Institut Deutsche Adelsforschung
Gegründet 1993
Online seit 1998


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Deframing und Reframing als Konzept für die Adelsforschung

Neuer Ansatz bei Transformationsprozessen kultureller Aneignung

In einer westdeutschen Zeitung erschien im Mai 1883 ein Aufsatz in Form einer Erzählung, die jedoch, obgleich erkennbar fiktiv angelegt, Alltagsgegenstände behandelte, die sich auf diese oder ähnliche Weise hätten abspielen können, so daß in diesem Falle die gewählte narrative Ausgestaltung des beschriebenen Phänomens nicht allein ein phantastisches Narrativ darstellte, sondern auch einem verbreiteten Phänomen der Welt jenseits der schönen Literatur einen literarischen Ausdruck verlieh.

Der Aufsatz hatte „Amerikanische Stammbäume“ zum Titel und spielte mit dem scheinbaren Gegensatz zwischen einer verfassungsseitig bewußt adelslos gestalteten Gesellschaft in Amerika einerseits und der Faszination von Amerikaner:innen für die alteuropäische Sozialeinrichtung „des Adels“ andererseits: „Der Stammbaum ist einer der ältesten Bäume der Welt; der berühmte Baum des Paradieses, an welchem die verbotenen Früchte wuchsen, war ohne Zweifel ein Stammbaum; denn nur an Stammbäumen wachsen die Aepfel der Erkenntnis. Alle berühmten alten Bücher: die Bibel, die Iliade, die Aeneide, die Edda, Saxo-Grammaticus, die Veden, Venerable Bedes Sachsenchronik etc. sind voll von Stammbäumen, die alle bis zu den Göttern hinaufreichen, wer in alten Zeiten nicht seinen Stammbaum bis zu den Göttern leiten konnte, der war gar nichts Rechtes, die sagenberühmten Helden, die großen Seeräuber und Könige waren nur die nebensächliche Zierde, die Hauptsache war es, Wodan oder sonst ein ‚Herrgöttle‘ zum Stammvater zu haben.
 
Die Königin Viktoria, die Grafen v. Rantzau, die Savoyer, die Welfen und viele andere leiten ihr Geschlecht bis auf Wodan, obgleich man heute noch nicht recht weiß, wie viel Generationen zwischen ihnen und dem ‚einäugigen Schelm des Himmels‘ liegen. Die Esterhazy‘s dagegen leiten ihre Herkunft von der Zeit vor der Sintflut her, denn damals soll ein in den Farben der Esterhazy‘s gekleideter Bedienter neben der Arche hergeschwommen sein, welcher Noah bat, doch ja den Stammbaum der erlauchten Familie mitzunehmen, damit dieser der Nachwelt nicht verloren gehe. Wenn man die Geschlechtsregister des Venerable Bedes nachrechnet, so müßte Wodan um die Zeit von Christi Geburt gelebt haben, Saxo-Grammaticus dagegen führt die Namenliste seiner fabelhaften Dänenkönige noch um ein Jahrtausend weiter zurück.

Vor fünfzehn Jahren herrschte ein gewaltiger Jubel in der amerikanischen Presse, weil ein Bostoner Heraldiker die Verbindung der Familie Washington mit Odin bis zur Evidenz erwiesen hatte. Vernünftige Leute, die den Lauf der Welt mit klarem Kopfe beobachten, haben jedenfalls schon die Bemerkung gemacht, daß mitunter an den besten Stammbäumen die schlechtesten Früchte wachsen und halten es deshalb mit den schönen Worten des Tiberius: ‚Ein bedeutender Mensch braucht keine Ahnen, er ist sein eigener Ahnherr.‘ Aber leider ist nicht jeder vernünftig, vielmehr ist gerade die Stammbaumseuche eine von den Krankheiten, welche periodisch ausbricht. Dieselbe grassiert jetzt unter den Geldprotzen in Newyork und anderen östlichen Städten der Union.
 
In Baltimore wird zur Zeit ein Kollege [1] für Heraldik gegründet und in der Metropole von Hudson (Newyork) befindet sich die einträglichste ‚Baumschule‘ der Welt, dieselbe pflanzt nur Stammbäume. Jeder reich gewordene Oelhändler oder Fischkrämer läßt seine Ahnen nachforschen und der gelehrte Heraldiker arbeitet mit einem Dutzend Gehülfen, um der Nachfrage zu genügen. Es giebt nur noch wenig reiche Familien in New York ohne Wappen, denn dieselbe Manie, welche vor 50 Jahren in Deutschland grassierte, wo jeder Schneider und Käsekrämer sein ‚Wappen‘ auf die Polster und Kissen in der ‚guten Stube‘ von seinen Töchtern einsticken ließ, wütet jetzt in Newyork, alles verlangt Wappen und Stammbäume. Ein Newyorker Journalist, welcher das dortige ‚Kollege of Heraldry‘ besuchte, war Zeuge der folgenden Unterredung zwischen dem Professor (?) und einem reichgewordenen Gemüsehändler.

‚Mein Name ist Hunks, und ich möchte mein Wappen haben, weniger meinetwegen, sondern meiner Frau wegen, die mir Tag und Nacht in den Ohren liegt.‘ ‚Hunks, Hunks!‘, sagte der Gelehrte nachdenklich – ‚stammen von de Huncussie, einem Ritter, welcher neben Gottfried von Bouillon focht[, ab]. Ihre Vorfahren waren Kreuzritter.‘ ‚Glaub es gern, haben ihr ehrlich Kreuz getragen, bis es mir gelang, durch eine Lotteriespekulation reich zu werden. Doch freut mich, Nachbar Livingstone meine Aristokratie auftrumpfen zu können.‘ ‚Wie hieß Ihre Mutter?‘ ‚Sarah – Sarah Slum.‘ ‚Englische oder wälsche Slums?‘ ‚Kanns nicht sagen, schon mehr Irländerin.‘ ‚Schwer auszufinden, die Familie der Slums ist sehr dunkel; glaube aber sie bis zum Konquest (d. h. bis zur Zeit der Eroberung Englands durch die Normannen 1060) hinaufführen zu können; kostet Sie 25 Dollars.‘ ‚Gar kein Gegenstand, führen Sie sie meinetwegen bis auf den höchsten Boden, nur muß es aristokratisch sein.‘ ‚Sicherlich höchst aristokratisch. – Wollen Sie auch einen Stammbaum?‘ ‚Bäume gedeihen nicht recht vor unserem Hause wegen der Gasleitung. Sie können mir einen nach meinem Landsitze Rosekraft schicken, so ein kleiner Baum, an dem große Birnen wachsen, wie Nachbar Gould importiert; würde meiner Frau viel Freude machen.‘ ‚Nicht doch, ich meinte einen Stammbaum, wie dort an der Wand. Sehen Sie, das ist der Stammbaum Grants voll von Sachsen-Edelingen, Normannenherzögen, auch ein König von Ulster ist dabei. Kostet 100 Dollars.‘ ‚Zahle Ihnen 125 Dollars, wenn Sie mir einen König hineinbringen; z. B. den König David oder Salomon. 25 Dollars für einen König ist gar kein Geld.‘ – Der Mann ging. In seiner Halle wird wahrscheinlich heute schon der Stammbaum hängen mit dem König David, und die späten Enkel dieses Biedermannes werden sich nicht wenig wundern, wie die alttestamentischen Juden in ihre Familie kommen. Doch die Welt will betrogen sein.“ [2]

An diesem ironisch-satirisch überformt dargestellten Beispiel wird erkennbar, daß es im Alltag eines paradoxerweise ebenso adelsaffinen wie adelsaversiven Landes durchaus üblich gewesen ist, sich als Nichtadeliger mit Adelswappen und Adelsstammbäumen zu schmücken, seine eigene familiäre Vergangenheit per Enrichissement zu verändern. Etwas anders lag indes der Fall zweier Kölner Bürger:innen, über die eine weitere westdeutsche Zeitung im Mai des Jahres 1933 notierte: „Die Seniorin der rheinischen Mumms, Elisabeth Mumm von Schwarzenstein, ist dreiundsiebzig Jahre alt in Köln verstorben. Unvermählt geblieben, lebte sie nur der Wohltätigkeit und war, ein seltener Fall bei Unverheirateten, Dame des Luisenordens geworden. Ihr Vater war Christian Mumm von Schwarzenstein, Chef des Kölner Großhandelshauses P. A. Mumm, dem 1874 der Adel unter diesem Namen erneuert worden war, trotzdem die Abstammung von dem ausgestorbenen klevischen Uradelsgeschlecht der Mumm von Schwarzenstein nicht ganz lückenlos nachgewiesen war. Ihre Mutter, eine geborene Farina, war die Erbtochter der berühmten Kölner Eau de Cologne-Firma ‚Johann Mari[unleserlich] Farina gegenüber dem Gülichsplatz‘. Die Firma befindet sich heute zur einen Hälfte im Besitze der Familie Mumm, zur anderen Hälfte im Besitze einer anderen Kölner Patrizierfamilie, der Heymanns. Teilhaber der Firma als Vertreter der Mumms ist ein früherer Generalstäbler, der Oberstleutnant a. D. Franz Karl von Bock, der Fräulein Alexandra von Mumm, eine Nichte des jetzt verstorbenen Fräuleins Elisabeth von Mumm, zur Frau hat. Uebrigens nahm die Firma nach dem Kriege einen großen Aufschwung. Es hatte sich nämlich unter den englischen Besatzungstruppen das Gerücht verbreitet, gerade dieses kölnische Wasser – es gibt noch viele andere – sei das Lieblingsparfüm der Königin von England gewesen, und wo nur irgend englische Truppen im Rheinland lagen, vor allem natürlich in Köln, wurde immer wieder das ‚Dschedschenüber‘ verlangt. So sprachen die Engländer das ‚Gegenüber‘ aus, womit sie abgekürzt das Kölnisch Wasser ‚Johann Maria Farina gegenüber dem Gülichsplatz‘ bezeichneten.

