Institut Deutsche Adelsforschung
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Angekommende Fremde im Berlin des 19.Jahrhunderts

Eine neue Quellengattung für die biographische und soziologische Adelsforschung

Viel zu unbeachtet in der Forschung waren bisher Kleinrubriken in Periodika wie Tageszeitungen, was darauf zurückzuführen sind, daß sie massenhaft vorhanden und daher in ihrer Fülle gar nicht zu überblicken sind. Der Interessierte, der sich beispielsweise für die Freizeit- und Urlaubsgewohnheiten oder auch die private und berufliche Mobilität der deutschen Nobilität in der Vergangenheit interessiert, ist hier weitgehend auf Zufallsfunde angewiesen. Dies wird in absehbarer Zeit auch so bleiben, aber immerhin möchten wir zwei dieser kleinen Zufallsfunde hier präsentieren.

Es sei darauf hingewiesen, daß diese Rubriken natürlich sehr häufig erschienen und sich nicht auf die beiden kommenden Einträge beschränken, sondern zu tausenden vorhanden sind und insofern noch ein großes Potential bisher unerschlossener Quellen bieten. Sie bieten Auskünfte zur Dauer und zum Ort (Hotel) eines Aufenthalts, leider aber nicht zum Zwecke desselben. In Badeorten dürfte es sich um Urlauber handeln ("Sommerfrischler"), in Berlin dürften auch viele Durchreisende und Geschäftstätige in Hotels abgestiegen sein.

Die heutige Erstellung solcher Listen dürfte wohl aus Datenschutzgründen nicht mehr opportun erscheinen. Damals jedoch benutzte man solche Listen, um sich über die Gäste zu informieren und sie gegebenenfalls in Ihrem "Logement" aufzusuchen, wenn man sich kannte. Aus Platzgründen wurden damals vielfach Abkürzungen in den Einträgen benutzt, was aber dem Informationswert keinen Abbruch tut. Im ersten Beispiel sind die einzelnen Einträge durch je ein Semikolon getrennt.

Am Ende des Eintrages findet sich der Name des Hotels (z.B. Hotel St.Rom, Hotel de Prusse). Bei den "Angekomenen" wird der Herkunftsort oder die Landschaft angeführt (z.B. "a.[us] d.[em] Holsteinischen"), bei den "Abgemeldeten" der Zielort der Reise (z.B. "n.[ach] Halle"). Einige der Abreviaturen sind leider auch unverständlich und wahrscheinlich erst bei näherer Beschäftigung mit weiteren Quellen dieser Art aufzulösen (z.B."s.g. Adl. i.d. Hause"). Die beiden nachfolgenden Beispiele zeigen auch, daß die Auskünfte sehr unterschiedlich verarbeitet wurden.

1. Fremde in Berlin 1826

  • I. Angemeldete Fremden vom 23.Februar 1826. Den 22.Febr.: Fr. Bar. v.Blome, Stiftsdame, a.d.Holsteinischen u. d. K. Russ. Gen. Maj. u. Gen. Adj. v.Strekaloff a.d. Haag, St.Rom; Hr. Landrath v.Wedell-Parlow a. Greiffenberg, s.g. Adl. i.d. Hause; Hr. Gutsb. Bar. v.Platen a. Benzig ... u. Hr. Part. v.Waldow a. Potsdam, s. H.d.Prusse;
  • II. Abgemeldete Fremden vom 23.Februar 1826: Den 21.Febr.: Herr Gutsd. v.Massow n. Treten ... Hr. Part. v.Pfuhl n. Calau; Hr. Gutsb. v.Diedrichs n. Potsdam; ... Den 22.: Hr. Gutsb. v.Graevenitz n. Halle; d. Hrn. Ltns. v.Winnung n. Glogau u. v.Brause n.Leipzig.
  • Quelle: Berliner Intelligenz-Blatt No.48 vom Sonnabend, 25.2.1826, pag.1242, überliefert in der Akte des Geh. Staats-Archiv Pr. Kult.-Bes. Berlin, Sign.: I.HA Rep.100 Nr.3769, pag.16-18
2. Fremde in Berlin 1848
  • Hotel Stadt London: v.Bergern, Partikulier aus Wesel
  • Meinhardt`s Hotel: Frhr.v.Fabrice, Rittergutsbesitzer, und Frfr.v.Fabrice aus Dresden / Rittergutsbesitzer v.Bülow aus Schwerin und v.Klitzing aus Grasse
  • Mylius-Hotel: v.Bülow, Partikulier aus Aschersleben
  • Hotel de France: v.Münchhausen, Partikulier aus Magdeburg
  • In Privathäusern: Baron v.Spilcker aus Stade, Puttkamerstr.1 bei v.Spilker
  • Frau v.der Ahi aus Woldenberg, Stallschreiberstr.59 bei v.Jangow
  • Quelle: Berliner Fremdenblatt vom 15.Februar 1848, hg. vom Intelligenz-Comtoir", überliefert in der Akte des Geh. Staats-Archiv Pr. Kult.-Bes. Berlin, Sign.: I.HA Rep.100 Nr.3771, Bl.215. Erhalten sind in diesem Exemplar nur die Seiten 1-2 und 7-8, der Rest ist offensichtlich herausgerissenen worden
Um weitere Einträge zu ermitteln, muß man nicht die genannten Akten, sondern kann die auf Mikrofilm vorhandenen Zeitungen in der Staatsbibliothek Berlin einsehen. Bestandsnachweise findet man in dem Katalog der Bibliothek, der auch online zugänglich ist (Link über die Mitgliedsbibliotheken des http://www.gbv.de). Das Berliner Fremdenblatt erschien allein von 1837 bis 1901. Sies macht bereits deutlich, wieviele solcher Listen wohl gedruckt wurden!

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