Vollblutaristokratin“, [8] die sich als Idealtypus auszeichne durch Charmanz, majestätische äußere Haltung, Natürlichkeit, Klugheit, Offenheit, groben Scherzen gegenüber aufgeschlossen (Seite 299). Hier ist es erstaunlich, daß bei Haehner die „Natürlichkeit“ als adelstypisch bezeichnet wird, obschon gerade Haltung und Beherrschung zu wichtigen gesellschaftlich wahrgenommenen Adelseigenschaften zählte. [9]

Haehner machte indes nicht allein Bemerkungen zum Adel, sondern auch zum Umfeld aufsteigender sozialer Mobilität, hier speziell zum Parvenu als Sozialtypus. Haehner hielt es dabei für eine parvenustische Strategie, sich als nichtadelige Person mit möglichst vielen Adeligen zu umgeben, „um bei der Menge dann evtl. auch für Adel gehalten zu werden“ (Seite 314). Haehner hatte den Betreffenden, einen nichtadeligen Generalstabsoffizier, der im Juni 1922 in Haus Doorn zu Besuch war, zudem als „unsympathisch [...], geziert, furchtbar steif und eckig, mit Nußknackergesicht, als größtes Verbrechen, das man ihm angetan, sieht er anscheinend seine bürgerliche Geburt an“ (Seite 314) charakterisiert und berührte damit durchaus Erkenntnisse, die auch die Literatur und Forschung ermittelt hat. [10] Im Gegensatz dazu, so Haehner sinngemäß, stehe die unaffektierte (da sozialisierte) Feinheit der „Vollblutaristokraten“ (Seite 340). Haehner lieferte fernerhin eine Charakterisierung des intellektuell etwas einfältigen „Typ[s] des pommerschen Landjunkers“: „Sehr anständige Gesinnung, persönlich liebenswürdig, aber nicht von großer Klugheit und ziemlich wenig allgemein orientiert“. [11]

Die Tagebücher Haehners, der 1919 in eine Pension, dann in eine Villa in unmittelbarer Nähe des Hauses Doorn gezogen war, zeigen damit allgemein wenig Sympathie für den Adel als ehemaligen Stand, sowohl seitens des Kaisers als auch seitens des Leibarztes, der schon wenige Jahre später seine Stellung kündigte und mit seiner Frau nach Deutschland zurückzog. Haehner war desillusioniert von seinen Aufgaben, habe den Kaiser nie wegen schwerer Erkrankungen, sondern immer nur wegen Kleinigkeiten medizinisch behandelt, die der Kaiser aber als bedeutend angesehen habe (Seite 35). Über das weitere Schicksal Haehners informierte bereits die eingangs gebrachte Tageszeitungsmeldung des Jahres 1949. Sein Tagebuch, jetzt vorgelegt nicht allein für Archivforschende, sondern eben auch für Lesende mit weiterer Verbreitung und leichterer Zugänglichkeit, bringt daher bemerkenswerte Details zum exilierten „Kaiserhof“, aber eben auch, wie gezeigt, zur sozialen Gruppenbildung des Adels aus Doorner Perspektive.

Daneben ist aus Sicht der Adelsforschung aber auch noch das vielfache Auftreten von sonstigen Gästen und „Hofstaatsangehörigen“ von Interesse, befanden sich doch unter ihnen besonders viele Adelige, deren Namen sich, wie erwähnt, gut über das Personenregister erschließen lassen. Eine von der Herausgeberin als hilfreich beschriebene potentiell in der Zukunft zu verwirklichende digitaleditorische Nebeneinanderstellung des Haehner‘schen mit dem Ilsemann‘schen Tagebuch konnte indes bisher nicht verwirklicht werden (Seite 37), bleibt aber wünschenswert. Bis dahin wird man sich mit den beiden Editionen allerdings auch schon recht gut behelfen können.

Diese Rezension stammt von Dr. Dr. Claus Heinrich Bill (März 2025) und erscheint ebenso gedruckt in der Zeitschrift für deutsche Adelsforschung. Zu den Annotationen:

1 = Nomen Nescio: In wenigen Worten [Rubrik mit Kurznachrichten], in: Honnefer Volkszeitung (Honnef), Jahrgang LXV, Ausgabe Nummer 28 vom 3. November 1949, Seite 1.

2 = Harald von Koenigswald (Herausgebender): Der Kaiser in Holland [von] Sigurd von Ilsemann, Band I (Amerongen und Doorn 1918-1923), München: Biederstein 1967, 334 Seiten; Harald von Koenigswald (Herausgebender): Der Kaiser in Holland [von] Sigurd von Ilsemann, Band II (Monarchie und Nationalsozialismus 1924-1941), München: Biederstein 1968, 365 Seiten; Harald von Koenigswald (Herausgebender): Der Kaiser in Holland. Aufzeichnungen aus den Jahren 1918-1941. Eine Auswahl, München: Deutscher Taschenbuch-Verlag 1971, 315 Seiten; Jacco Pekelder / Wendy Landewé (Herausgebende): Wilhelm II. in Nederland 1918-1941. Dagboekfragmenten, Soesterberg: Uitgeverij Aspekt 2015, XLVIII und 551 Seiten; Wendy Landewé: Mit dem Kaiser ins Exil. Die Tagebücher von Sigurd von Ilsemann (1884-1952), in: Adelige über sich selbst. Selbstzeugnisse in nordwestdeutschen und niederländischen Adelsarchiven, Münster: LWL-Archivamt für Westfalen 2015, Seite 89-100.