Ueber das Eau de Cologne gibt es übrigens noch ein anderes Kölner Dönchen. Der verstorbene Kölner Bankier und Rennstallbesitzer Freiherr Eduard von Oppenheim stand in regelmäßiger Geschäftsverbindung mit der Bankfirma Cahen in Paris, deren aus Amsterdam stammender Chef sich in San Marino den Grafentitel mit dem Zusatz seines Geburtsortes ‚d'Anvers‘ gekauft hatte. [3] Später ließ er den nicht gut klingenden Vatersnahmen Cahen weg und trug auf seinen Visitenkarten nur den Namen ‚Le Comte C. d'Anvers‘. Das ärgerte Oppenheim. Er ließ daher auch sich entsprechende Visitenkarten drucken, und als er wieder Cahen in Paris besuchte, brachte der anmeldende Diener diesem eine Karte, auf der stand: ‚Le Baron O. de Cologne‘.“ [4]

Alle drei Beispielfälle – der fiktive Stammbaum Hunks, die Adelsanerkennung Mumm und die Namensänderung Oppenheim lassen sich nun schon gut mit entsprechenden Adelstheorien einordnen oder, wie man auch sagen könnte, „rahmen“.5 Indes ist jüngst eine neue Theorie entworfen worden, die von dem für innovative Studien und Ansätze bekannt gewordenen niederösterreichischen Imreal-Institut (eigentlich „Institut für Realienkunde des Mittelalters und der Frühen Neuzeit“, wobei nicht ersichtlich ist, wie damit eigentlich die Abkürzung „Imreal“ zustande gekommen ist, da man vermuten könnte, daß das Institut abgekürzt eher „Inremi“ heißen könnte) in Krems an der Donau herstammt, das sich vor allem mit historischen Dingen, Materialien und Objekten befaßt und seine Forschung seit der Gründung von 1969 (sic!) unter anderem unter die Schwerpunkte „Object Links“, „Material(i)ties“, „Digital Humanities“ und „Sensing Materiality and Virtuality“ gestellt hat.

Ein neuer gedruckter Sammelband, den das Institut neben vielen frei zugänglichen Onlineaufsätzen herausgegeben hat, ist 2024 unter dem Titel „Framing, Deframing, Reframing. Wege, Mechanismen und Strategien kultureller Aneignung in Mittelalter und Früher Neuzeit“ erschienen. [6] Herausgegeben von Christina Antenhofer und Heike Schlie kostet der Band, der auf eine Tagung von 2021 zurückgeht, 88,00 €uro in der Druckversion des hardcovergebundenen Werkes; er ist im virtuellen oder örtlich-analogen Buchhandel unter der ISBN „978-3-8253-9517-9“ bestellbar, auf Wunsch im Übrigen auch als eBook im PDF-Format verfügbar. Erschienen ist er zudem in einem speziellen „Framing“, als Band XIX der Schriftenreihe „Interdisziplinäre Beiträge zu Mittelalter und Früher Neuzeit. Herausgegeben vom Interdisziplinären Zentrum für Mittelalter und Frühneuzeit der Universität Salzburg und vom Institut für Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit der Universität Salzburg in Krems“.

Wie üblich bei Tagungsbänden, die auf einem vorherigen Call-for-Papers beruhen, sind die Beiträge sehr heterogen und reichen von germanischen Bibelrezeptionsweisen über Satirewerke des 18ten Jahrhunderts bis hin zu zeitgenössischen Découpage-Möbeln des 21ten Jahrhunderts. Sie zeigen, auch dies nicht unüblich bei jener Sachliteratursorte, die breite Anwendbarkeit des Framingkonzeptes, das zwar im Band selbst in Hinsicht auf die Adelsforschung nur am Rande angeschnitten wird, [7] trotzdem aber einen überlegenswerten Ansatz darstellt.
Üblicherweise ist jedoch in solchen Tagungsbänden eine größere Einleitung vorhanden, die zumeist das Konzept oder den „Rahmen“ näher erläutert, unter dem die inhomogenen Aufsätze vereint werden sollen. Diese Einleitung könnte daher wesentliche theoretische Entfaltungen bereithalten, die auf die Frage ihrer Anwendbarkeit für die Adelsforschung zu prüfen wären.  Bemerkenswerterweise fällt zunächst der geringe Umfang dieser Einleitung auf, da nur sieben Druckseiten (Seite 7-14) dafür reserviert worden sind, während der Rest der Einleitung bereits der zusammenfassenden Erläuterung der Einzelbeiträge gilt (Seite 14-19). Allerdings ist auffallend, daß es in einzelnen Beiträgen dann noch weitere ergänzende Angaben zur Theorie gibt, so auf Seite 189, auf der der Verfassende, der eigentlich über die Wandlungen des Admiralbegriffes geforscht hatte, einen Vergleich zwischen dem Framingkonzept und Burkes Konzept des „kulturellen Austauschs“ anstellt. [8]

Die Theorie selbst ist indes rasch erklärt und besitzt wenige Verästelungen. Sie lautet gemäß Seite 7 des Sammelbandes: „Unter dem Stichwort des Framing stehen verschiedene Phänomene der kulturellen Aneignung in der Vormoderne im Fokus dieses Bandes. Dabei soll es primär nicht um das konkrete ,Was‘, sondern das ,Wie‘ der Aneignung gehen, also um deren Strukturen, Mechanismen und Strategien. Im Sinne eines Konzeptes des Aneignens als Form der kulturellen Produktivität gelten die Fragen sowohl der Motivation und dem Engagement der Akteur:innen, die den angeeigneten Gegenstand in neuen Deutungsmustern positionieren, als auch den Bedarfsstrukturen und Bedingungen, unter denen sich solche Gegenstände für eine Übernahme anbieten.“  Es handelt sich mithin um eine auch materielle Rahmenanalyse, aber nicht, wie man vielleicht assoziativ zunächst denken könnte, um eine Rahmenanalyse allein von Kommunikationsstrukturen nach Erving Goffmans Methode der „frame analysis“ (Seite 11).

Der Sammelband steht damit unter der Prämisse, daß „sich kulturelle Aneignungen nur unter der Berücksichtigung des De- und Reframing des Angeeigneten angemessen beschreiben, analysieren und bewerten“ ließen. Weiter heißt es spezifizierend zu den möglichen Untersuchungsgegenständen: „Wir sprechen von kultureller Aneignung, wenn kulturell geprägte Entitäten (Objekte, Konzepte, Rituale, Praktiken, Ideen, Motive, Narrative, Erzählstoffe etc.) aus anderen Kulturen oder aus anderen Segmenten der eigenen Kulturen übernommen werden. Kulturelle Aneignung kann als synchroner oder diachroner Transfer gefasst werden. Mit den übernommenen oder adaptierten Entitäten werden aber nicht zwingend die Konditionen ihrer Interpretation in den Herkunftskulturen übernommen und somit auch nicht ihre Bedeutungen und praxeologischen, symbolischen oder theoriebildenden Funktionen.

Vielmehr ist eine solche Übernahme zumeist mit Modifikationen und Umdeutungen verbunden. Die Fragen, die sich hier stellen, betreffen den Status der jeweiligen Entitäten sowohl in den Ursprungskulturen als auch in den neuen kulturellen Settings: Warum wird etwas übernommen? Wie sahen die Entitäten in den Ursprungskulturen genau aus? Welche Funktion, Relevanz und Bedeutung hatten sie? Auf welchem Weg gelangten sie in die anderen Kulturen? Inwiefern boten sie sich im Sinne der Affordanz für Übernahme und Umdeutung an, [9] wie wurden sie modifiziert? Welche Funktion, Relevanz und Bedeutung erlangten sie in der Folge? Welche anderen Entitäten ersetzten sie dort? Welche Aspekte des ‚Fremden‘ und des ,Eigenen‘ lassen sich im Prozess der Übernahme beobachten und welche Rolle spielen beide Aspekte dabei? Erscheinen die angeeigneten Entitäten in der Folge ganz und gar als Bestandteil der eigenen Kulturen oder sind ‚Fremdheit‘, Exotik bzw. Alterität wichtige Kennzeichen?“.

Ferner fügt der Sammelband einige Details hinzu, die sich bei der potentiellen Analyse eines Forschungsgegenstandes anböten; auf Seite 10 werden, indes nicht ganz überzeugend, zwei Reframing-Arten namens „Spolie“ (materielle Aneignung) und „Kopie“ (ideelle Aneignung) eingeführt, [10] auf Seite 13 erklärt, daß die Reframings stets in ihrer unterschiedlichen Intensität wahrgenommen werden könnten, beispielsweise „nachhaltig, produktiv, wirkungsvoll oder eben auch prekär“. An anderer Stelle wiederum erfährt man eher beiläufig auf den Seiten 12-13, obschon eigentlich doch auch zentral zur Theorie des De/Re/Framings gehörend, daß man intrakulturelle und interkulturelle Framings voneinander unterscheiden könne.  Was genau darunter zu verstehen wäre, wird indes nicht erläutert, nur auf Seite 12 mit einem Beispiel der vermuteten Nachahmung des Adels durch das Bürgertum bei frühneuzeitlichen vestimären Fragen erläutert. Allerdings stiftet gerade dieses nicht geeignete Exempel eher Verwirrung. Denn am angegebenen Ort heißt es ohne jede Reflektion dieser Einordnung, solch ein Vorgang sei „intrakulturell“ zu bewerten.

Das ist insofern verwirrend, da die bürgerliche und die adelige Kultur nicht als identisch zu verstehen wären. Im Gegenteil gab es, trotz gegenseitiger Einflußnahme, [11] seitens bestimmter Vertreter:innen des Bürger- wie des Adelstums etliche Distinktionsstrategien, die darauf hinarbeiteten, gerade keine einheitliche Kultur zwischen diesen beiden Sozialgruppenbildungen entstehen zu lassen. [12] Wenn man aber, wie die Sammelband-Initiator:innen, davon ausgehen möchte, daß Bürger- und Adelstum eine Kultur darstellen würde, müßte man zumindest erläutern, welche dies sein soll. Ist vielleicht die deutsche Kultur gemeint oder die Kultur des 19ten Säkulums? Die Frage bleibt bedauerlicherweise offen. Im selben Abschnitt (auf den Seiten 12-13) findet sich dann noch einmal, nun jedoch detaillierter, die schon angerissene Einteilung in synchrone und diachrone Aneignungen: Mithin können demnach Entitäten aus parallel bestehenden anderen Kulturen (beispielsweise Adel neben zeitlich existentem Bürgertum, Frankreich neben deutschen Ländern, partriarchale neben matriarchalen Gesellschaftsformationen et cetera) als  – zeitgleich-raumdifferent – übernommen und „ge-re-framt“ werden, aber auch Entitäten – zeitdifferent-raumgleich/different – aus zeitlich verflossenen Epochen (beispielsweise die „Elgin Marbles“ der Antike im England des 19. Centenariums). [13]

Allerdings ist zu bemerken, daß die im Sammelband benützte Begriffsklärung der „kulturellen Aneignung“ in einem Widerstreit steht mit anderen (aufgrund ihrer Kontroversität eher bekannten dezidiert bewertenden) Definitionen, hier also neutraler verstanden wird [14] als beispielsweise bei Distelhorst, der den Transfer von Kulturbestandteilen in bestimmten Fällen als Diskriminierung einer Minderheitenkultur durch eine dominante Kultur oder deren Vertreter:innen versteht und daher eine Form der Herabwürdigung konstatiert. [15]

Der von den Sammelband-Initiator:innen gewählte Ansatz der zunächst bewertungslosen Aneignungsdefinition und -analyse hat indes zweifelsfrei den Vorteil, daß damit auch nichtdiskriminierende Prozesse untersucht werden können; sie lassen zumindest die entsprechenden Vorgänge für eine mögliche spätere auch bewertende Sichtweise offen.

