Institut Deutsche Adelsforschung
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Wann entstand die Pommersche Ritterschaft?

Aufsatz zur Genesis des ostdeutschen Adels

Die Jahrhunderte zwischen 1100 und 1350 könnte man als den Zeitraum der deutschen Besiedlung Pommerns begreifen und in jener Zeit der Kolonisation gelangten im Zuge der Ostwanderung auch zunehmend deutsche Adelige nach Pommern hinein. Ihre Herkunftsgebite waren hauptsächlich Holstein, niedersachsen, das Harzvorland und die Altmark; gelegentlich kamen auch mecklenburgische Familien, die bereits früher aus dem Westen gekommen waren, nach Pommern. Sie paßten sich geschickt in die neue nach Verfall der Kastellaneiverfassung errichtete Landvogteiverfassung ein und fungierten für ihre Fürsten als Grundherren und Lokatoren. Dem Fürsten aren Kriegsdienste zu leisten, im Gegenzug belohnte er seine Reitter mit besonderen Vorrechten und Macht und Einfluß im lokalen Bereich.

Die ersten deutschen Ritter finden sich in der Umgebung Wratislaw III., der sich in offensichtlich recht raschem Entschluß dazu entschied, seine wendische Gefolgschaft in eine deutsche umzuwandeln. Schon 1236/37 finden wir auf der Burg Demmin nur noch deutsche Namen. bis zur mitte des 13.Jahrhunderts finden wir auch bei den anderen pommerschen Fürsten deutsches Gefolge und einer der ersten bei Wratislaw III. erscheinenden Deutschen war der aus Mecklenburg gekommene Lothar v.Brüsewitz (ab 1237).

Seit 1245 finden sich in Pommern auch die v.Pentz, ehemals wohl aus dem Ratzeburgischen kommend, dann auch die v.Schwerin und die v.Below.Im 13.Jahrhundert dan bildet sich die Ritterschaft in Pommern, denn immer mehr deutsche Familien treten nun in den Kreis der Grundherren und Lokatoren im Gefolge der Pommernherzöge: die v.Behr (ab 1237), v.Blanckenburg (ab 1243), v.Heydebreck (ab 1254), die v.Bartikow (ab 1242), die v.Ramel (vor 1256), v.Wedel (ab 1269), v.Bevenhusen (ab1276), v.Hindenburg (ab 1266), v.Neuenkirchen (ab 1251), v.Lepel (ab 1251), v.Manteuffel, (ab 1259) v.Wachholtz (ab1262), v.Glasenapp (ab1287), v.Köller (ab 1280), v.Flemming (ab 1281), v.Maltzahn (ab 1241), v.Düring (ab 1241), v.Platen (ab 1255), v.der Osten (ab 1248), v.Wedel (ab 1269), v.Moltke (ab 1254).

Sie alle kamen entweder aus Westdeutschland, waren dann nach Vorpommern und Mecklenburg abgewandert, saßen hier eine gewissen Zeitabschnitt lang und wanderten schließlich teils weiter nach Hinterpommern, teils blieben sie in Vopommern. Beispielhaft kann hier die Familie v.Heydebreck genannt werden. Sie kam wahrscheinlich aus Niedersachen, ließ sich dann in Vorpommern nieder, starb dort aber aus und hielt sich bis 1945 als einer der großen Uradelsfamilien mit bedeutendem Einfluß und Grundbesitz die kommenden 700 Jahre in Hinterpommern. Zu diesen Familien, die eine zweite Ostwanderung vorgenommen hatten, zählten auch die v.Blanckenburg, v.Flemming, v.Massow, v.Ramel und v.Wachholtz.