3 = Nomen Nescio: Heines Reisebilder, Band III, Hamburg 1828, 411 Seiten; darin auf Seite 58-59 Heinrich Heines vielzitierter Ausspruch: „Ja, mich dünkt zuweilen, der Teufel, der Adel und die Jesuiten existiren nur so lange, als man an sie glaubt. Vom Teufel konnten wir es wohl ganz bestimmt behaupten, denn nur die Gläubigen haben ihn bisher gesehen. Auch in Betreff des Adels werden wir im Laufe einiger Zeit die Erfahrung machen, daß die bonne société aufhören wird die bonne société zu seyn, sobald der gute Bürgersmann nicht mehr die Güte hat, sie für die bonne société zu halten.“

4 = Horst Conrad: Der lange Abschied von der Macht Adel in Westfalen 1800-1970, Münster: Ardey-Verlag 2021, 317 Seiten (Band III der Schriftenreihe „Regionalgeschichte kompakt“).

5 = Diese Editionsstelle macht deutlich, daß Haehner anscheinend eine abweichende Rechtschreibung benützt hat. Im Vorwort heißt es jedenfalls diesbezüglich, daß die Haehnerschen Fehelr in der Rechtschreibung beibehalten worden seien (Seite 22).

6 = Hierzu siehe Heiner Karuscheit: Der deutsche Rassenstaat. Volksgemeinschaft & Siedlungskrieg. NS-Deutschland 1933-1945, Hamburg: VSA-Verlag 2025, 165 Seiten; Armin Nolzen: Nationalsozialismus und „Volksgemeinschaft“, in: Thomas Sandkühler (Herausgeber): Der Nationalsozialismus, Band II (Gesellschaft, Staat und Verbrechen), München: Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit 2022, Seite 38-66; Claus Heinrich Bill: Moderne Transformationen des Nobilitäts-Konzeptes in wandelbaren Kongruenzen und Inkongruenzen (1/3), in: Institut Deutsche Adelsforschung (Herausgeberin): Zeitschrift für deutsche Adelsforschung, Jahrgang XIX., Folge Nr. 92, Sonderburg 2016, Seite 31-52; Claus Heinrich Bill: Moderne Transformationen des Nobilitäts-Konzeptes in wandelbaren Kongruenzen und Inkongruenzen (2/3), in: Institut Deutsche Adelsforschung (Herausgeberin): Zeitschrift für deutsche Adelsforschung, Jahrgang XIX., Folge Nr. 93, Sonderburg 2016, Seite 1-52; Claus Heinrich Bill: Moderne Transformationen des Nobilitäts-Konzeptes in wandelbaren Kongruenzen und Inkongruenzen (3/3), in: Institut Deutsche Adelsforschung (Herausgeberin): Zeitschrift für deutsche Adelsforschung, Jahrgang XIX., Folge Nr. 94, Sonderburg 2016, Seite 2-40.

7 = Dazu siehe Joachim Friedrich v. Owstien: Welche Wirkung hat die neue Reichsverfassung und haben die neuen Länderverfassungen auf die Rechtsverhältnisse unebenbürtiger Ehen? (Adelsrechtliche Fragen 7), in: Deutsches Adelsblatt (Berlin), Nr. 22 vom 28. Mai 1932, Seite 303-304; Nomen Nescio: Geschichte morganatischer und legitimer Fürsten- und Grafen-Ehen in Deutschland. Nebst Mittheilungen über damit verwandte Erscheinungen, Halle, 1874, XII und 428 Seiten; Heinrich W. Höfflinger: Lexikon Illegitimorum Europäum oder Sammlung unebenbürtiger, morganatischer, geheimer und Gewissens-Ehen und Liaisons sowie der aus solchen Verbindungen entsprossenen Nachkommen der souveränen Häuser des hohen und niederen Adels in Europa, in: Jahrbuch des Österreichischen Instituts für Genealogie, Familienrecht und Wappenkunde, Doppelband 1/2, Wien 1928/29, 16 Seiten; Heinrich v. Wedel: Das Prinzip der Ebenbürtigkeit staufischer Zeit im Spiegel des Minnegesangs, in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang XXIV, Berlin 1906, Seite 282-283; Katrin Gäde: Gescheiterte Ehen. Ehescheidungen in Adelshäusern des 18. und 19. Jahrhunderts als Netzwerkproblem für Familienallianzen im mitteldeutschen Raum, in: Paul Beckus / Thomas Grunewald / Michael Rocher (Hg.): Niederadel im mitteldeutschen Raum (um 1700-1806), Halle an der Saale 2019, Seite 163-177; Claudia Becker: Standhaft bleiben. Adel verpflichtet. Wer einen bürgerlichen Partner heiratet, hat‘s in seinen Kreisen schwer, in: Berliner Morgenpost (Berlin), Nr. 0 [sic!] vom 9. Jänner 2000, Seite 10 (Interviews und Bemerkungen zum binnenadeligen Konnubium, Standesgemäßheit und unstandesgemäße Ehen).