„Kulturelle Aneignung“  – mit und ohne Diskriminierungsabsicht – ist indes auch bei der Behandlung des Adels historisch nachweisbar. Beispiele dafür sind die antinobilistische und daher auch dezidiert adelsabwertende Ausstellung des Feudalmuseums auf Schloß Wernigerode zur DDR-Zeit, [16] dann aber auch die eher neutral zu wertenden Ideen der Reichsverdichtung, [17] der Verfassungsdiskurse, [18], aber auch die Theorie des Aristokratismus‘. [19]

Ebenso zeigt die im Sammelband enthaltene Aussage „Im Fall einer Invention of Tradition beispielsweise wird für diejenige Sache, für welche Anciennität behauptet wird, auch ein virtueller älterer Frame konstruiert“ (Seite 13) offensichtlich positive Anknüpfungspunkte an die Adelsforschung und speziell an einige Strategien von klassisch sogenannten „Nichtadeligen“, möglichst für eine „longue durée“ – entweder ausschließlich selbst oder gar mit ihrer Familie für künftige Zeiten – in „den Adel“ zu gelangen; hier wären historische Adels-„Hochstapler“ ebenso zu nennen wie „Adelserneuerungen“.

So meldete eine österreichische Zeitung 1914 das Reframing eines Schlosses mit folgender Aristokratisierung der kaufenden Person: „Mit 3000 Kronen Anzahlung kaufte ein Hochstapler, der sich Baron von Beskow-Radosch nannte, in Meran das Schloß Pienzenau um 260.000 K.[ronen] – Warum auch nicht, wenn er Dummköpfe findet, die ihm aufsitzen? – Daß er, unter der Angabe, ein großes Vermögen und ausgedehnte Besitzungen in England und Deutschland zu haben, mit seiner Frau auf großem Fuße lebte und fast drei Jahre lang die Leute foppen konnte, ist nur ein Zeichen unserer Zeit, die allen Maulhelden und Protzen zu Füßen liegt. Auch die Steuerbehörde, welche dem ‚Herrn Baron‘ die Kauftaxen von 7700 K[ronen] seit zwei Jahren ‚stundete‘, ist unter den Geschädigten! Nachdem er allzuviele Vertrauensselige angepumpt hatte, verschwand der Herr Baron jetzt und nun entdeckte man, daß er ein Fuhrmannssohn mit Namen Hans Beskow aus Berlin ist!“ [20] Das hier zu beobachtende Reframing des Schlosses Pienzenau in nichtadelige Hände bewirkte mithin ein Reframing auch der das Schloß erwerbenden Person, wenn auch nur temporär. Ähnlich lag der Fall der„inventions of tradition“ bei Adelsrenovationen. [21]

Lassen sich hierbei bereits erste Anklänge beziehentlich potentielle Anwendungsgebiete des Framingkonzeptes auch im Bereich der Adelsforschung erkennen, offenbart diese Anpassung den größten Vorteil einer derart simpel angelegten Theorie des Rahmens. Er liegt in der nahezu universellen Anwendbarkeit auf viele Themenbereiche; fehlende Komplexität ermöglicht ebenso zahllose wie leicht zu bewerkstelligende Adaptionen an den jeweiligen Forschungsgegenstand. Auffallend ist, daß indes an mehreren Stellen deutlich Bezug genommen wird gegen die Kontexttheorie (Seite 9-10, 12 und 189); so heißt es auf Seite 9, man spräche in den Kulturwissenschaften „oft vom ‚Kontext‘ und in den Fällen des Transfers dieser Gegenstände von ‚Rekontextualisierung‘ oder dem ‚neuen Kontext‘, in dem eine transferierte bzw. angeeignete Entität eine (neue) Bedeutung erlangt oder eine (neue) Funktion“ erfülle. Jedoch lehne man dieses Konzept ab, da die Framingperspektive „fachübergreifend die Phänomene kultureller Aneignung in ihrer Prozesshaftigkeit und den Aspekt der Übernahme in das eigene kulturelle System besser erfassen“ könne (Seite 10) und „Die Übertragung des Framing-Konzeptes auf kulturelle Aneignungsprozesse, mit der Ergänzung um die Techniken von De- und Reframing, bietet den Vorteil, dass schon mit dem Begriff des Frame oder Framing unmittelbar nachvollziehbar ist, dass sich die Wahrnehmung, Nutzung und Bedeutung ein und desselben von Frame zu Frame wandernden Objektes mit jedem neuen Frame ändert – auch diesen Aspekt erfasst das Framing prägnanter als der Kontext“ (Seite 12).

Allerdings hat das Framingkonzept auch zwei Nachteile. Der erste Nachteil liegt in seiner schon als Vorteil angerissenen Simplizität und Unterkomplexität: Deframing und Reframing sind als Dekonstruktion und Rekonstruktion [22] im weitesten Sinne nicht besonders ausdifferenziert genug, um alle Wechselfälle vorfallenden Wandels in den Blick zu nehmen. So gibt es eine ganze Reihe anderer Ansätze, die wesentlich komplexer und damit auch detailreicher arbeiten. Zu nennen wären beispielsweise verschiedene Interkulturalitätsansätze, die sich mit Austauschprozessen zwischen Kulturen befassen, so die von Barmeyer (2012). [23]
Dabei geht es zwar wesentlich um das Gelingen und Mißlingen („Critical Incidents“) von Transferprozessen von einer Kultur in eine andere Kultur, der Ansatz bezieht sich aber nicht allein auf Fragen der Kommunikation. So notierte Barmeyer (2012) in einem Taschenlexikon, Kulturtransfer sei ein „Begriff zur Umschreibung und Erklärung oft unbewusst wirkender externer Einflüsse auf Entwicklung und kulturellen Wandel in sozialen Systemen (Gesellschaften, Organisationen etc.). Dem Kulturtransfer liegt die Annahme zugrunde, dass soziale Systeme sich nicht nur durch internen Wandel beispielsweise der Werte verändern, sondern in besonderem Maße auch durch externe Einflüsse und den kulturellen Import aus anderen sozialen Systemen. Dabei handelt es sich folglich um eine punktuelle Betrachtung kultureller Beeinflussung innerhalb des allgemeinen Verständnisses von Kultur als kontinuierlicher Prozess von Konstruktion und Dekonstruktion […] Im engeren Sinne bezeichnet Kulturtransfer jedoch ein ursprünglich kulturhistorisches Modell zur Nachzeichnung und Erklärung kultureller Austauschprozesse zwischen Gesellschaften [...]. Kulturtransfer ist ein asymmetrischer Prozess, bei dem kulturelle Artefakte (Literatur, Musik, Ideologien, Ideen etc.) und Praktiken eines kulturellen Systems übertragen und angepasst werden.

Kulturtransfer kann auf den verschiedenen Ebenen interkulturellen Kontakts (Drei-Ebenen-Modell) ablaufen und umfasst nach Lüsebrink (2008) meist drei chronologisch abfolgende Prozesse: Selektion, Vermittlung und interkulturelle Rezeption. Neben Akteuren und Prozessen der Vermittlung liegt der Fokus der Interkulturalitätsforschung (Interkulturalität) vor allem auf den verschiedenen Rezeptionsmöglichkeiten. Diese umfassen die bereitwillige Übertragung und Integration ebenso wie Prozesse der kulturellen Anpassung und produktiven Rezeption (Interkultur) sowie vollkommenen Widerstand und Ablehnung (Resistenz).“ [24] Man sieht hier auf der Affordanzseite bereits differenziertere Ansätze als beim Framingkonzept. Einen ähnlichen Befund, allerdings nur hinsichtlich der Differenziertheit, nicht der Anwendung, kann man auch für Yousefis (2011) Gedanken zur Interkulturalität antreffen. [25]
 
Sehr wohl aber differenziert und auch auf Framingvorgänge beschreibend und analysierend anwendbar ist – über Barmeyer (2012) hinausgehend – das interdisziplinäre Modell der Transformation nach Böhme (2012), dessen Erwähnung jedoch im Framingsammelband bemerkenswerterweise, obschon bereits älteren Datums, bislang nicht ermittelt werden konnte. [26] Gegenüber dem Deframing-Reframing-Ansatz werden hier dezidiert und detailliert auch viele spezifische Formen des Transfers behandelt. In zwei aus empirischer Forschung abgeleiteten Möglichkeitskonzepten, beruhend vor allem auf Antikenforschungen, [27] durchaus anwendbar aber auch für die Adelsforschung und den Adel mit seiner stetigen Re-Inventionsfähigkeit über die Jahrhunderte hinweg [28] gibt es dort sowohl eine Systematik mit 15 als auch eine Systematik mit acht Transformationstypen. [29] So wird in der ersten Systematik beispielsweise die recht raffinierte und nicht gleich einschlägig zu vermutende Transformationsform der „Negation“ wie folgt beschrieben: „Transformatorisches Verfahren der aktiven und expliziten Ausgrenzung. Das Objekt wird zurückgewiesen, bleibt aber gerade in der negativen Bezugnahme stets präsent bzw. wird dadurch erst konstruiert. Im Unterschied zur Ignoranz ist das Verhältnis ein demonstrativ ablehnendes. Ein Beispiel sind die berühmten ersten Sätze des von Filippo Tommaso Marinetti verfassten Ersten Manifests der Futuristen (1909), in dem er in radikaler Abkehr von der akademischen Tradition die moderne Maschine an die Stelle der antiken Kunst setzt, deren Erbe er als gleichermaßen Lebens- wie fortschrittsfeindlich darstellt: ‚Ein Rennwagen [...] ist schöner als die Nike von Samothrake. [...] Wir wollen [Italien] befreien von den unzähligen Museen, die es wie unzählige Friedhöfe zudecken.‘“ [30]