Und auch nach dem Ende des 13.Jahrhunderts kamen noch bedeutende Familien hinzu wie die urspürnglich altmärkischen v.Dewitz (ab 1320) und die v.Eickstedt (ab?). Die sich im 13.Jahrhundert bildende Ritterschaft, zunächst noch getragen von dem personalisierten Verhältnis zum Lehnsherr und Fürsten und weniger unter dem korporationsmäßigen Gesichtspunkt sich verstehend - wurde nun ergänzt durch Geschlechter, die bereits in Pommern ansässig waren und slawisch-wendischen bzw. pomoranischen Ursprungs waren. Zu jenen Eingesessenen, die sich geschickt an die deutschen Verhältnisse anzupassen wußten und dadurch ihren Einfluß erhalten oder gar ausbauen konnten, zählten die in nach und nach fast nur in Hinterpommern auftauchenden v.Bandemer (ab 1305), v.Borcke (ab 1186), v.Kleist (ab 1263), v.Natzmer (ab 1262), v.Puttkamer (ab 1257), v.Zitzewitz (ab 1274).

Als zu Mitte des 14.Jahrhunderts eine gewisse Konsolidierung der rechtlichen Verhältnisse und ein abschluß der Ostwanderung im großen Stil zu verzeichnen war, begannen sich die Ritterfamilien zu einer Korporation zusammenzuschließen, um neben der Verfolgung von eigenen Sonderinteresen nicht so sehr dem Machstpiel ihrer Lehnsherren ausgesetzt zu sein. Im Jahre 1283 waren bereits beim Rostocker Landfriedensbündnis ständische Abgesandte und Deputierte beteiligt und in den folgenden Jahren finden sich immer häufigere urkundliche Nachweise auf das Vorkommen ständischer Hinweise; 1326 beispielsweise wurde den Städten, Prälaten und Rittern von Pommern-Wolgast ihre gemeinschaftlichen Rechte verbrieft.

In der kommenden Zeit ab der zweiten Hälfte des 13.Jahrunderts fand die Umgestaltung der Landesverfassung statt, die sich nicht unmerklich auf die Geschichte der entstehenden Ritterschaft auswirkte. Bei der Kastellaneiverfassung, die seit mindestens 1150 in Pommern nachweisbar ist, herrschten sogenannte Kastellane über einen Burgbezirk und übten die Rechte der niederen Gerichtsbarkeit und die Pflichten der Landesverteidigung aus. durch den zunehmenden Einfluß deutschen Rechts löste sich diese Verfassung auf und es entstanden um 1250 die Landvogteien. Im Unterschied zu den alten Kastellanen, die wie die Landvögte auch dem Adel entstammten, besaßen diese neuen Würdenträger jedoch eine viel größere Machtfülle, waren für die Bedeabgeben zuständig und hatten die Hochgerichtsbarkeit inne. Auf diese Weise verfestigte sich zusätzlich das Lehnsystem und in den kommenden rund sieben Jahrhunderten gehörten die Familien, deren Namen oben aufgeführt wurden, zu den größten und einflußreichsten grundbesitzenden pommerschen Edelleuten. Immer wieder finden sich ihre Namen in allen öffentlichen Angelegenheiten wieder, wie beispielsweise unsere im Mai 2000 gesammelten pommerschen Aktenverzeichnisse deutlich aufzeigen.

Ohne diese Familien war das öffentliche, kulturelle und politische Leben in Pommern undenkbar gewesen, bis jene Katastrophe des 2.Weltkieges von 1945 zwar der hohen sozialen Stellung des deutschen Adels in Pommern ein Ende bereitete, aber in der Erinnerung der Geschichtswissenschaft, in den dokumentarischen Schätzen der Archive und in der Verpflichtung der weiterlebenden Familien diesen Namens die Tradition von über 700 Jahren deutscher Kultur, namentlich in Hinterpommern, aufrechterhalten bleibt - auch im 21.Jahrhundert!

(Benutzte Quelle für diese Zusammenstellung: Werner Buchholz (Hg.): Deutsche Geschichte im Osten Europas. Pommern, Berlin 1999, Seiten 91 bis 95 sowie Ellinor v.Puttkamer: Geschichte des Geschlechts v.Puttkamer, 2.Auflage, Neustadt an der Aisch 1984, Seiten 33 bis 34)


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