8 = Eher nichtssagende Äußerungen über den typisch österreichischen Adelstyp folgen dann zwar aus Sicht Haehners auf Seite 313, dort aber finden sich nur als Eigenschaften „klug“ und „liebenswürdig“ (soll wohl heißen leutselig und herablassend im Kniggeschen Sinne; siehe dazu das Kapitel „Ueber den Umgang mit Geringern“ bei Adolph Freyherr Knigge: Ueber den Umgang mit Menschen, Band II, Hannover: Schmidt‘sche Buchhandlung 1788, Seite 34-41.

9 = Jan Yik: Das Monokel, in: Czernowitzer Tageblatt (Czernowitz), Nr. 1943 vom 8. August 1909, Seite 1-2 (Kulturgeschichte des Einglases und seiner praktischen wie symbolischen Verwendung als aristokratisierender artefaktischer oder Ding-Aktant, Plädoyer der Verwendung des Einglases für „junkerlichen Nachwuchs“ zur Einübung affektiver Beherrschung); Martin Havenstein: Vornehmheit und Tüchtigkeit dem deutschen Volke zur Einkehr, Berlin 1923, VII und 249 Seiten (darin auf Seite 15 Ausführungen zur adeligen Fähigkeit zur Konversation, auf Seite 16-20 zu Selbstbeherrschung und Selbstdarstellung des Adels); Miloslawa Borzyszkowska-Szewczyk,: „Adligkeit“ in fiktionalen Welten kodiert. Eduard von Keyserlingks „Harmonie“ und „Abendliche Häuser“, in: Silke Marburg / Sophia von Kuenheim (Herausgebende): Projektionsflächen von Adel, Berlin 2016, Seite 67-86 (betrifft unter anderem Familienbild, Selbstbeherrschung, Gruppenkontrolle); Monika Gussone: Standesdenken, in: Friedrich Jaeger (Hg.): Enzyklopädie der Neuzeit, Band XII, Stuttgart: Verlag J. B. Metzler 2010, Spalte 894-903 (nennt als Kernmerkmals des Adels: Verschwendung, Ehre, Statuskonsum, Konnubium, Abstammung, Geblüt, Tugend, Nichtarbeit, Turniere, Kleidung, Schmuck, Reitkunst, Cortegianos Hofmann, Sprezzatura, Körperbeherrschung).

10 = Carl Sternheim: Der Snob. Komödie in drei Aufzügen, Leipzig 1914, 99 Seiten (betrifft im satirisch-expressionistisch orientierten Werk über bürgerliche Parvenüs die Kraft der Anekdote in Adelserzählungen auf Seite 94, bringt eine Wald-Baum-Metapher für die hohe Gruppenkohäsion des Adels auf Seite 96, erläutert den Unterschied zwischen Bürgertum und Adel anhand des bloßen Verstreichens von Zeit auf Seite 45); Volker Nölle: Eindringlinge. Sternheim in neuer Perspektive. Ein Grundmodell des Werkes und der Phantasie, Berlin 2007, Seiten [betrifft auf Seite 37, 42, 82, 85, 109, 113-115, 128, 171-172, 191, 218, 228-229, 308, 452, 470 und 479 adelig-bürgerliche Heiraten als Tausch zwischen Namen und Geld, Unwilligkeit des Adels gegenüber Parvenüs, Verhältnis zwischen Nichtadel und Adel in den Sternheimschen Werken; enthält die These, daß es bei Sternheim stets um den sozialen Konflikt zwischen Eindringlichen und Schwellenwächtern oder -hütern ginge; Aliis Ulreich: Der Witzblattbaron, in: Marburger Zeitung (Marburg an der Drau), Nr. 16 vom 6. Februar 1913, Seite 1 (Abdruck eines Artikels aus der Deutschsozialen Rundschau; betrifft Merkmale des Parvenüs und gesellschaftliche Reaktionen auf sein oft „fehlerhaftes“ Verhalten im Habitus); Nomen Nescio: Die falschen Barone, in: Die Presse (Wien), Nr. 254 vom 4. November 1855, Seite 3 (betrifft parvenühafte Adelsanmaßung als zeitgenössisch übliche Kulturpraktik der „falschen Barone aus Liebhaberei“).

11 = Hierzu Heinz Reif: Die Junker, in: Etienne François / Hagen Schulze (Hg.): Deutsche Erinnerungsorte, Band 1, München 2001, Seite 520-536; Francis L.: Geschichte der preußischen Junker, Frankfurt am Main 1988, 223 Seiten.


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