Derlei Systematiken laden daher im Gegensatz zu dem eher rudimentären Framingansatz eher zu einer tiefergehenden Analyse von kulturellen Wandlungsprozessen ein. Allerdings können fertige Systematiken, die als in sich hermetisch abgeschlossene Strukturalisierungsversuche wahrgenommen werden könnten, Fälle nicht integrieren oder untersuchen, die zwar möglicherweise in der Empirie vorkommen, aber von den Autor:innen nicht mitbedacht worden sind. Zumindest beim 15 Aneignungsweisen umfassenden Transformationskonzept wird daher durchaus einschränkend betont, daß die Systematik nur als „offene Liste“ zu verstehen sei, die eine konkrete historische Analyse nicht ersetzen könne, sondern nur als Hilfsmittel für die konkrete Arbeit zu verstehen wäre.31
Der zweite der beiden angesprochenen Nachteile der Framingtheorie ist der Rahmenbezug an sich. Denn es wird auf Seite 8 (in Fußnote 2) betont, daß das Framingkonzept passend für allerlei dynamische Prozesse des Transfers wäre und man sich der Komplexität, Fluidität und Heterogenität von Kulturen bewußt sein müsse. Dieses Gedankenexperiment erinnert an den auf den ersten Blick paradox erscheinenden Begriff der Praxisformation in der Praxistheorie. [32]

Beide Ansätze bilden den Versuch ab, Entitäten, die als relativ dauerhaft in einer “longue durée“ erscheinen, dennoch nicht als unveränderbaren steinernen Block oder als festgefügte Struktur wahrzunehmen, obschon gerade dies – die scheinbar kontinuierlich-unverrückbare Einheit aus Entitäten – als Versuchung aufscheint, einen festen Merkmalskatalog ermitteln zu wollen. Auch die Adelsforschung ist dieser überaus verständlichen Neigung erlegen, die über eine „longue durée“ beobachtbaren Sozialform(en) „des Adels“ als universalistisch zu erklären und feste Merkmale zu extrahieren, die (in allerdings einander widersprechenden) Modellen zusammengefaßt worden sind. [33]

Dabei ist der Rahmen per se eine statische Entität, wie sie auch augenfällig auf dem Titel des Sammelbandes mehrfach (sowohl gegenständlich als Holzrahmen als auch geometrisch) abgebildet worden ist. Mithin ist die Metapher zumindest der abgebildeten Bilderrahmen unpassend, denn gerade die Starrheit des Bilderrahmens kann nicht adäquat die Dynamik von Transferprozessen einfangen, zumal, wie auf den Seiten 190-191 aufgezeigt wird, daß Rahmungen oder Framings im Prozeß kultureller Aneignungen ein unabschließbares Phänomen seien, so daß sie nicht allein einen einzigen Transfer betreffen, sondern stets eine unendliche Kaskade von Aneignungen und einvernehmenden Anverwandlungen beinhalten würden – ganz so wie der Praxisformation.

Der Transformations- und der Framingansatz haben jedoch weitere Ähnlichkeiten wie auch Unterschiede. Im Transformationsansatz wird basal stets von „Referenzbereich“, „Aufnahmebereich“ und von „Agenten der Transformation“ ausgegangen, [34] während der Framingansatz neben den zentralen zwei „kulturelle[n] Systeme[n]“ besonders „den Transfer“ kennt (Seite 10), mithin nicht so sehr primär auf den Agenten eingeht, auch wenn dieser, beispielsweise bei postkolonialen Studien über Machtverteilung, durchaus in den Fokus rückt (Seite 11). Die im Sammelband auf Seite 7 gebrachte Behauptung, Prozesse kultureller Aneignungen seien nur durch das Konzept des De/Reframings angemessen zu beschreiben, ist indes zurückzuweisen; nicht derlei sprechaktlich versuchte Alleinstellungsansprüche, sondern die Geeignetheit einer Theorie durch die Passung zwischen Forschenden, Forschungsfrage, Quellen und Forschungsgegenständen sollte allein ausschlaggebend dafür sein, welche Theorie herangezogen werden kann. Allein der Versuch einer autoritären Vorabbestimmung einer Theorie, die zur Metatheorie für bestimmte Sachverhalte erklärt wird, widerspricht dem allgemein anerkannten Gebot der Wissenschaftsfreiheit, ist bestenfalls als eine Überschätzung eines spezifischen Ansatzes zu verstehen.

Besser wäre daher die Formulierung gewesen, nach der der Framingansatz  aus diesen und jenen Gründen besser geeignet für diese oder jene Fragestellung sein könnte als andere Ansätze. Auch der Behauptung auf Seite 13 des Sammelbandes, daß Deframing und Reframing als eine „permanente Ordnungsleistung“ von Handelnden zu betrachten wäre, kann widersprochen werden, denn dabei wird außer Acht gelassen, daß auch Vernachlässigungen (beispielsweise Ruinen verfallener Burgen), Naturkatastrophen (beispielsweise Sturmfluten, Erdbeben) und Zufälle (beispielsweise Nützung von Gelegenheiten bei „Adelshochstapler:innen“) zum Deframing führen können, die dann als Reframing der nur noch partiell (armlos) überlieferten und rezipierten „Venus von Milo“ oder bei der Neugestaltung von Poststurmflutlandschaften aufscheinen können. In allen diesen Fällen ergaben sich neue „Ordnungsleistungen“ erst beim Reframing, nicht aber schon beim Deframing.

Abgesehen von diesen Bemerkungen eher kritischer Art kann jedoch das Framingkonzept im Bereich kultureller mehr oder minder „neutraler“ Aneignung auch in der Adelsforschung sicherlich mit Gewinn benützt werden, wobei stets der Zusammenhang zwischen Erkenntnisleitung, Fragestellung und Materialien zur Fragenbeantwortung maßgeblich zu einer Entscheidung für oder wider eine Theorie sein sollte. Pauschal kann man den Framingansatz daher für die Adelsforschung sicher nicht als grundsätzlich ungeeignet oder per se als geeignet bezeichnen. Der in Rede stehende Sammelband ist jedenfalls eine zur Entscheidung im Vorfeld eines Forschungsvorhabens dienliche ebenso wie aussagekräftige Grundlage, um die Theorie dann gegebenenfalls und möglicherweise für eigene Forschungsvorhaben rund um die Gentilhommerie fruchtbar und nutzbar zu machen – oder zu „reframen“, um im Bilde zu bleiben. Dies haben nicht zuletzt die drei eingangs erwähnten Exempel des fiktiven Stammbaums der Hunks, die Mummsche Adelsanerkennung und die Oppenheimische Namensänderung aufzeigen können, die sich nahtlos und mit Gewinn mittels des De/Re/Framingkonzept praxeologisch einordnen und analysieren ließen.

Die vorstehende Rezension stammt von Dr. Dr. Claus Heirnich Bill und erscheint auch gedruckt in der Zeitschrift für deutsche Adelsforschung. Zu den Annotationen:

1 = Sic! Gemeint war wohl eher „College“ beziehentlich „Kollegium“.

2 = Nomen Nescio: Amerikanische Stammbäume, in: Mindener Zeitung. Zugleich Organ für die Fürstenthümer Lippe-Detmold und Schaumburg-Lippe (Minden in Westfalen), Jahrgang XIX,  Ausgabe Nummer 120 vom 26. Mai 1883, Seite 1.

3 = Es war dies bei Doppel- beziehentlich österreichischen Prädikatsnamen ein auch archivalisch nachweisbares öfter zu beobachtendes Vorgehen des Wunsches einer Namensveränderung. Siehe dazu exemplarisch die Akte mit der Signatur „AT-OeStA/AVA Adel HAA AR 351.12“ unter dem Titel „Heidler von Egeregg und Syrgenstein, Dr. Karl Freiherr, Geheimer Rat, a.o. Gesandter, und seine Gattin Sophie, geborene Gräfin von Waldburg-Wurzach, Gestattung der Ablegung des Prädikats ‚Syrgenstein‘ und Änderung des Wappen für ihn, Ablegung des bisherigen Familiennamens und Adels sowie Führung des Namens und der Standesvorzüge einer Gräfin von Waldburg-Wurzach, verwitwete Gräfin von Waldburg-Syrgenstein für sie“ (Laufzeit 1908); Akte mit der Signatur „AT-OeStA/AVA Adel HAA AR 861.28“ unter dem Titel: „Schluet, Edler von Schluetenberg, Richard, k.k. Major, Karl, k.k. Hauptmann, Bewilligung zur Ablegung des Namens Schluet und alleinige Führung des Prädikats Schluetenberg“ (Laufzeit 1870); Akte mit der Signatur „AT-OeStA/AVA Adel HAA AR 4.9“ unter dem Titel:„Afan de Rivera von Roccalmare, Kajetan, Linienschiff-Fähnrich, und Nikolaus, k.k. Oberstleutnant, Prävalierung des Titels ‚de los marques de Villanueva de las Torres‘ und des zugehörigen Familienwappens unter Ablegung des 1901 verliehenen Prädikats ‚Roccalmare‘ nebst Wappen“ (Laufzeit 1907) und so weiter. Weiterführend dazu siehe auch James Baumann: Das Recht auf den Vornamen, in: Aachener Anzeiger (Aachen), Nr. 96 vom 24. April 1912, Seite 4 (betrifft unter anderem die Gewohnheit, bürgerlichen Namen bei Nobilitierung als Erstnamen zu benützen und um ein Prädikat, oft ein Territorialprädikat, zu ergänzen); Johann Ludwig Ehrenreich Graf von Barth-Barthenheim: Das Ganze der österreichischen politischen Administration, Band I, Wien 1838 (darin auf Seite 130 Angaben zu den Territorialprädikate bei Schaffung der „zweiten Gesellschaft“ zur Prestigemehrung verliehener Adelsnamen); Nomen Nescio („Von unserem Korrespondenten“): Wie man in Ungarn adelig wird, in: Arbeiter-Zeitung (Wien), Nr. 177 vom 30. Juni 1910, Seite 5 (betrifft die teils als diskriminierend empfundene äußerlich erkennbare Kennzeichnung der Unebenbürtigkeit des Neuadels gegenüber dem Altadel durch Territorialprädikate mit Ortsbezug im neu verliehenen Namen; enthält viele Namensbeispiele aus der Praxis); Wilhelm Tobler-Meyer: Deutsche Familiennamen nach ihrer Entstehung und Bedeutung, mit besonderer Rücksichtnahme auf Zürich und die Ostschweiz, in: Neue Zürcher Zeitung (Zürich), Nr. 17 vom 17. Januar 1889, Seite 1-2 (betrifft auch Adelsnamen und Namensbeifügungen bei der Nobilitierung in Form von Territorialprädikaten).

4 = Nomen Nescio: Aus dem gesellschaftlichen Leben. Die neuen Militär- und Marineattachés, Zum Tode der Prinzessin Mathilde von Sachsen, Genealogisches vom „Gegenüber“, in: Der Mittag. Illustrierte Tageszeitung für Sport, Verkehr, Politik und Kunst (Düsseldorf), Jahrgang XIV, Ausgabe Nummer 109 vom 11. Mai 1933, Seite 12.

5 = Es sind dies die Theorie „Aristokratismus 2.0“ und „Un/doing nobility“. Die erstgenannte Theorie besagt, „Aristokratismus 2.0“ dies sei ein „retroaktiver Vorgang, bei dem Akteur*innen interkulturelle Transformationen von – in Eigen- und Fremdzuschreibungen – in bestimmten Zeiten und Räumen für typisch adelig und aristokratisch gehaltenen Attributen (Eigenschaften, Namen, Symbole, Werte, Praktiken, Artefakte) vornahmen. Diese Transformationen erfolgten zweischrittig durch a) die Herauslösung partieller Attribute aus traditionellen Adelskontexten, die als Projektionsquellen (Referenzkultur) wahrgenommen wurden und b) den formenreichen Einbau jener partiellen Attribute (z.B. durch Assemblage) in nichtadelige Kontexte (Annahmekultur). Zweck dessen war eine importierte Neubewertung der Aufnahmekultur, die durch Schimpfklatsch abgewertet (z.B. Snobismus, Dekadenz) oder durch Lobklatsch aufgewertet (z.B. Geistesadel, Bauernadel) werden konnte.“ Zitiert nach Claus Heinrich Bill: Aristokratismus 2.0. Weiterentwicklung eines Forschungsansatzes der Marburger Schule als Adelstheorie, in: Institut Deutsche Adelsforschung (Hg.): Zeitschrift für deutsche Adelsforschung, Jahrgang XXIV, Folge Nr. 115 (Jänner), Sonderburg 2021, Seite 19. Dagegen versucht die Adelstheorie „Un/doing nobility“ zu verstehen, was Adel ist und erklärt dies so: „Nicht/Adel war eine (innerhalb ständischer Humandifferenzierung) durch performative Anrufung, Aushandlung und Aufführung situativ erfolgende und folgenreiche (bestätigende, anzweifelnde, verweigernde) soziale Zuschreibung mittels Handlungen (z.B. Bild-, Schrift-, Körper- und Sprechakten) von sich einmalig, wiederholt oder seriell in fragilen Netzwerken zusammenschließenden obligatorischen Aktanten (Menschen, Räumen, Kleidung, Images) und fakultativen Aktanten (z. B. Dingen, Tieren) mit unterschiedlichen Machtraten in differenzierter Dauer und Intensität.“ Zitiert nach Claus Heinrich Bill: Neue Adelstheorie Un/doing Nobility 4.0 (Modell Bill 2024), Sonderburg 2024,7 Seiten.

6 = Dennoch müßte der Titel des Werkes – inhaltlich besehen – eigentlich anders lauten: Framing als Haupttitel zeigt zwar, bereits praxeologisch orientiert, die Rahmungshandlung an sich an, Deframing als Entrahmung und Reframing als Neurahmung sind jedoch unterhalb dieser Ebene zwei verschiedene Ent/Rahmungsprozesse und daher lediglich Partialbereiche des Framings. Insofern stehen Framing, Deframing und Reframing nicht gleichberechtigt nebeneinander, was durch eine Titeländerung deutlicher hätte gemacht werden können; so wäre etwa der Titel „Deframing und Reframing als Prozeßteile des Framings bei kulturellen Aneignungen“ oder ähnlich empfehlenswert gewesen.

7 = Es ist dies erstens ein Beitrag über eine 1770 aufgeführte Parodie auf die Hochzeit der österreichischen Erzherzogin Marie Antoinette aus Wien in Versailles auf den Sammelbandseiten 325-340, hat also nur im allerweitesten Sinne etwas mit Adelsforschung zu tun, gleichwohl aber zugegebenermaßen mit dem für die Erforschung der deutschen Gentilhommerie einigermaßen entfernten Themenbereich des höfischen französischen Theaters. Zweitens werden isländische frühneuzeitliche Rittersagas analysiert (Seite 59), drittens an anderer Stelle am Rande (auf Seite 12 in der Hinführung zur Framing-Thematik) die Aussage enthalten: „Eignet sich beispielsweise das Bürgertum der Frühen Neuzeit im Rahmen von bestehenden Kleiderordnungen Attribute des Adels an [...], so bedingt dies die Kenntnis, Nutzung und auch Gültigkeit des primären Frame[s].“ Drittens geht es um Adelsleitbilder bei der Vorstellung von Tempelherren in Filmen (Seite 137): „Seit jeher fungieren die Templer als ambivalente Figuren, die bereits den Zeitgenoss:innen eine klare Kategorisierung ihrer Natur verwehrten. Halb Ritter, halb Mönch symbolisierte der Ordensritter eine adelige Institution und zugleich eine geistliche Instanz, die auf die zwei herrschenden Stände des Mittelalters verwies. Aufgrund seiner doppelten Identität, Aristokratie und Klerus umschließend, tritt der Templerim Historienfilm und in historischer Fiktion als das in seiner Epoche vorherrschende System auf, Feudalismus und kirchliche Hierarchie vereinend. Ob die mittelalterliche Gesellschaft von den Filmschaffenden als positive Utopie oder als negative, rückständige temporelle [sic!] Opposition zur fortschrittlichen Moderne verstanden wird, lässt sich anhand des Reframings und Recyclings der Templerfigur ablesen.“

8 = Von den Herausgebenden waren die vermutlich zumeist monodisziplinär orientierten Autor:innen gemäß Seite 14 des Sammelbandes dazu aufgefordert worden, intradisziplinäre Vergleiche anzustellen, bei denen sie das als überdisziplinär verstehbare Framingkonzept mit Methoden und Sichten ihrer je eigenen Disziplin in Beziehung setzen sollten.

9 = Dazu siehe weiterführend Stefan Meier: Affordanzen als mediale Dispositive. Neue Anregungen zur Konzeptualisierung des Interdependenzverhältnisses zwischen Zeichen, Medien und kommunikativer Praxis, in: Zeitschrift für Semiotik, Band XLI, Heftausgabe Nummer 1/2, Tübingen: Stauffenburg 2019, Seite 37-61.

10 = Spolien oder Beutestücke können sowohl materieller Natur sein, also Gegenstände im weitesten Sinne (auch Tiere oder Menschen können Spolien werden), aber denkbar sind auch geistige Spolien wie bestimmte Ideen (Marx‘ Grundsätze des Kommunismus‘ wurden durch die Rezeption und Verarbeitung im real-existierenden Sozialismus der Deutschen Demokratischen Republik zur gedanklichen Spolie). Ebensogut können aber „Kopien“ (nimmt man die Metapher ernst) auch materieller Natur sein, aber es spricht auch kein Einwand dagegen, der Kopien als geistig anspricht, so läßt sich ein adeliger Habitus auch von Temporaradeligen oder sogenannten „Hochstaplern“ imitieren beziehentlich „kopieren“. Siehe dazu exemplarisch Georges Manolescu (1871-1908), der, bevor er öffentlich als „Fürst Lahovary“ auftrat, aristokratische Gesten vor dem Spiegel geübt haben will; siehe dazu Georges Manolescu: Gescheitert. Aus dem Seelenleben eines Verbrechers, Berlin: Langenscheidt 1905, Seite 38. Zum „Spiegel als Lehrmeister“ für Hochstapler siehe indes Katja Schmidt: Lüge, Hochstapelei und Bildung. Bildungstheoretische Annäherungen und biographische Rekonstruktionen, Bielefeld: Transcript 2018, Seite 248-249. Zu einem ferneren Beispiel siehe auch eine Meldung über das Reframing aristokratischer Umgangsformen und Namens- wie Adelstitelbezeichnungen durch institutionell als „nichtadelig“ klassifizierte Personen aus der Kölnischen Zeitung (Köln), Morgenausgabe Nr. 282 vom 11. Oktober 1889, Seite 2, wo es heißt: „Köln, 10. Oct. Seit einiger Zeit treibt sich ein Hochstapler umher, der vorzugsweise Familien aufsucht, welche in verwandtschaftlichen Beziehungen zu dem in den baltischen Provinzen eingesessenen Adel stehen. Er selbst legt sich abwechselnd deren Namen bei und weiß durch gewandte Formen und große Personalkenntnis sich Credit zu verschaffen. In Basel trat er unter dem Namen ‚Baron Buddberg‘, in Bonn und Köln als ‚v. Wahl‘ auf. Er ist ein noch junger Mann, mittelgroß, brünett und spricht livländischen Dialekt. Es könnte derselbe Schwindler sein, der während des Sommers als angeblich kurländischer Edelmann in verschiedenen Schweizer Curorten sein Wesen getrieben und den Damen ihre Uhren und Schmuckgegenstände teils abgeschwindelt, teils geraubt haben soll. Möchte derselbe, wo er auftaucht, sofort der Polizei zur Anzeige gebracht werden.“

11 = Früher sprach die Adelsforschung von Verbürgerlichung des Adels und Feudalisierung des Bürgertums, so bei Norbert Elias: Wandlungen des Verhaltens in den weltlichen Oberschichten des Abendlandes, Frankfurt am Main 2010, 502 Seiten (Band CLVIII der Reihe „Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft“; Nachdruck der zuerst 1939 erschienenen Publikation des 1990 verstorbenen Soziologen Elias; betrifft unter anderem höfische deutsche Anschauungsweisen, höfischen deutschen Adel, höfische Sprachmodellierung, mittelalterliches Ritterleben; enthält ferner die These der Verhöflichung bürgerlicher und der Verbürgerlichung höfischer Menschen); Josef Matzerath,: Verbürgerlichung [des Adels und Feudalisierung des Bürgertums], in: Eckart Conze (Herausgebender): Kleines Lexikon des Adels, München: C. H. Beck 2005, Seite 229-232; Ricarda Stobernack: Verbürgerlichung des Adels? Die Lebenswelten katholisch-adeliger Mütter im 19. Jahrhundert, in: Markus Raasch (Hg.): Adeligkeit, Katholizismus, Mythos. Neue Perspektiven auf die Adelsgeschichte der Moderne, München 2014, Seite 111-133 (enthält drei Fallstudien adeliger Katholikinnen, Konzeptionen des bürgerlichen und adeligen Frauentyps, Unterschiede in adeliger und nichtadeliger Kindererziehung); Harff-Peter Schönherr: „Der Superstar Klopstock“. Die dänische Skandinavistin und Germanistin Anna Lena Sandberg erklärt im Zuge einer Ringvorlesung, wie kosmopolitisch die deutsch-dänischen Salons in Kiel um 1800 waren, in: Taz. Die Tageszeitung (Berlin), Ausgabe vom 22. Mai 2023, Seite 27 (Interview mit der Referentin zu ihrem Vortrag in der düsternbrookischen Ehlers-Akademie am 30. Mai 2023 unter dem Titel „Die Rolle der Salons im kulturellen Leben Kiels“ über schleswig-holsteinischen gemischtständische Salonkultur in den Herzogtümern mit vorwiegend adeligen Frauen wie Stolberg und Reventlow-Emkendorf als Vorsteherinnen; reproduziert auch die These „Verbürgerlichung des Adels“); Dieter Lohmeier: Der Edelmann als Bürger. Über die Verbürgerlichung der Adelskultur im dänischen Gesamtstaat, in: Dieter Lohmeier (Hg.): Die weltliterarische Provinz, Heide in Holstein 2005, Seite 7-38; Wolfgang Schwentker: Die alte und die neue Aristokratie. Zum Problem von Adel und bürgerlicher Elite in den deutschen Sozialwissenschaften (1900-1930), in: Les noblesses européennes au XIXe siècle (Actes du colloque de Rome 21-23 novembre 1985), Rom 1988, Seite 659-684 (betrifft unter anderem die These der „Feudalisierung des Bürgertums“); Bettina Hennig: Klatschjournalismus. Fragment einer adligen Kultur in der bürgerlichen Gesellschaft, Hamburg 2013, 266 Seiten (Dissertation Universität Hamburg 2012; enthält die These einer Refeudalisierung des Bürgertums aus dem Konzept adeliger und bürgerlicher Parallelkulturen heraus, da Klatsch seit dem 18. Jahrhundert eine fragmentarisierte Aneignung ehemals adeliger Lebenswelten durch den Nichtadel sei); Andreas Schulz: Lebenswelt und Kultur des Bürgertums im 19. und 20. Jahrhundert, Berlin / München / Boston 2. Auflage 2014, 162 Seiten (Band LXXV der Reihe „Enzyklopädie deutscher Geschichte“; betrifft Nobilitierungen und Aristokratisierungen von Großbürgern auf Seite 18, die Abgrenzung bürgerlichen Leistungsdenkens gegen das vermeintliche Müßiggangsideal des Adels auf Seite 21, die These der Feudalisierung des Bürgertums durch Wehler und die Relativierung dieser These durch Reif sowie eine Neuinterpretation des Verhältnisses zwischen Adel und Bürgertum durch Kälble auf Seite 69-72).

12 = August Flemming: Adel und Bürgertum, in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang XIII, Berlin 1895, Seite 551-552; Nomen Nescio von der Decken: Ein Aristokrat im Bürgerrock, in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang XIV, Berlin 1896, Seite 418-419; Nomen Nescio: Adel und Bürgertum in neuer Bedeutung, in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang XIV, Berlin 1896, Seite 505-507 und 521-523; Ewald Frie: Adel und bürgerliche Werte, in: Hans-Werner Hahn (Herausgebender): Bürgerliche Werte um 1800. Entwurf, Vermittlung, Rezeption, Köln 2005, Seite 393-414; Julia Domes: „S´Gwand in Wien“. Wie sich Wiener Adel und Bürgertum zwischen 1815 und 1890 kleideten und die Entwicklung des Kleidermachergewerbes in diesem Zeitraum, Wien 2008, 150 Blatt (Diplomarbeit Universität Wien 2008; betrifft männliche und weibliche Adelskleidung, Adelsmode, Fernwirkungen von Kleiderordnungen); Manuel Frey: „Offene Gesellschaft“ und „gemeinsame Klasse“. Adel und Adelskritik im bürgerlichen Trivialroman zwischen 1780 und 1815, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, Berlin 1996, Jahrgang XLIV, Nr. 6, Seite 502-525; Frank H. Hirsch: Aufklärerische Adelskritik im Spiegel der Zeitschriften, Saarbrücken 2004, 108 Seiten (Magisterarbeit Universität Saarbrücken 2004; betrifft Adelswelt und Aufklärungsgesellschaft im 18. Jahrhundert, Adelswelt des Altreichs, Adel als Geburtsstand, Standesdünkel und Adelshochmut, Unnutz des Adels, Untugend des Adels, aufklärerisches Ideal des „wahren Adels“, Adel als Leistungs- und Funktionselite, Tugendadel als moralische Elite, Jakobinismus und Adelsabschaffung); Düselder, Heike: Der Blick des Bürgers auf den Adel. Gemeinsamkeiten und Differenzen zweier Eliten in der Umbruchzeit zwischen ständischer und bürgerlicher Gesellschaft (1789-1848), in: Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen (Hg.): Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte. Neue Folge der Zeitschrift des Historischen Vereins für Niedersachsen, Band LXXXII, Hannover 2010, Seite 111-131 (betrifft Stereotype des Adels, Adelige als Verführer bürgerlicher Mädchen, Voltaires Erzählung „Candide“, adelskritische Schmähschriften, bürgerliche Imitation adeligen Lebensstils, kritisiert „Weltfremdheit“ von Adelsklischees im Alltagswissen, bezeichnet auf Seite 114 den oft postulierten Gegensatz „bürgerlich vs. adelig“ als „erkenntnishindernd“, Müßiggang, Langeweile des Landlebens, Umgang des Adels mit Kritik, adelig-bürgerliche Kontaktzonen, Reform und nicht Abschaffung des Adels als Ziele bürgerlicher Adelskritik, Adelsstolz, „das Haus“ und „der Garten“ sowie „die Natur“ als Projektionsfläche von Adeligkeit); Miloš Rezník: Formierung der Galizien-Stereotype und die Adelskritik in der Habsburgermonarchie. Zur Rolle der Reiseberichte und „Briefe“ aus dem späten 18. Jahrhundert, in: Renata Skowronska / Helmut Flachenecker / Roman Czaja / Stanislaw Roszak / Janusz Tandecki (Herausgebende): Selbstzeugnisse im polnischen und deutschen Schrifttum im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit (15.–18. Jahrhundert), Torun 2014, Seite 305-348 (betrifft auch Adelsstereotyope und negative Adelsimages der galizischen Nobilität); Franz Xaver Ries: Zeitkritik bei Joseph von Eichendorff, Berlin 1997, 302 Seiten (Band XI der Reihe „Studien zur Literaturwissenschaft“; betrifft auf Seite 15-80 Adelskritik im Roman „Ahnung und Gegenwart“, innerständische soziale Disharmonie, das Verhältnis von Residenzadel zur Massengesellschaft, Landadel, Adel und Volksgeist, soziokulturelle Adelskrise, Adelige Gartenkunst, Adelssalons, Adelsliteratur, Wertkrise des Adels) und viele Belege aus der Forschung mehr.

13 = Dazu siehe Alexander Herman: The Parthenon Marbles Dispute. Heritage, Law, Politics, London: Bloomsbury Publishing Plc 2023, 225 Seiten; John Henry Merryman: Thinking about the Elgin Marbles. Critical essays on cultural property, art and law, Alphen aan den Rijn: Kluwer Law Internatational 2009, VIII und 595 Seiten, et cetera.

14 = Ein in einem Sammelbands-Beitrag verstecktes Plädoyer für die Heranziehung des Konzeptes der kulturellen Aneignung in zunächst nichtwertender Art findet sich auf Seite 191.

15 = Lars Distelhorst: Kulturelle Aneignung, Hamburg: Edition Nautilus 2021, 245 Seiten. Siehe ferner dazu das Lemma „Kulturelle Aneignung“ bei Susan Arndt / Nadja Ofuatey-Alazard (Hg.): Wie Rassismus aus Worten spricht. (K)Erben des Kolonialismus im Wissensarchiv der deutschen Sprache, Münster 2011, Seite 417-419.

16 = Dazu siehe exemplarisch Nomen Nescio: Jenseits der Grenzen. Man meldet aus Wernigerode, in: Oberösterreichische Nachrichten. Unabhängiges Tagblatt österreichischer Demokraten (Linz), Nr. 101 vom 30. April 1949, Seite 4 (betrifft Gründung des „ersten deutschen Anti-Adelsmuseums“, „daß den Unterschied zwischen dem feudalen und dem proletarischen Lebensstil aufzeigen soll“); Nomen Nescio: Entwertete Aktien, in: Der Spiegel (Hamburg), Heft Nr. 22 vom 5. Mai 1949, Seite (Nennung des Ministerialdirektors Ludwig Einicke, der aus den Nachlässen der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg und der Fürsten von Stolberg-Wernigerode und Stolberg-Stolberg eine plakativ marxistisch-leninistische Museumsschau konzipiert habe; negativer Bericht über eine Museumsführung); Nomen Nescio (K.B.): Wegelagerer, Spekulanten und Kavaliere. Ein Besuch im neueröffneten „Feudalmuseum“ zu Wernigerode, in: Neues Deutschland (Ost-Berlin), Nr. vom 12. Mai 1949, Seite 3; Feudalmuseum Schloß Wernigerode (Hg.): Führer durch das Feudalmuseum Wernigerode. 10 Jahre Feudalmuseum 1949-1959, Wernigerode 1959, 40 Seiten (bebilderter und betexteter Museumsführer, entstanden unter der Ägide des politischen Museumsdirektors Herbert Glänzel); Ingmar Mehlhose: Spurensuche im gräflichen Bad. Rekonstruktion eines weiteren Raums auf Schloss Wernigerode fördert Überraschendes zu Tage, in: Halberstädter Volksstimme (Halberstadt) vom 10. Februar 2018, Seite 22 (Bericht über die Methoden baulicher „Neutralisierung“ der Adelszeit im ehemaligen Feudalmuseum) und viele Positionen mehr.

17 = Dazu siehe Oliver Auge: Reichsverdichtung und kulturelle Aneignung an der Peripherie. Die Fürsten im Nordosten des Reiches und Maximilian, in: Heinz Noflatscher / Michael S. Chisholm / Bertrand Schnerb (Hg.): Maximilian I. (1459-1519). Wahrnehmung, Übersetzungen, Gender, Innsbruck 2011, Seite 191-222.

18 = Tim Neu: Die Ambivalenz der Aneignung. Möglichkeiten und Grenzen diskursiven Handelns in vormodernen Verfassungskonflikten, in: Lucas Haasis / Constantin Rieske (Hg.): Historische Praxeologie. Dimensionen vergangenen Handelns, Paderborn 2015, Seite 55-62 (betrifft auch die hessische Ritterschaft im 17. Jahrhundert).

19 = Dazu weiterführend Eckart Conze / Jan de Vries / Jochen Strobel / Daniel Thiel (Hg.): Aristokratismus. Historische und literarische Semantik von „Adel“ zwischen Kulturkritik der Jahrhundertwende und Nationalsozialismus (1890–1945), Münster: Waxmann 2020, 224 Seiten; Claus Heinrich Bill: Aristokratismus 2.0. Weiterentwicklung eines Forschungsansatzes der Marburger Schule als Adelstheorie, in: Institut Deutsche Adelsforschung (Hg.): Zeitschrift für deutsche Adelsforschung, Jahrgang XXIV, Folge Nummer 115, Sonderburg: Selbstverlag des Instituts Deutsche Adelsforschung 2021, Seite 2-39.

20 = Nomen Nescio: Mit 3000 Kronen Anzahlung, in: Volksfreund. Organ der deutsch-konservativen Volkspartei (Hallein), Jahrgang XXV, Ausgabe Nr. 9 vom 28. Februar 1914, Seite 4.

21 = Dazu siehe Johann Christoph Wilhelm von Steck: Von dem Geschlechtsadel und der Erneuerung des Adels, Leipzig 1778, 86 Seiten (betrifft Adelsrenovation, Adelserneuerung, Adelswiederannahme); Nomen Nescio: Erneuerung des Adels, in: Ernst Vergani (Herausgebender): Deutsches Volksblatt (Wien), Jahrgang VIII, Morgen-Ausgabe Nr. 2630 vom 29. April 1896, Seite 2, wo es exemplarisch heißt: „Der Kaiser hat die adelige Abstammung des Fabrikenbesitzers Herrn Johann Faltis in Trautenau anerkannt und dessen Sohn Johann Faltis, Fabriks- und Herrschaftsbesitzer in Wrulitz-Kropacov, welcher den vollständigen Nachweis der adeligen Abstammung (von Paul Faltys von Jamny, Jahr 1600) erbracht und bereits um die Bewilligung, den alten Familienadel wieder zu führen, angesucht hat, die Bewilligung ertheilt, sich des althergebrachten adeligen Wappens mit dem Prädicate ‚von Jamny‘ (tschechisch ‚z. Jamného‘) zu bedienen.“

22 = Allerdings wird im Sammelband auf Seite 135 auf folgendem Umstand aufmerksam gemacht: „Deframing als Methode wird meist implizit mit Dekonstruktion von vorgefertigten Konzepten gleichgesetzt. Wahrend jedoch Dekonstruktion sich auf ganze Ideen bezieht, zielt Deframing direkt auf den Rahmen, also die Inszenierung dieser ab. Dieser Prozess kann sich auf temporale Konzepte wie Perioden oder auch Kunstwerke sowie Medien beziehen.“ Hier ließe sich auf einem Diskursnebenschauplatz streiten, ob Dekonstruktion wirklich stets und ausschließlich die Gesamtzernichtung einer Entität bedeuten muß.

23 = Christoph Barmeyer: Taschenlexikon Interkulturalität, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2012, 175 Seiten (Band 3739 der Schriftenreihe „UTB“).

24 = Christoph Barmeyer: Taschenlexikon Interkulturalität, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2012, Seite 112.

25 = Die Konzeption der Interkulturalität bei Hamid Reza Yousefi (und Ina Braun-Yousefi: Interkulturalität. Eine interdisziplinäre Einführung, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2011, 142 Seiten) kennt zwar auch differenzierte Formen des – dort im Übrigen freilich so nicht benannten – Reframings (Akkomodation, Akkulturation, Assimiliation, Integration et cetera), bezieht sich aber immer auf Humanaktanten (Menschen) und nicht auf andere Entitäten, ist daher trotz Differenziertheit der Betrachtung von Transferprozessen zwischen Kulturen nicht für den Einsatz bei anderen Entitäten (beispielsweise Dingaktanten, Symbolen) geeignet.

26 = Näheres dazu findet sich bei Hartmut Böhme / Lutz Bergemann / Martin Dönike / Albert Schirrmeister / Georg Toepfer / Marco Walter / Julia Weitbrecht (Herausgebende): Transformation. Ein Konzept zur Erforschung kulturellen Wandels, München / Paderborn: Wilhelm Fink 2011, 242 Seiten.

27 = Zu ergänzen wären hier, sowohl bei zeitgleichen als auch zeitdifferenten Transformationsprozessen, eine Form der Widerständigkeit der Vertreter:innen der Referenzkultur entweder wider das Deframing (Beispiel nach Nomen Nescio: Den Adel hätte man keinesfalls abschaffen sollen, in: Der Wiener Tag, Wien, Jahrgang X, Nr. 2803 vom 17. Jänner 1931, Seite 1-2: „Den Adel hätte man keinesfalls abschaffen sollen meint der Herr Doktor Schmitz, der nicht umsonst Minister für soziale Verwaltung gewesen ist. Wahrscheinlich hat er in der Hanuschgasse gelernt, worauf es bei uns eigentlich ankommt. Gegen die Arbeitslosigkeit ist ihm nichts eingefallen, vielleicht hat er vor lauter Seipel-Affären auch keine Zeit gehabt, richtig darüber nachzudenken, aber eines hat der beliebte Politiker gleich erkannt: der Adel muß wieder her, dann werden wir uns gleich leichter tun in Österreich. Herr Doktor Schmitz hat im Budgetausschuß auch eine plausible Erklärung für seine Sehnsucht nach den alten Titeln und Würden gegeben. Er meint nämlich, es nütze ohnehin nichts, den Adel abzuschaffen, denn für das Volk bleibt ein Freiherr Ser Herr Baron und ein mit dem Feldmarschalleutnantstitel [sic!] pensionierter Generalmajor die Exzellenz. Hat er nicht recht, der Herr Exminister? Aber nur immer konsequent! Wenn schon der Sprachgebrauch maßgebend sein soll, dann muß man bis ans Ende gehen. Wir schlagen vor: die Bundesregierung möge sofort den Entwurf eines Gesetzes einbringen, durch das jeder Österreicher und jede Österreicherin taxfrei in den erblichen einfachen Adelsstand erhoben wird. Ist nicht jeder von uns ein ‚Herr von‘ oder eine ‚Frau von‘? Es wärenur recht und billig, wenn die Regierung das Recht der Adelsverleihung, das sich Friseurgehilfen und Pikkolos arrogieren, an sich zöge und wenn kraft Gesetzes, nicht kraft Trinkgeldes, die Österreicher allesamt eine Sprosse auf der Leiter der menschlichen Eitelkeiten emporsteigen. Schließlich sind wir doch stets davon überzeugt, daß wir vor allen anderen Völkern eine Extrawurst haben müssen, warum sollen wir nicht alle, alle adelig sein?“) oder aber wider das Reframing, also gegen die Vereinnahmung durch die Retroaktivität der Aufnahmekultur (Beispiel nach Nomen Nescio: Münchnerische Ordinari Post-Zeitungen, München, Ausgabe Nummer XXVIII vom 9. Juli 1740, Seite 2-3: „Vorige Wochen hat ſich allhier folgender Caſus zugetragen: Es hatte ſich ohnweit dem Poſt-Hauß ein Perſon unterm Namen einer Grä­fin von Wallenſtein einlogiret, welche mit Hülff ihrer ſo genannten Cammer Fräulein dann und wann Geſellſchafften und Mahl­zeiten angeſtellet ſo einige Zeit her alſo gewähret und vil jun­ger Adel ſich um ſie beſtändig eingefunden, aber diſe Freud hat bald bald ein trauriges End genommen; zumahlen die ſeit etlichen Wochen zu Wienn ſich aufhaltende Wallenſteiniſche Herſchafft von ohngefehr vernommen/ daß ein gewiſſes Fräulein gleichen Namens daſelbſt ſich befinde, dahero man diſe um die Urkund ih­res Herkommens befraget/ und alsdann wareguter Rath theur/ mithin wurde dem Schranen-Commiſſari die fernere Unterſuchung übergeben welcher am 11. diſes umb Mitternacht mit 16. Mann in der verſtellten Gräfin Quartier und Zimmer, da ſie in dem beſten Schlaff war/ eingetretten/ und ohne vil Compli­menten derſelben ſich anzukleyden befohlen/ welcher Ordre ſie gefolgt, aber in das Neben Zimmer einen Gang und vom Fenſter einen Sprung aus dem 2ten Stockwerck herunter gethan/ welcher Fall jedoch inſoweit noch glücklich geweſen/ indem ſie bloß die Achſel:Bein entzwey gebrochen/ und alſo nebſt ihrer ganzen Hofſtatt nach dem Rumor Hauß gebracht werden können; diſe Perſon iſt/ wie man nachgehends vernommen/ von gar ſchlechtem Herkommen/ dannoch hatte ſie eine ſehr gute Ein­richtung hielte beſtändig Kutſchen und Pferdt/ zahlete auch alles richtig aus/ alſo daß man ſich über das politiſche Aufführen einer ſolchen niedrigen Perſon mit wenig befrembden müſſen.“). Der innovative Begriff der „Retroaktivität“ der Vertreter:innen einer Referenzkultur wurde übernommen nach Georg Toepfer: Transformationen des Lebensbegriffs. Vom ]n Seelen- zum neuzeitlichen Organismuskonzept, in: Hartmut Böhme / Lutz Bergemann / Martin Dönike / Albert Schirrmeister / Georg Toepfer / Marco Walter / Julia Weitbrecht (Herausgebende): Transformation. Ein Konzept zur Erforschung kulturellen Wandels München / Paderborn: Wilhelm Fink 2011,  Seite 166.

28 = Dazu siehe Uwe Walter: Aristokratische Existenz in der Antike und der Frühen Neuzeit. Einige unabgeschlossene Überlegungen, in: Hans Beck / Peter Scholz / Uwe Wager (Hg.): Die Macht der Wenigen. Aristokratische Herrschaftspraxis, Kommunikation und „edler“ Lebensstil in Antike und Früher Neuzeit, München 2008, Seite 367-394 (Staunen über hohes Prägungs- und Anpassungspotential, identifiziert als Adelskontinuitäten und Re-Invenstionsfähigkeiten über 2000 Jahre hinweg die Dimensionen Adelskritik, Krisenzugewandtheit, Todesverachtung, Opposition als Kunst, Baudelaires „aristokratisches Vergnügen zu mißfallen“ aus dessen Werk „Journaux intimes“, vielfältige Ökonomiepotenz, Eroberung neuer Kompetenzfelder als „multifunktionale Elite“, religiöse Anpassungsfähigkeit, Aufrechterhaltung geistiger Homogenität des Adels trotz sozial differenter Lagen seiner einzelnen Mitglieder, adelige Erfüllung von Rollenbildern mit Erwartungssicherheit des Verhaltens, aristokratische „Vermeidung des Gemeinen und Gewöhnlichen“, Adel als „Meister der Sichtbarkeit“, Kunst der Memoria und Beherrschung der Klaviatur ihrer mannigfaltigen Medien als Fähigkeit zur „historischen Kommunikation durch Wort und Objekt“, „Invention of tradition“, „Meister permanentre Modernisierung“, Integration einer „Aufsteigerintegration“ bei gleichzeitigem distinktivem „neophobem Grundreflex zur Abschließung“, intergenerationelle Fähigkeit zur Aufrechterhaltung und weiteren zinseszinsähnlichen Akkumulation von Prestige, Herrschaftseinübung als Voraussetzung für Herrschaftsausübung, Affektkontrolle); Heinz Reif: Adeligkeit. Historische und elitentheoretische Überlegungen zum Adel in Deutschland seit der Wende um 1800, in: Heinz Reif: Adel, Aristokratie, Elite. Sozialgeschichte von oben, Berlin / Boston 2016, Seite 323-337 (betrifft adeliges Renovations- und Re-Inventions-Potenzial zum „Obenbleiben“); Berdahl, Robert M.: The politics of the prussian Nobility. The Development of a conservative Ideology 1770-1848, Princeton 1988, XIII und 384 Seiten [vertritt die These großer Re-Invenstions-und Anpassungsfähigkeit des preußischen Adels und der Junker in Zeiten der Umbrüche zwischen dem späten 18. Jahrhundert und der Revolution von 1848 in wirtschaftlicher, sozialer und politischer Dimension, Formen der Kompensation der Nachteile der Aufhebung der Leibeigenschaft 1807 und der Agrarkrise der 1820er Jahre durch die Entwicklung einer kapitalistischen Landwirtschaft, Entwicklung des Konservatismus‘, Erfahrung in der Verwaltung von Grundbesitz, Bildsprache der Bevormundung, Gebrauch paternalistischer Herrschaftsbilder).

29 = Zu den 15 Typen siehe Hartmut Böhme / Lutz Bergemann / Martin Dönike / Albert Schirrmeister / Georg Toepfer / Marco Walter / Julia Weitbrecht: Transformation. Ein Konzept zur Erforschung kulturellen Wandels [Einleitung], in: Hartmut Böhme / Lutz Bergemann / Martin Dönike / Albert Schirrmeister / Georg Toepfer / Marco Walter / Julia Weitbrecht (Herausgebende): Transformation. Ein Konzept zur Erforschung kulturellen Wandels München / Paderborn: Wilhelm Fink 2011,  Seite 48-54; zu den 8 Typen siehe Georg Toepfer: Transformationen des Lebensbegriffs. Vom [ Seelen- zum neuzeitlichen Organismuskonzept, in: Hartmut Böhme / Lutz Bergemann / Martin Dönike / Albert Schirrmeister / Georg Toepfer / Marco Walter / Julia Weitbrecht (Herausgebende): Transformation. Ein Konzept zur Erforschung kulturellen Wandels München / Paderborn: Wilhelm Fink 2011,  Seite 165-174.

30 = Hartmut Böhme / Lutz Bergemann / Martin Dönike / Albert Schirrmeister / Georg Toepfer / Marco Walter / Julia Weitbrecht: Transformation. Ein Konzept zur Erforschung kulturellen Wandels [Einleitung], in: Hartmut Böhme / Lutz Bergemann / Martin Dönike / Albert Schirrmeister / Georg Toepfer / Marco Walter / Julia Weitbrecht (Herausgebende): Transformation. Ein Konzept zur Erforschung kulturellen Wandels München / Paderborn: Wilhelm Fink 2011,  Seite 52.

31 = Hartmut Böhme / Lutz Bergemann / Martin Dönike / Albert Schirrmeister / Georg Toepfer / Marco Walter / Julia Weitbrecht: Transformation. Ein Konzept zur Erforschung kulturellen Wandels [Einleitung], in: Hartmut Böhme / Lutz Bergemann / Martin Dönike / Albert Schirrmeister / Georg Toepfer / Marco Walter / Julia Weitbrecht (Herausgebende): Transformation. Ein Konzept zur Erforschung kulturellen Wandels München / Paderborn: Wilhelm Fink 2011,  Seite 47. Dagegen in der Anzahl der Transformationsformen geschlossen, weil aus Raumachsen eines Würfels abgeleitet, ist die 8-Stufen-Systematik von Georg Toepfer: Transformationen des Lebensbegriffs. Vom [ Seelen- zum neuzeitlichen Organismuskonzept, in: Hartmut Böhme / Lutz Bergemann / Martin Dönike / Albert Schirrmeister / Georg Toepfer / Marco Walter / Julia Weitbrecht (Herausgebende): Transformation. Ein Konzept zur Erforschung kulturellen Wandels München / Paderborn: Wilhelm Fink 2011,  Seite 167.

32 = Dazu siehe Frank Hillebrandt: Soziologische Praxistheorien. Eine Einführung, Wiesbaden: Springer VS 2014, Seite 103; demnach seien Praxisformationen „durch Praktiken erzeugte Versammlungen von unterschiedlichen diskursiven, symbolischen, dinglichen und habituellen Elementen, die in ihrer spezifischen Assoziation eine übersituative Wirkung entfalten und Praktiken affizieren.“

33 = Beispielsweise zählen dazu Kataloge bei Oexle, Otto Gerhard: Aspekte der Geschichte des Adels im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit, in: Hans-Ulrich Wehler (Hg.): Europäischer Adel 1750-1950, Göttingen 1990, Seite 19-56 (These von vier Kernmerkmalen und -charakteristika des vormodernen Adels); Gerhard Dilcher: Der alteuropäische Adel. Ein verfassungsgeschichtlicher Typus?, in: Hans-Ulrich Wehler (Hg.): Europäischer Adel, Göttingen 1990, Seite 87-95 (These von vier Kernmerkmalen und -charakteristika des vormodernen Adels); Marcus Funck / Stephan Malinowski: Geschichte von oben. Autobiographien als Quelle einer Sozial- und Kulturgeschichte des deutschen Kaiserreichs und der Weimarer Republik, in: Historische Anthropologie, Band VII, Heft Nr. 2 (Dezember), Göttingen 1999, Seite 236-270 (These von „Adeligkeit“ als Set von fünf Haltungen und Kernmerkmalen „des Adels“); Oliver Menner: Das Juwel im Erdinger Moos. Herdana von Fraunberg lebt ihr Leben lang im gleichnamigen Schloss und hat fleißig umgebaut, in: Münchner Merkur (München), Nr. 178 vom 4. August 2023, Seite 10 (fehlerhaft im Original als Teil 7 bezeichneter achter Teil der Serie „Schlösser und Burgen in Oberbayern“; betrifft unter anderem Agilität, Bildung, Akribie und Pflichtbewußtsein als Kernmerkmale des Adeligseins nach Aussage der Schloßherrin); Monika Gussone: Standesdenken, in: Friedrich Jaeger (Hg.): Enzyklopädie der Neuzeit, Band XII, Stuttgart: Metzlerverlag 2010, Spalte 894-903 (nennt als Kernmerkmals des Adels: Verschwendung, Ehre, Statuskonsum, Konnubium, Abstammung, Geblüt, Tugend, Nichtarbeit, Turniere, Kleidung, Schmuck, Reitkunst, Cortegianos Hofmann, Sprezzatura, Körperbeherrschung, Garten, Parks, Schlösser, Ahnengalerie, Feste, Memoria, Epitaphien, Grablegen, Muße, Militärberufe, Grundbesitz, Fideikommisse, Stiftsdamen, Ahnenprobe, Jagd, Ehre, Duell, Manieren, Ritterakademien, Hausvaterkonzept, Patriarchat). 
                                                                                                                                    
34 = Georg Toepfer: Transformationen des Lebensbegriffs. Vom antiken Seelen- zum neuzeitlichen Organismuskonzept, in: Hartmut Böhme / Lutz Bergemann / Martin Dönike / Albert Schirrmeister / Georg Toepfer / Marco Walter / Julia Weitbrecht (Herausgebende): Transformation. Ein Konzept zur Erforschung kulturellen Wandels München / Paderborn: Wilhelm Fink 2011,  Seite 165-166.


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